Ansichten eines Informatikers

Bildgestaltung

Hadmut
14.7.2024 16:17

Zur Fotografie.

Das Foto (eigentlich sind es ja mehrere, sehr ähnliche) ist wirklich Spitzenklasse. Ich hatte ja neulich schon so ein Actionfoto für seine Dynamik gelobt. Das Trump-Foto ist auch Spitzenklasse, dürfte aber zweifellos eine noch viel größere Publizität und Wirkung erfahren.

Gestaltung genial, vor allem wieder klassischer Bildaufbau: Die Dynamik kommt in der Diagonalen von den zwei Secret-Service-Leuten und gibt der Sache Drama und Bewegung, dazu noch die schräg flatternde US-Fahne, und die schwarze Stange, während Trump vertikal bildbestimmend steht und damit quasi den Fels in der Brandung markiert, während der Secret-Service-Mann rechts zwar auch ruhig dasteht, aber perfekterweise genau in die Kamera schaut und damit den Betrachter unmittelbar anspricht.

Dazu noch die dunklen Sakkos, die das alles zu einem Block machen lassen, während Trump mit weißem Hemd und hellen Haaren heraussticht.

Und dann noch Blut im Gesicht.

So entsteht enorme Bildwirkung.

Ohne jetzt aber die Leistung des Fotografen schmälern zu wollen:

  • Das würde ich jetzt eher für einen Glückstreffer halten. Der hat zwar die Professionalität, im richtigen Augenblick die Kamera hinzuhalten, aber letztlich hat er nur draufgehalten und gedrückt.
  • Ich glaube nicht, dass das Bild von vornherein so gestaltet oder getroffen war, da dürfte jemand mit sehr viel Sachverstand den Bildausschnitt gewählt haben.
  • Die Frage ist, ob es überhaupt ein Foto ist, oder nicht eher ein Bild aus einem Film. Ich hatte ja beschrieben, dass moderne Kameras Fotos mit 30 Bildern pro Sekunde oder hochauflösende Videos mit 60 oder 120 aufnehmen, und viele Fotografen das nutzen. Man sieht nicht so genau, ob der da filmt oder fotografiert, aber wenn man die Möglichkeit hat, da 500 Fotos aufzunehmen und das beste rauszusuchen, optimiert das natürlich ungemein.

Es stellt sich die Frage nach der Psychologie der Bildgestaltung.

Warum sind solche Fotos aus dem Augenblick, in dem keine Zeit zum Zielen oder Denken bleibt, manchmal so perfekt bildgestaltet?

Möglicherweise verwechseln wir hier Ursache und Wirkung.

Vielleicht sind diese Bilder gar nicht perfekt gestaltet, sondern ist umgekehrt unser Hirn so genau darauf geeicht, Konflikt-, Unglücks- und Krisensituationen an typischen Merkmalen zu erkennen, und vielleicht ist dieses Bild einfach nur gut darin, im Hirn an der Paniktaste zu fingern, und Bildgestaltung einfach nur das Wissen darüber, was im Hirn gut als Situation erkannt wird.

Kommen wir wieder zur Amygdala. Die produziert ja Ruhe und Angst, und arbeitet mit Mustererkennung.

In der Bildgestaltung lernt man, dass Ruhe in den Vertikalen und Horizontalen liegt und auf Dritteleinteilung. Könnte es also sein, dass das einfach das Amygdala-Muster für „alles in Ordnung“ ist, weil alle in Ruhe aufrecht stehen und der Horizont da ist, wo er hingehört? Und dass man Drama auf den Diagonalen und Kreuzungspunkten findet, weil das typische Muster von Kraftaufwendung und Kampfhandlungen ist, Leute gegeneinander agieren?

Könnte es also sein, dass zwei meiner Lieblingsthemen eigentlich ganz eng miteinander verwandt sind, Bildgestaltung und Amygdala, und dass Bildgestaltung eignetlich die Lehre davon ist, was welche Wirkung in der Amygdala hervorruft, Ruhe, Drama, Bedrohung, Gefahr?