Ansichten eines Informatikers

Die Physik des Kühlschrankabtauens

Hadmut
31.7.2024 1:56

Eine zentrale physikalische Frage, die in der Praxis eigentlich irrelevant ist, die mich aber interessiert.

Einige Leser hatten mir geschrieben oder den Rat/Hausfrauentipp gegeben, dass sie ihren Kühlschrank schnell abtauen, indem sie einen Top mit kochend heißem Wasser reinstellen, die Tür schließen und warten. Abgesehen davon, dass ich fürchten würde, dass das dem Kühlschrank Schaden zufügt, wäre das hier gar nicht gegangen, weil weil ja in den Kühlschrank gar nichts mehr reinging. Alle drei Schubladen waren total fest- und zugefroren, das Ding war von vorne völlig zugefroren. Beim Öffnen der Tür kam mir in der Größe einer Schubladenfront ein exakt quaderförmiges Einstück von etwas mehr als Daumendicke entgegen. Ansonsten war das alles fest, hart, zu, komplett dicht. Ich kam ja gar nicht ran, um da einen Top reinzustellen. Und wenn ich einen Top hätte reinstellen können, hätte ich zuerst die zwei Packungen Eiscreme reingestellt, um die zu retten.

Mag sein, dass das eine gute Idee ist, zumal es ja mehrere empfahlen, ging aber eben nicht, weil der Kühlschrank ja komplett zu war. Da hätte ich keinen Kaugummistreifen reinstecken können. In den Schubladen selbst war nur zu 1/3 bis 2/3 massives Eis, der Rest noch Luft oder poröses Eis, aber ich kam ja gar nicht ran, um da einen Topf reinzustellen.

Andere dagegen rieten zu einem Fön.

Ich habe zwei (billige) Föns, wäre aber gar nicht auf die Idee gekommen, die zu benutzen. Ich benutze die nie für Haare (wie auch, ich habe ja kaum welche, und die so kurz, dass ein Handtuch reicht), sondern dazu, um Aufkleber wie Preisschilder von gekauften Sachen abzubekommen. Das geht besser, wenn man die vorher anwärmt. Leider sind beide Föns nicht für Dauereinsatz konzipiert und schalten sich (vermutlich Bimetall-Schalter) ab, wenn sie zu heiß werden. Die taugen deshalb nicht, um einen Kühlschrank abzutauen. Irgendwo tief im Keller habe ich noch eine Heißluftpistole, aber bis ich die gefunden und ausgegraben hätte, und ich hätte da befürchtet, dass die den Kunststoff zerstört oder sogar die Kühlwendel.

Eigentlich war ich mit der ad hoc-Lösung, die ich gefunden habe, nämlich einfach einen Vertikalventilator davorzustellen, der hin- und herschwenkte, und über die ganze Höhe und Breite des Kühlfaches viel Luft mit Zimmertemperatur (von wegen heißester Sommer aller Zeiten) reinzublasen. Das hat nicht nur sehr gut funktioniert, es hatte auch den Vorteil, dass ich nicht dabei stehen musste, weil der Ventilator das von alleine gemacht hat.

Man hätte natürlich auch ganz einfach die Tür aufmachen und bis morgen früh warten können, und dann die Wasserlache aufwischen. Eis schmilzt ja auch von alleine. Dann wären aber die Lebensmittel im normalen Kühlfach hinüber gewesen.

Seither treibt mich die Frage um, was eigentlich besser wirkt:

  • Mit dem Ventilator und wenig Energieaufwand viel Luft reinblasen, aber die nur mit Zimmertemperatur. Oder mit dem Fön und hohem Energieaufwand wenig, aber warme Luft reinblasen?
  • Ist der Fön überhaupt schneller? Was taut schneller ab, viel Luft mit Zimmertemperatur oder wenig warme Luft? Vermutlich schon der Fön.
  • Was aber ist für das normale Kühlfach besser, wenn da Lebensmittel drin sind? Der Fön ist zwar vermutlich schneller – erwärmt aber den Kühlschrank und damit auch das Hauptkühlfach.

Normalerweise habe ich das Problem ja gar nicht, weil ich den Kühlschrank immer abschalte und offen lasse, wenn ich verreise, dann ist der hinterher immer völlig trocken und eisfrei. Und riecht auch nicht, mache Kühlschränke entwickeln ja so einen ganz üblen Geruch.

Nebenbei bemerkt, ich kenne die schnellste Abtaumethode von allen: Vor etwa 40 Jahren, da war ich noch Schüler, hatten wir mal einen uralten Kühlschrank, den wir als Zweitkühlschrank im Keller stehen hatten, für den Sperrmüll rausgestellt. Mein Vater hatte den gerade von der Steckdose abgezogen und mit der Sackkarre über die Tür zum Garten rausgefahren, als er meinte, so könnte man den nicht zur Abholung rausstellen, weil innen total vereist und irgendwas ausgelaufen und dann angefroren war, deshalb da Lebensmittelreste reingefroren waren. Was sollen die Nachbarn denken, und das stinkt ja dann. Ich war gerade dabei, einen Gehweg mit dem Kärcher Hochdruckreiniger vom Glitsch zu befreien und sagte so spontan, ich probier mal den Hochdruckreiniger. Weil der Kühlschrank eh zum Sperrmüll sollte, meinte mein Vater, ich soll mal probieren, mehr als kaputt machen könnte ich ja nicht. In drei, vier, fünf Sekunden war der Kühlschrank eisfrei und sauber, flog alles sofort raus. Die Abdeckung der Beleuchtung allerdings auch. Und Strom hätte ich auf das Ding dann nicht mehr drauf gegeben. Aber sauber und eisfrei war das Ding dann. (Was ich nicht bedacht hatte: Ich war dann dafür dreckig.)

Die schnellste mir bekannte Methode (außer Sprengen und Einsatz großer Mengen leicht entzündlicher Stoffe, aber das wäre alles strafbar) zum Abtauen ist tatsächlich der Kärcher. Geht in Sekunden.

Danach sieht aber die Küche aus wie Sau. Und der Kühlschrank hat kleinere Schäden.