Ansichten eines Informatikers

Die katholische Leichenshow

Hadmut
25.7.2024 13:55

Ach, Du liebe Zeit …

Gerade im Fernsehen gesehen: Da durchläuft gerade ein toter 15-Jähriger die katholische Beförderungseskalation über Selig- zur Heiligsprechung im Blitzverfahren: Carlo Acutis

Der hatte mit 11 Jahren schon eine Webseite betrieben, auf der er eucharistische Wunder auflistete. Deshalb hält man ihn für den „Influencer Gottes“ – weil er eine Webseite betrieben hat und unglaublich fromm gewesen sei. Starb mit 15 in ganz kurzer Zeit an einer schnellen Form der Leukämie.

Sie tragen jetzt sein Herz als Reliquie im Gottesdienst vor sich her, und pilgern zu seiner Leiche, die einbalsamiert und zu besichtigen sei, Foto aus Wikipedia:

Sie zeigten das Gesicht in Großaufnahme, sieht aber sehr künstlich aus. Und das ganze Ding wirkt eher so sektenhaft, so etwas hätte ich jetzt eher für Scientology-Kitsch oder Illuminaten oder irgendetwas in der Art gehalten, wenn ich nur das Bild ohne Kontext gesehen hätte. Ist doch sehr auf Handy-Foto gebügelt, eine Leichenshow.

Fragt sich, wie sie den frisch gehalten haben, wenn der 2006 gestroben ist und erst neulich ausgestellt wurde. Wikipedia:

Bereits 2019 wurde der Leichnam Acutis’ aus der Gruft in Assisi gehoben und exhumiert. Unmittelbar anschließend wurde auf sozialen Medien behauptet, Acutis’ Leichnam sei „unversehrt“ gewesen.[30][31] Auch Carlos Mutter und der Postulator des Seligsprechungsverfahrens, Nicola Gori, hatten dies verbreitet.[20] Das Ausbleiben der Verwesung eines Leichnams wird in traditionellen katholischen Vorstellungen als übernatürlicher Hinweis auf die Heiligkeit eines verstorbenen Menschen aufgefasst.[32] Der Bischof von Assisi, Domenico Sorrentino, stellte später richtig, Acutis’ Körper sei nicht unversehrt aufgefunden worden, sondern habe „den normalen Prozess der Verwesung“[32] durchlaufen und sei „mit Kunst und Liebe wieder zusammengefügt“ worden.[33]

Das Herz wurde dem Leichnam entnommen und in einem kostbaren Reliquiar zunächst in der Franziskus-Basilika ausgestellt.[18] Im Oktober 2022 wurde es zum dauernden Verbleib in einem von amerikanischen Spendern finanzierten, dem seligen Carlo Acutis geweihten neuen Seitenaltar des Doms San Rufino, der historischen Bischofskirche Assisis, bestattet.[34] Auch der Leichnam Carlos wurde zunächst in der Kathedrale von Assisi in einem Holzsarg zur öffentlichen Verehrung ausgestellt. Am 6. April 2019 wurde er in einem eigens errichteten steinernen Sargmonument im rechten Seitenschiff der Kirche Santa Maria Maggiore in Assisi wieder beigesetzt.

Vom 1. bis zum 19. Oktober 2020 ermöglichte eine Aussparung in der Frontplatte des Hochsarges den Blick in das Innere der Grabkammer. Dort war der wiederhergestellte Leichnam von Carlo Acutis bekleidet mit Alltagskleidung aus seinem Nachlass zu sehen, die Haare präpariert und das Gesicht und die Hände aus Silikon nachmodelliert.[18][2][32][35][36] Die Abschlusszeremonie vor der erneuten Schließung des Grabes wurde von Marcello Semeraro geleitet, dem wenige Tage zuvor neu ernannten Präfekten der Kongregation für die Selig- und Heiligsprechungsprozesse. Auch nach Ende der COVID-19-Pandemie in Italien gibt es wieder Gelegenheiten, bei denen die Platte vor dem Grab zur innigeren Verehrung des Toten entfernt wird.[35]

Die Herz-Reliquie von Acutis ist derzeit (Stand 7/2024) auf „Europatour“. Sie ist unter anderem in der Heilig-Geist-Kirche in München und danach im Kloster Weltenburg zu verehren.[37]

Ich will da niemandem seinen Glauben nehmen. Und auch keine Wunder in Abrede stellen. Selige, Heilige, und so weiter, sei von Herzen gegönnt.

Aber einen 11-Jährigen für heilig zu halten, weil er eine Webseite geschrieben hat, und eine Leiche als unversehrtes Wunder anzubeten, die jahrelang in einer Gruft verwest ist, und dann mit Silikon wieder aufgespachelt wurde, bringt mich dann doch zu der Frage, ob da der Glaube an das Wunder nicht größer als das Wunder selbst ist. Und ob da nicht der Bedarf an anbetbaren und social-media-tauglichen Heiligen größer war als der Lagerbestand.

Kommt mir so ein bisschen vor, als wollte man da unbedingt sein Heiligeninventar modernisieren und jugendkompatibler zu machen, quasi unter den Heiligen so etwas bauen, was was E-Auto unter den Verbrennern ist, als wollte man um jeden Preis Jugendliche ansprechen. Es wird nicht mehr lange dauern, und sie werden die klimaneutrale Empfängnis entdecken.

Musste dabei an eine Doku denken, die gestern oder vorgestern über den dänischen Kronprinzen Christian, der gerade sein Abitur gemacht hat, nun in den Thronfolgerberuf reinwachsen muss und seine Sache angeblich ziemlich gut macht. Zu irgendeiner großen Feier habe er Jugendliche seines Alters aus allen Landesteilen eingeladen, was sehr gut angekommen sei, und geradezu genial sei es gewesen, in den Social Media nach der Sause das Foto eines übriggebliebenen Damenschuhs zu zeigen und zu schreiben, dass der Prinz suche, wem der Schuh gehört. Cinderella auf Instagram, besser geht es nicht. Die Wirkung muss umwerfend gewesen sein, der Coup wurde als genial eingestuft.

Auch bei den Briten merkt man das. Während sich die Söhne von William eher zurückhalten, scheint Prinzessin Charlotte nicht nur ein ziemliches Medientalent zu sein, sondern da als im Prinzip überflüssige („spare“) zweite Nummer in der Thronfolge auf PR hinzusteuern. Ähnliches beobachtet man in anderen Königshäusern.

Man merkt sehr deutlich, dass das Auslaufmodell Monarchie gerade mit hoher Intensität die Jugend anspricht und dabei die Social Media und die Wirkung von Bildern und Videos für sich entdeckt hat, nachdem sie ja Jahrzehnte schwer damit haderten. Prinz und Prinzessin sind heute Social Media Stars, Influencer, PR-Ikonen.

Und ich habe den Eindruck, als würde die katholische Kirche gerade versuchen, das nachzuahmen.

Nun haben sie natürlich das Problem damit, dass sie nur alte Männer und Zölibat haben, also schlecht mit der hübschen kecken Enkelin des Papstes daherkommen können, obwohl das genau das wäre, was ihnen noch helfen könnte.

Also musste jetzt eine Leiche eines 15-Jährigen her, der sowohl fromm, als auch internetaffin war, um die Verbindung herzustellen, und stellt den jetzt mit Silikon aufgepumpt für Handyfotos aus, passend ausgeleuchtet, und lassen ein Stück der Leiche auf Tournee gehen. Und dann auch noch „Influencer Gottes“.

Mal sehen, ob es funktioniert.