Tu felix Austria oder doch Klapsmühle?
Ist der Zustand gut oder schlecht?
Der österreichische Plagiatsgutachter Weber schreibt, Österreich sei ein Land ohne Sachthemen.
Aber ich schreibe hier über das Land, in dem ich lebe und arbeite, und gegen einen hierzulande weit verbreiteten Menschentyp, gegen Wesenszüge, mit denen ich seit langem auf Kriegsfuß stehe. Es ist dieser Typ von Führungskraft, zu der man mit einer Liste von Problemen geht und die nur milde lächelt: „Geh‘, lossen Sie’s bleiben, die Welt zu retten.“
Meine These lautet, kurz gesagt: Österreich ist ein Land ohne Sachthemen. Genauer: Die Sachthemen sind höchstens sekundär, als Mittel zum Zweck. Worum es in der Politik, der Wissenschaft, der Kunst und auch in der Wirtschaft primär (und in der pervertiertesten Form dann: einzig und allein) geht, sind Personen und deren Pfründe, sind Machtspiele und Kämpfe um die Deutungshoheit.
Ja, sowas haben wir hier auch. Universitäten zum Beispiel, die machen ja in weiten Teilen auch nichts anderes mehr. Ich bekomme ja immer zuviel, wenn die im Fernsehen Professoren als Wissenschaftler ausgeben – dabei sind die längst eher das genaue Gegenteil. Und Politik ist sowieso nichts anderes.
Aber: Bei uns gibt es auch noch Sachthemen. Das Problem daran ist, dass die meisten davon sehr schlimm sind. Insofern bin ich mir gerade nicht sicher, was besser oder schlechter ist, keine Sachthemen zu haben wie Österreich, oder solche Sachthemen zu haben wie wir. Ich würde ihm zurufen „Bedenke, worum Du bittest …“
Der Österreicher bekam es offenbar in die Wiege gelegt (früher hätte man gesagt: mit dem Schnapsschnuller): Ignoriere die Fakten, oder noch konsequenter: Lerne, sie gar nicht erst zu sehen, dann musst du auch nichts ignorieren. Lerne, allenfalls auftauchende Fakten im „Schmäh“ zu ertränken (es wird dann gerne gegackert wie in Barbara Stöckls Fernsehrunde) oder personalisiere die Debatte (Beispiel: wenn A sagt, dass B plagiiert hat und du bist mit B verbunden, dann sag‘ einfach, dass A ein Trottel ist).
Ja, das ist schon übel. Aber ist es nicht immer noch besser als die Art der Deutschen, mit Sachthemen umzugehen? Wir erfinden erst einmal die Bürokratie dafür und sind dann 10 Jahre hinter dem Termin.
Und wem geht es schließlich besser? Dem, der das Sachthema ignoriert, oder dem, der sowieso an jedem Sachthema scheitert, daran aber fünf Thinktanks, zehn Verkehrsblockaden aus Protest, sieben Talkshows und einen Geheimdienst gründet, um alle Kritiker zu verfolgen und stillzulegen? Ich ertappe mich bei dem Gedanken, Österreich um sein Elend zu beneiden, weil es wohl immer noch besser ist als das unsere.
Generell lässt sich feststellen, dass fast immer und/oder zunehmend oft aus ideologischen Scheuklappen resultierende Deutungsmacht vor Faktizität kommt.
Das ist auch bei uns so. Nur würde es uns nichts helfen, das zu ändern, weil bei uns die Faktizität für sich schon eine eigene Katastrophe ist.
Wir beklagen uns über ein Auseinanderdriften der Gesellschaft, eine Spaltung, eine Radikalisierung – aber sind zunehmend weniger oft imstande, ein gemeinsames Faktensubstrat anzuerkennen.
Bei uns ist es schlimmer. Bei uns ist es nämlich nicht nur so, dass wir dazu nicht imstande sind – wir wollen das gar nicht. Im Zeichen der Gleichheit und Gleichstellung sind wir überzeugt, dass ein gemeinsames Faktensubstrat diskriminierend und dadurch Werk der Nazis sein müsse. Wir wollen Ergebnisgleichheit und führen sie durch getrennte Faktensubstrate herbei.
Immer gibt es eine Links/Rechts-Dichotomie und Anhänger und Feindbilder auf beiden Seiten, immer gibt es Verschwörungstheorien.
Gut, das ist bei uns genauso. Bei uns ist es aber so, dass nicht einmal diese Dichotomie stabil und verlässlich wäre. Gestern noch galt Antisemitismus als zuverlässig rechts, heute haben ihn sich die Linken angeeignet. Kein Antisemit kann sich mehr sicher sein, wo er steht.
„Die Inhoite san wuascht.“
Ich war mit einem viel zu früh verstorbenen Journalistenausbildner, also eigentlich einem professionellen Hüter der Qualität, bei einem Workshop in Maribor im Rahmen eines EU-Projekts. Ich bemängelte die Qualität der Vorarbeiten der Partner, und er erstaunte mich mit dem Satz: „Die Inhoite san wuascht.“ Auf meine Frage, was denn dann zähle, antwortete er: „Ich tue das nur, um den Ruhm der Institution zu mehren.“
Die Medienzensur „liberaler“ Medien ist der Tiefpunkt dieser Entwicklung
Der Gipfel dieser Negativentwicklungen – Personen vor Sachthemen, Ideologien vor Fakten – ist die Medienzensur: Diese lässt sich seit einigen Tagen – für mich erstmals – für den „Standard“ nachweisen: Unter einem Artikel über die Rückkehr Alexandra Föderl-Schmids wurden alle Kommentare blockiert oder nach kurzer Zeit wieder gelöscht, welche Links zu den Plagiatsdokumentationen in diesem Blog enthielten. Alle Plagiatsdokumentationen hier sind wahre Tatsachenbehauptungen. Noch kein Plagiator hat mich für meine Tabellen geklagt, und wenn doch, hat er nicht gewonnen. Dennoch unterdrückt der „Standard“ diese Wahrheit. Damit kann er von sich aber nicht mehr behaupten, ein (links-)liberales Medium zu sein.
Die Zensur ist eine Sache, die haben wir auch.
Paradox ist aber, dass wir in Deutschland eigentlich gar keine Zensur mehr bräuchten, weil niemand mehr da ist, den es noch stören würde, wenn wieder irgendein Skandal ans Licht kommt. Bei uns können immer mehr Leute nicht mal mehr lesen, wie sollen sie dann verstehen und auch noch Konsequenzen daraus ziehen können, was man über Politiker berichtet?
In Österreich darf man vielleicht nicht mehr behaupten, dass jemand plagiiert hat. Ich Deutschland wird man dafür auch ver- und angeklagt. Aber selbst wenn man es öffentlich publizierte – es stört schlicht niemanden mehr.
Manchmal habe ich schon überlegt, ob ich zensieren würde, wenn ich Diktator wäre. Vermutlich würde ich genau das Gegenteil tun, und bestimmen, dass jeder ungestraft alles behaupten darf. Dann glaubt nämlich keiner mehr was, und mir kann keiner was vorwerfen.
Ich lernte, wie die Linken denken. Das dürfte im Marxismus angelegt sein: Wer nicht einer von uns ist, ist unser Klassenfeind.
Amygdala-Sausen. Marxismus ist eine bekloppte Ideologie, die sich – wie viele andere – zu Nutze macht, die Amygdala überzutrainieren. Deshalb ist beispielsweise das Hakenkreuz für Linke heute viel wichtiger als für Rechte.
Als mich Ex-Bundeskanzler Christian Kern 2017 in sein Büro bat, um bei zwei Cola Light zu klären, wer die Investigation seiner Diplomarbeit beauftragt habe und ich wahrheitsgemäß antwortete: „Niemand. Es hat mich einfach interessiert.“, sagte Kern: „Das glaube ich Ihnen nicht.“ – Das ist Österreich.
In Deutschland wird einem das Konto gekündigt und wahrscheinlich kommt die Polizei morgens um 6 zur Hausdurchsuchung.
Ein Fazit? Ich halte die Linken für noch bösartiger als die Rechten, wenn es um Mechanismen der Feindesbekämpfung geht. Ich halte die Freimaurer als reales soziales Netzwerk für gefährlicher als das virtuelle soziale Netzwerk X. Ich glaube nicht, dass die Demokratiezerstörung in Österreich mit Kickl & Co. beginnen würde. Sie hat in Österreich mit Dichand sen. und einem Buckeln vor der „Kronen Zeitung“ begonnen. Vieles, was gegenwärtig gesagt wird, vieles, was gegenwärtig als Teufel an die Wand gemalt wird, hat nur den Zweck, das zu kaschieren, was schon vorher an Zerstörung der Strukturen da war.
Und damit ist Österreich noch gut dran. “Bella gerant alii, tu felix Austria nube.” – “Kriege führen mögen andere, du, glückliches Österreich, heirate.”
Wir in Deutschland dagegen führen zwar keine Sachdiskussion in dem Sinne, dass wir uns um die Sache gern kümmern würden. Aber wir kommen gerade in die Sachdiskussion der Art, dass sich die Sache um uns kümmert. Sachen wir Migrationskrise, Volksverblödung, Wirtschaftsabsturz, Deindustrialisierung, Analphabetismus ist es nämlich völlig egal, ob man sie ignoriert. Die kommen trotzdem. Man kann auch nicht vom Hochhaus fallen und es ignorieren. (Gut, zugegeben, man kann schon, bis etwa zum Erdgeschoss, und auch danach wird man keine Diskussionen mehr führen, aber damit ändert man am Resultat eben nichts.)
Tu felix Austria oder doch Klapsmühle?
Österreich ist eine Klapsmühle. Und damit noch viel besser dran als wir hier in Deutschland. Denn wir nähern uns dem Erdgeschoss.
Nachtrag: Da haben wir’s schon: Alle wachsen, nur Deutschland schrumpft