Informatiker und Fachkräftemangel
Ich bin mir nicht sicher, was ich davon halten soll:
Die vollausgebildeten Informatiker, die fließend Deutsch sprechen, haben das selbe Problem wie alle anderen: Sie finden weder Job noch Wohnung. Und arbeiten dann in der staatlichen Flüchtlingshilfe.
Bald wird einfach ganz Berlin überdacht. pic.twitter.com/SKT203qRSz
— ozizzus (@ozizzus) July 12, 2024
Ich bin mir nicht sicher, wie ich den einschätzen soll – ich weiß nicht, was die da in Afghanistan unter „Informatiker“ verstehen. Würde mich aber interessieren.
Andererseits: Schlimmer als unsere Quotenfrauen kann es eigentlich auch nicht sein und unsere eigene Informatikausbildung ist ja an vielen Hochschulen auch nur (noch?) ein Witz und besteht aus leichter Einführung in Zahlen erkennen und Mausschubsen. Und wenn man sich anschaut, wen sie in Behörden so einstellen und was sie da machen … schlechter kann der auch nicht sein. Und der wird wohl kaum mit Gender daherkommen.
Da stelle ich mal eine ganz andere Frage: Warum weiß ich eigentlich nicht, was die da in Afghanistan unter „Informatiker“ verstehen?
Seit 2015, also jetzt rund 10 Jahre, haben wir Massenmigration nach Deutschland und Dauergefasel von „Fachkräften“. Warum eigentlich liegt als mir als Informatiker noch keine Dokumentation darüber vor, was man von einem Informatiker aus Afghanistan erwarten und voraussetzen kann und was nicht? Damit ich in einem konkreten Fall einer Stellenbesetzung oder firmenintern in einem Projekt wüsste, was die da lernen und können, und was nicht, um einschätzen zu können, wo und wofür man den gebrauchen könnte?
Eigentlich müsste man das doch nach 10 Jahren (eigentlich schon viel früher) als selbstverständlich voraussetzen, dass Leute wie ich darüber informiert wurden, was man von einem Informatik-Studium in Afghanistan, Syrien, Irak usw. erwarten kann und was nicht. Beispielsweise schon, um in einem Vorstellungsgespräch durch Testfragen herauszufinden, ob der wirklich studiert hat, oder einen vom Pferd erzählt.
Warum haben wir so etwas nicht? Warum sitze ich als Informatiker da und muss – leider – sagen, dass ich den nicht einschätzen kann, weil ich nicht weiß, was die da gelernt haben? (Gut, zugegeben, ich weiß jetzt auch nicht, was man etwa im Studiengang Informatik in Kassel lernt, außer Gender, aber könnte mir da immerhin Studien- und Prüfungspläne suchen und mir von einem Bewerber das Abschlusszeugnis zeigen lassen, um zu sehen, was er zumindest behauptet, gelernt zu haben. Was auch nicht viel heißt, ich habe schon Bewerber erlebt, die als Hauptfach Datenbanken im Zeugnis stehen hatten und noch nie eine Datenbank aufgesetzt, Tabellen angelegt oder tatsächlich SQL Statements abgesandt hat. Aber das ist ja eher ein positives Beispiel dafür, wie ich anhand eines Zeugnisses herausfinden kann, ob jemand das, was er behauptet zu können, auch tatsächlich kann.)
Es gibt aber noch ein ganz anderes Problem:
Selbst wenn der mal gut war, heißt das nicht, dass er es auch noch ist. Informatik kann man nicht lernen und dann kann man es wie Radfahren. In dem Job muss man ständig drin und dran bleiben, und sich ständig fortbilden. Wenn man den da jahrelang in einem Flüchtlingscontainer hocken lässt, dann gehen die Informatikkenntnisse auch zum Teufel. Das Wissen und Können geht schnell weg, wenn man nicht im Job bleibt.
Warum also erzählt man uns seit 10 Jahren das Märchen von den Fachkräften und warum passiert dann sowas?