Ansichten eines Informatikers

Escape from New York

Hadmut
10.7.2024 14:58

Nein, (noch) nicht Snake Plissken, sondern Ärzteflucht.

Leserzuschrift eines Arztes:

Hallo Herr Danisch,

zu den aktuellen Berichten über die Zustände in New York und den USA gesamt ist mir ein kleines, aber sehr bezeichnendes Detail eingefallen:

In letzter Zeit sind im „Deutschen Ärzteblatt“ immer wieder Stellenanzeigen von US-Kliniken, insbesondere aus New York zu finden! Das gab es vorher noch nie.

Und sie werben in der Regel damit, dass man kein amerikanisches Staatsexamen mehr vorweisen muss; und der deutsche Facharzt anerkannt wird. Dazu muss man wissen, dass an dem sehr anspruchsvollen US-Examen „USMLE“ für Deutsche früher kein Weg vorbeiging. Es sei denn, man war schon Nobelpreiskandidat. Die Facharztausbildung musste auch komplett noch einmal gemacht werden. Und die Scores im Examen waren sehr wichtig, um eine Weiterbildung an einer begehrten Klinik zu bekommen.

Da jetzt diese Regeln so stark aufgeweicht wurden, vermute ich dort mittlerweile einen starken Ärztemangel!

Vermutlich kehren die einheimischen und die guten ausländischen Ärzte mittlerweile diesen Verhältnissen den Rücken, und gehen in andere Bundesstaaten.

Soweit ich weiß, gibt es mittlerweile auch etliche private US-Unikliniken in der Karibik.

Und, vor Wochen war sogar eine Oberarztstelle in der Johns-Hopkins-University in Baltimore (eine Stadt mit einer selbst für US-Verhältnisse extremen Kriminalitätsrate) ausgeschrieben!

Das wäre vor Kurzem noch völlig undenkbar, und in etwa so, als wenn Heidi Klum eine Kontaktanzeige bei „Paarship“ hätte aufgeben müssen.

Beste Grüße,

Erstaunlich. Von deutschen Ärzten habe ich gehört, dass sie sehr gerne mal ein oder zwei Jahre im afrikanischen Busch dienen, weil man da noch „richtige“ und nicht Luxusmedizin treiben und all die Krankheiten und Missbildungen findet und behandeln kann, die es bei uns schon gar nicht mehr gibt. Wo kann man sich als Arzt schon mal an Lepra versuchen? (Wobei, wenn ich mir NRW so ansehe …)

Über die USA hatte ich dagegen gelesen, dass dort jeder Chirurg, der was auf sich hält, mal in Chicago gewesen sein will – nirgendwo sonst könne man so intensiv die Behandlung von Schussverletzungen erlernen. Ein, zwei Jahre in Chicago, und man weiß alles über Schussverletzungen unterhalb mittlerer Kriegswaffen. Und drüber gibt’s nichts mehr zu behandeln, also weiß man dann eigentlich alles.

Anscheinend aber wird es den Ärzten jetzt doch zu bunt, weil man ja nicht nur Schussverletzungen behandelt und dann Papers und Doktorarbeiten darüber schreibt, sondern man ja auch selbst gefährdet wird. Manche Ärzte verlassen ja durchaus mal das Krankenhaus, und selbst in Krankenhäusern nimmt die Gewalt zu. Dann lieber in die Karibik oder arabische Länder. Die Saudis zahlen gut und die Kriminalität ist dort nahezu Null. Oder Ostasien.

Die interessante Frage ist: Wie entwickelt sich Deutschland, dass deutsche Ärzte dann doch lieber nach New York gehen?