Ansichten eines Informatikers

Vorschlag für Pressefoto des Jahres: Der goldene Schnitt

Hadmut
31.5.2024 13:34

Es ist zwar erst Mai, aber zumindest nach dem bisherigen Stand und für die ersten fünf Monate steht für mich das beste Pressefoto des Jahres fest. [Update!]

Ist wohl eigentlich ein Standbild aus dem Video der Messerei in Mannheim, das die junge Freiheit zeigt, das Video muss also auch in höherer Auflösung herumschwirren.

Das Foto ist von der Bildgestaltung, auch wenn es wohl nur ein Zufallsprodukt der Ereignisse vor der laufenden (Handy?)Kamera ist, in der Bildgestaltung praktisch perfekt, die volle Dramatik, präzise über die Bilddiagonale, Blicke, Dynamik, Drama, Schussrichtung, Messer-Mord im – zugegeben, das ist jetzt sehr makaber doppeldeutig – „Goldenen Schnitt“.

Klassische Bildgestaltung, Drama und Bewegung entlang der Diagonalen. Und als Kontrast dazu Pfosten Zuschauer, Straßenbahn, Pflastersteine als ruhende Umgebung in Horizontalen und Vertikalen. Und dazu der Wegrennende, und als Höhepunkt die Messermordbewegung.

Das Foto wäre das geradezu herausragende Beispielfoto in einer Vorlesung über Bildgestaltung.

Bildgestalterisch in Dynamik und Dramatik einfach perfekt. Wobei: Das total Perfekte des Bildes liegt sogar darin, dass es eben nicht perfekt fotografiert ist, leicht schief, leicht unscharf, verwischt, billige Kamera – und gerade das steigert die Authentizität ganz enorm. Wäre es genau gerade und scharf, würde es künstlich, generiert, gestellt wirken. Das Ding hat genau den richtigen Abstand zur fotografisch-handwerklichen Fehlerfreiheit, um gerade dadurch so plastisch und mitreißend zu wirken.

Dieses Foto – obwohl es wohl nicht einmal eines ist, sondern ein Standbild aus dem Video, aber ich hatte ja schon geschrieben, dass die Reportagefotografie durch Video und Standbilder daraus ersetzt wird – ist, auch wenn wohl gar keine Leistung als solche dahintersteckt, sondern eher Zufall – einfach preiswürdig.

Besondere Tiefe bekommt dieses Bild aber erst durch den Kontext der tiefen Verlogenheit von Politik, Parteien, Medien, Kunst und Öffentlichkeit.

Denn vergleicht mal, welchen Medien- und Politikrummel, wieviele Fernseh- und Zeitungsberichte, wieviele Diskussionen und Konsequenzen das Syltvideo hatte, das nicht mehr zeigt, als ein paar Leute, die ausgelassen singen, damit, wie und in welchem Umfang dieselben über diesen Vorgang hier berichten.

Dieses Bild steht für die grenzenlose Verlogenheit des Zeitgeistes, die gerade jeden hinrichtet, vernichtet, öffentlich an den Pranger stellt, der „Ausländer raus“ singt, sie als „Demokratiefeinde“ hinstellt, aber dazu schweigt, es anonymisiert, verpixelt, wenn ein eben solcher Ausländer Deutsche mordet.

Insofern sind sogar der Zeitpunkt und der thematische Zusammenhang perfekt.

Dieses Foto ist einfach enorm. Bildgestalterisch und inhaltlich. Und es beschreibt den Zustand und die Verlogenheit unseres Staates, unserer Gesellschaft, perfekt. Es ist als Pressefoto perfekt.

Sofern nicht noch etwas Besseres kommt (was ich für unwahrscheinlich halte, denn das Bild ist schwer zu toppen), wäre dies mein Vorschlag für das Pressefoto des Jahres.

Update: Viele Leser schrieben, dass das Foto noch viel mehr Qualitäten habe, die ich noch gar nicht gewürdigt hätte:

  • Die erstaunten Gesichter der John-Deere-Werbung auf der Straßenbahn im Hintergrund und dann auch noch deren Unterlegung mit Islam-grün hätte man nicht besser wählen können.
  • Dazu der Spruch „Gesucht: Ungezähmte Power“
  • Deutsche Polizisten gucken blöd oder werden nach eigenem ungeschickten Verhalten gemessert, es schießt nur der migrantische Polizist.
  • Statt dem Täter wird zunächst der festgenommen, der helfen wollte.
  • Die Polizistinnen (bezieht sich wohl eher auf das Video) sind komplett nutzlose. Guter Punkt, sieht man auf einer Version des Videos mit höherer Auflösung: Da sind mindestens 8 bis 10 Polizistinnen, sogar die Mehrheit der anwesenden Polizisten, und die stehen nur entsetzt rum und sind komplett nutzlos, machen gar nichts – außer später den Verletzen zu helfen.. Einige kreischen, eine wohl „Messer weg“ und eine zieht die Waffe – als alles schon vorbei ist. Der einzige tatsächlich einsatzfähige Polizist in dem Ganzen ist der migrantische Polizist, der schießt. Alle anderen machen eigentlich nichts, nichts Vernünftiges, oder nichts außer panicken.