Matheprüfung als Pflichtfach aus dem Abi streichen?
Und weiter geht’s mit dem Verblödungskarussell.
Die WELT: Warum das verpflichtende Mathematik-Abitur weg muss
In manchen Bundesländern müssen die Schüler in Mathematik eine Abiturprüfung ablegen. Dabei werden viele von ihnen auf die Inhalte in dieser Komplexität nie wieder in ihrem beruflichen Leben stoßen. Junge Menschen können selbst entscheiden, was für sie relevant ist.
In einigen Bundesländern wie Bayern, Sachsen und Hessen ist das Mathematik-Abitur an Gymnasien obligatorisch. An dem Schülerschreck mit unendlich langen Formeln, komplizierten Rechenwegen und jeder Menge Verwirrung kommt man dort nicht vorbei. Das muss sich ändern!
Manche Dinge kann man gut, andere nicht – Mathematik gehört bei vielen Schülern zu den Schwächen. In Sachsen hatte vergangenes Jahr rund jeder Vierte Schüler an den allgemeinbildenden Gymnasien beim Mathe-Abitur auf grundlegendem Niveau lediglich zwischen einem und drei Punkten. Das entspricht der Note fünf.
Natürlich kann man sagen, sie müssten mehr lernen. Das ist oft sicherlich auch richtig. Von nichts kommt nichts. Aber vielen Jugendlichen fällt es einfach schwer, komplexere mathematische Zusammenhänge zu begreifen oder das Erlernte in diesem Gebiet anzuwenden. Das macht sie nicht dumm, lediglich in einem Fach unbegabt.
Doch, das macht sie dumm. Denn Mathematik ist nicht nur Selbstzwecke und das Rechnen an sich. Es ist die Nagelprobe in abstraktem Denken, was sonst in keinem anderen Schulfach (außer Informatik, aber es wird wohl kaum jemand Informatik als Fach wählen und Mathematik abwählen, weil er es nicht begreift), und es ist gesellschaftlich und arbeitsmarkttechnisch einfach wichtig, dass jemand, der an Mathematik scheitert, auch eine schlechte Abi-Note bekommt, damit Arbeitgeber das auch ersehen können. Das nämlich ist der Zweck der Abi-Note.
Oder zumindest, was sie nicht wollen. Wer beispielsweise Germanistik studieren oder Englischlehrer werden möchte, muss sich nicht mit Vektorrechnung herumschlagen.
Mathematiklehrer sagen zwar gerne: „Heute zeige ich euch, wie oft Mathe im Alltag vorkommt.“ Dabei haben sie aber manchmal eine seltsame Vorstellung von „Alltag“…
Klar: Mathematik soll als Fach nicht entfallen. Und die Schüler in Deutschland müssen hier besser werden, wie die Pisa-Ergebnisse zeigen. Wenn 15-Jährige es nicht schaffen, Preise in eine andere Währung umzurechnen, dann ist das ein Problem.
AnzeigeAber Jugendliche, die wissen, Mathematik in ihrer beruflichen Zukunft nicht in der entsprechenden Tiefe zu benötigen, müssen die Möglichkeit haben, ihre Prüfung in einem anderen Fach zu absolvieren, das für ihren beruflichen Werdegang von Nutzen sein kann.
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Es gibt Mathematiker, Germanisten, Historiker, Bäcker, Metzger und viele mehr. Ein Bäcker muss keine Wurst machen, ein Metzger kein Brot und ein Germanist keine natürlichen Exponential- und Logarithmusfunktionen beherrschen.
Selten einen so dummen Text gelesen.
Ich fange mal so an: Damals, zu meiner Zeit, war das Abitur kein Gleichheitstarif, der selbst der Dümmsten per Quote ein 1,0-Abi garantiert, um die Numerus-Clausus-Fächer mit Frauen (und jetzt: Migranten) befüllen zu können, indem man die Abiturnoten politisch steuert. Das dürfte nämlich der eigentliche Grund dahinter sein, dass sich Mathematik von allen Fächern am meisten einer willkürlichen, politischen Benotung widersetzt.
Damals, zu meiner Zeit, hieß das Abitur nämlich noch „Zeugnis der Allgemeinen Hochschulreife“. Allgemein. Das Abitur sollte befähigen, jedes Fach zu studieren und nicht die Abkürzungsschlange zum Deppenstudium wie Germanistik oder Englischlehrer sein. Kein Fachabitur für hirnlose Pseudostudiengänge.
Wer so etwas will, der sollte lieber die Studienzugangsvoraussetzungen für Germanistik und Englisch auf „Mittlere Reife“ herabsetzen. Hätten die sowieso verdient.
Und dass sogar Englischlehrer und Germanisten ein Minimum an logischem Denken brauchen, habe ich damals in der Schule selbst erfahren und schon im Blog erzählt. Ich wiederhole mich mal:
Gut, das Problem hatte ich damals mit einer Englischlehrererin auch. Lehrerin für Deutsch und Englisch, und konnte beides nicht. Wir sollten ein Gedicht interpretieren, das den Krieg dafür tadelte, nicht poetisch zu sein, und ich hatte geschrieben „There is no situation which is less poetic than war.” Streitet mit mir nicht über denn Sinn, wir sollten das Gedicht in eigenen Worten wiedergeben, und sowas stand da halt drin. Dafür habe ich in der Klassenarbeit eine 6 (0 Punkte, war Oberstufe Leistungskurs Englisch) bekommen, weil sie meinte, ich hätte damit gesagt, dass Krieg poetisch sei. Auch auf deutsch „Es gibt keine Situation, die weniger poetisch ist als der Krieg” meinte sie, dass das bedeutet, dass Krieg poetisch sei. Jede Menge anderer Lehrer, insbesondere Latein und Griechisch, und sogar die damals noch seriöse Duden-Redaktion in Mannheim gaben mir Recht, aber das interessierte die Schule nicht. Der Prorektor legte mir brüderlich den Arm auf die Schulter und meinte, dass ich zwar Recht hätte, aber wir Männer doch Verständnis dafür haben müssten, dass in Frauen biologisch und emotional seltsame Dinge vor sich gingen, und wir das einfach hinnehmen müssten, er sei ja verheiratet und ihm ginge das ständig so. Er würde das ja auch hinnehmen. Die Schule sagte mir, dass ich zwar Recht hätte, es aber trotzdem bei der 6 bliebe. Wegen den Frauen und ihrer Biologie. Meinen Einwand, dass ich mit der Englischlehrerin ja nicht verheiratet sei und ich deshalb – im Gegensatz zum Prorektor – keinen ehelichen Duldungspflichten unterläge, ließ man nicht gelten.
Wer – als Deutsch- und Englischlehrerin und somit Englisch- und Germanistikstudium – nicht über die Befähigung verfügt, einen Satz wie „There is no situation which is less poetic than war.” zu verstehen und zu begreifen, dass damit gesagt ist, dass Krieg die am wenigsten poetische Situation sei, ist eine Fehlbesetzung und Schülern nicht zuzumuten. Sie hat den Satz inhaltlich überhaupt nicht begriffen, sondern ging nach der Grundregel „no“ und „less“ sind Verneinungen, und doppelte Verneinung ist eine Bestätigung, also hätte ich gesagt, dass Krieg poetisch ist und damit das Gedicht nicht verstanden. (Dass der ganze Rest meines Textes ebenfalls sagte, dass Krieg laut Gedicht nicht poetisch sei, hat sie dann auch nicht verstanden.)
Anders gesagt: Man kann mit einem Defizit an rationalem Denken (damals ist mir das noch nicht so aufgefallen, aber über die Jahre habe ich dieses Syndrom fehlender Hirnfunktionen im Blog ausführlich beschrieben) auch nicht Deutsch- und Englischlehrer werden, weil auch das Verstehen von Sätzen spätestens oberhalb von „can you tell me the way to the station?“ das Erfassen logischer Strukturen voraussetzt und Mathematik eben nicht nur die Aufgabe hat, Rechnen zu lernen, sondern per schlechter Note solche Denkversager aussieben und ihnen die Allgemeine Hochschulreife verwehren oder wenigstens mit einer schlechten Note versehen soll.
Die Frau hätte niemals Deutsch- oder Englischlehrerin werden dürfen, weil ihr zentrale intellektuelle, rationale Fähigkeiten fehlten, die unerlässlich sind, um deutsche und englische Sätze zu verstehen. Und auch dafür ist die Mathematikprüfung da: Dumme aussieben. Die dürfen halt mit solchen Hirnlöchern nicht Lehrer werden, sondern müssen ihr Dasein dann als Journalist oder so etwas fristen, wo man Rationalität nicht erwartet.
Davon ganz abgesehen soll die Schule eben nicht nur für den Beruf ausbilden, und damit nach linker Doktrin überflüssig sein, weil wir ja Grundeinkommen bekommen und nur noch das tun sollen, was uns beliebt. Wir wollen ja auch einen Führerschein machen (gut, Linke heute nicht mehr …) oder unser Geld verwalten, mal ein Haus kaufen und abbezahlen (gut, Linke heute nicht mehr …) oder einfach erkennen können, ob die Migrations- und Haushaltspläne der Regierung überhaupt funktionieren können (gut, Linke heute nicht mehr …). Vielleicht will man einfach mal eine Hundehütte bauen oder irgendsoetwas. Mathematik ist lebenselementar.
Die eigentliche Frage muss aber sein, was solche Leute unter einem „Abitur“ eigentlich verstehen. Wenn das nur noch Unterhaltungsprogramm für die persönlichen Interessen sein soll.
Davon mal ganz abgesehen: Welcher Zehntklässler weiß schon zuverlässig und ausschließlich, was er mal werden will? Da nämlich muss man seine Fächer für die Oberstufe wählen (war zumindest bei mir damals so), die man nicht mehr ändern kann. Bei mir wussten damals viele auch nach dem Abi noch nicht, was sie mal machen wollten, und ich selbst wollte als Kind Chirurg werden. An die Informatik im engeren Sinne bin ich erst im Laufe der Oberstufe gekommen, auch mit dem sehr guten Informatik-Unterricht (damals noch übergreifend an einem anderen Gymnasium, weil damals nur ein Gymnasium der Stadt überhaupt Informatik-Unterricht anbieten konnte, und das auch schulübergreifend anbot, um überhaupt genug Leute zusammenzubekommen, es war damals Zufall, dass ich überhaupt an Informatikunterricht kam). Wie soll man also in der Zehnten Klasse schon seinen Lebensweg so irreversibel festlegen, wenn man Mathematik abwählt, obwohl viele doch erst in der Oberstufe und im Leistungskurs merken, wo sie eigentlich hin wollen?
Und ganz ehrlich, weil ich auch auch damals als Schüler den Mädchen Nachhilfe in Mathe gegeben habe: Manche muss man zu ihrem Glück auch zwingen, weil Mathematik verpönt ist und viele sie nie anfassen, deshalb gar nicht merken, wie interessant die ist. Ich erinner mal an meine Erzählung vom Rechenkönig, als ich in der Grundschule immer Rechenkönig war, weil der Beste in Mathe, und mich beim letzten Mal urplötzlich ein Mädchen, Sybille, die eigentlich total schlecht in Mathe war, schlug, weil einfach schneller. Danach bedankte sich ihre Mutter lachend bei mir, weil es ihre Tochter so angekotzt hatte, dass ständig der blöde Hadmut gewinnt, dass sie wie bekloppt mit ihrer Mutter Kopfrechnen geübt und dabei unversehens Spaß an Mathematik gefunden habe.
Das Hirn ist in der zehnten Klasse noch gar nicht weit genug entwickelt, um zu entscheiden, was wichtig ist. Wenn ich daran denke, wie wir da damals rumgelaufen sind und was für Flausen wir da im Kopf hatten – nein, ich bin nicht der Meinung, dass Menschen in diesem Alter schon so wissen können, was sie mal machen, dass sie Fächer wie Mathematik ausschließen können.
Außerdem jammert doch gerade jeder, dass keiner wisse, ob sein Job in 10 Jahren noch gebraucht werde, KI uns alle Jobs wegnähme, dass nichts mehr Bestand habe.
Bei meinem Vater war das noch so, dass man nach dem Studium vielleicht noch eine kurze Erfahrungssammelstelle hatte, aber ansonsten eigentlich nach dem Studium in eine Firma eingetreten ist und da dann bis zur Rente blieb, man also seinen Beruf und sogar den Arbeitgeber das ganze Leben hindurch behielt.
Das ist nicht mehr so. Ich hatte – je nach Zählweise – etwa 8 verschiedene Jobs, und das ist für Informatiker keinesfalls ungewöhnlich, viele wechseln alle 3-4 Jahre.
Und überlegt mal, wie schnell der politische Wind dreht. Wer hätte noch vor 20 Jahren gedacht, dass man allein mit hirnlosem Gender-Schwachsinn hochbezahlte Karrieren machen kann und Frauen als Quoten-Quereinsteiger einfach gar nichts können müssen – was aber genauso schnell auch wieder vorbei sein kann.
Als ich Abi machte, dachte noch kein Mensch daran, dass irgendwann kein Beruf mehr ohne Computer auskommt. Damals war das noch was nur für Freaks. Schon lange kann keiner mehr ohne. Niemand hätte sich damals vorstellen können, dass wir alle ein Smartphone in der Hosentasche haben.
Wer kann mit 16 schon sagen oder ausschließen, was er mit 40 mal werden wird?
Ich hätte mir nie träumen lassen, dass ich die letzten Jahre meines Berufslebens mal im Schriftstellerischen verbringen würde – ich habe als Schüler Aufsatzschreiben gehasst wie die Pest. Und inzwischen über 25.000 Blogartikel geschrieben. Viele Leute haben in der DDR nur Russisch, aber kein Englisch gelernt, weil sie überzeugt waren, dass man das niemals brauchen würde. Und dann kam es plötzlich anders.
Ich halte es für eine unfassbare Dummheit, Mathematik aus dem Abitur zu entlassen, weil man meint, dass Leute niemals Mathematik brauchen würden – oder sie selbst nicht.
Das Abitur muss das Zeugnis über die Allgemeine Hochschulreife und kein „reicht für Germanistik und Englisch-Notabitur“ werden.
Und es muss seine Funktion behalten (oder besser, wiedererlangen), Dritten, wie Arbeitgebern, eine Aussage über Fähigkeiten zu machen. Wenn einer zu dumm oder zu faul für Mathematik ist, dann muss das auch im Abiturzeugnis stehen.