Ansichten eines Informatikers

Tank leer

Hadmut
3.6.2024 21:03

Wenn ich mir die Zuschriften, aber auch die Social Media so ansehe,

beschleicht mich das dringende Gefühl, dass diese Gesellschaft am Ende ihrer Kraft, durch und durch erschöpft ist.

Unglaublich viele Leute schreiben etwas „ich kann es nicht mehr hören“ oder „Schon wieder einer“, „jeden verdammten Tag“.

Es erinnert mich an ein Erschöpfungssyndrom, das man aus Kriegen und Krisen kennt. Unter Druck und in Krisensituationen halten Menschen durchaus eine beachtliche Weile durch, was gar nicht so gut ist, weil man nicht wahrnimmt, dass sie sich innerlich auszehren, verbrauchen. Es ist gut, solange das Durchhalten länger als die Krise dauert und man danach Gelegenheit bekommt, seine Batterien wieder aufzuladen. Und dann kommt irgendwann die Resignation. Irgendwann sitzen die Leute nur noch da, und dann ist ihnen alles egal, dann reagieren sie nicht mehr.

Ich habe aber gerade den starken Eindruck, dass wir langsam an den Punkt kommen, an dem die Reserven aufgebraucht sind. An dem die Gesellschaft einfach überlastet ist.

Es gibt auch keinen Fortschritt mehr. Es gibt nur noch Einschläge und Rückschläge. Es wird nichts mehr besser, es werden nur noch die Mängel verwaltet.

Die Fronten sind verhärtet, die Kassen sind leer, die Steuern hoch, und täglich kommt irgendein neuer Wahnsinn hinzu.

Die Leute werden lethargisch. Stellen Aktivitäten ein und ziehen sich auf Versorgungsansprüche zurück.

Die Leute kalken an ihren Positionen fest.

Ist Euch mal aufgefallen, dass es in den Social Media noch weniger Diskussionen gibt als bisher, und es nur noch darum geht, dass der eigene Standpunkt der einzig richtige ist? Den anderen zu beschimpfen? Das es da regelrechte Beschimpfungstruppen gibt, die ohne jede Beachtung von Wirklichkeit und Sachkunde einfach irgendwas behaupten?

Ich bemerke so ein allgemeines „Ich habe keine Lust mehr, ich will nicht mehr“. Das, was ich ja bisher als das MESA-Prinzip bezeichnet habe. (MESA = Macht Euren Scheiß’ alleine!)

Und das führt zu einem kuriosen Effekt. Denn während alle Toleranz fordern und Intoleranz anprangern, führt diese Alles-egal-Lethargie sogar zu einem Übermaß an Toleranz, nämlich der Alles-egal-Toleranz. Im Prinzip das, womit ich mich selbst schon als Waldorf und Statler in der Loge beschrieben habe: Egal, was auf der Bühne läuft, nur noch darüber lachen.

Das sind Auflösungserscheinungen. Das Gefüge zersetzt sich.