Ansichten eines Informatikers

Die Telefonverschlüsselung des Adolf Trittel

Hadmut
18.6.2024 18:28

Noch ein Fund.

Gerade in meinem Büchern wiedergefunden: Arbeiten des Dipl.-Ing. Adolf Trittel am Elektrotechnischen Institut IV der Technischen Hochschule Hannover zur verschlüsselten Telefonie. Von 1938 und 1939.

Natürlich alles mit Analogtechnik, noch nicht digital, ich habe es auch nicht durchgelesen, nur mal durchgeblättert, aber sehr fundiert und sehr gut ausgearbeitet, sogar mit eingeklebten Frequenzdiagrammen (wohl mit irgendeinem Gerät aufgezeichnet und zur Verfielfältigung als Schwarzweiß-Foto abfotografiert). Erstaunlich präzise für die damalige Zeit, nach Frequenzgang und so weiter, Elektrotechnik am oberen Ende des damals bekannten, und im Prinzip eigentlich schon Informatik.

Sehr beachtliche Arbeit. Beispielsweise die Zumischung eines Störsignals, im Prinzip eine analoge Stromchiffre. Steht zwar nicht drin, aber wenn das von 1938 und 1939 war, dann war das ohne Zweifel Kriegsforschung und von der Regierung beauftragt.

Das ist deshalb sehr interessant, weil sich ja auch einer der bekanntesten Pioniere der Informatik, Claude Shannon, auf amerikanischer Seite mit denselben Themen beschäftigte – aber später. Shannons grundlegende A Mathematical Theory of Communication, die die Kanalkapazität untersucht und sich auf analoge Kanäle bezieht, stammt von 1948. Und man könnte sich die Frage stellen, ob die nicht, wie auch in anderen Bereichen wie Rakete und Flugzeugen, da bei den Deutschen geplündert hatten.

Es zeigt aber, genau wie bei der Computertechnik, dass die Deutschen die Informatik vor dem Krieg und für den Krieg entwickelt hatten, während die Briten, Polen und Amerikaner die Informatik wegen des Kriegs und aufgrund des Krieges erst entwickelt haben. Alan Turing musste sich damals ja noch mit der Idee durchsetzen, dass man die Kommunikation des Gegners durch Mathematik und Entschlüsselung abhören kann, und die Entwicklung elektronischer Computer wie des Colossus eine Erfordernis, eine Erkenntnis, eine Folge des Krieges. Vor dem Krieg waren die USA ein relativ einfaches Land, dessen technischer Fokus auf Energieversorgung (vgl. Edison vs. Westinghouse) lag, obschon auch Telegrafie, Telefonie, Rundfunk und Schallplatte. Es wurde ja berichtet, dass die USA schon um 1900 alle Telegraphenleitungen abhörten. Aber alles eher simpel. So richtig los ging das erst als Folge des Krieges und des Konfliktes mit der UdSSR. Man hat da mit massivem Druck geforscht und im Ergebnis Internet und Computer erfunden.

Vor dem Krieg war da aber Deutschland ziemlich vorne.

Und es ist nicht nur die Erkenntnis aus dem Krieg, dass man das braucht. Sondern dass man es genau deshalb anderen verbieten muss.