Ansichten eines Informatikers

Krise am Südpol: Aus für deutsche Dildos

Hadmut
2.8.2024 2:06

Jetzt wird es ernst für den Standort Deutschland.

Die Woche ging ja schon rum, dass der bekannte Sitzhersteller Recaro Insolvenz angemeldet habe. Und ich dachte immer, die wären so gut im Geschäft, weil man die ja nicht nur in Sportwagen sieht, sondern, wenn ich mich recht erinnere, die auch Flugzeugbestuhlungen, Bürostühle und sonstwas alles machen, etwa die Trainer- und Ersatzspieler-Sitzreihen in Fußballstadien.

Jetzt noch ein größerer Schlag:

Fun Factory mit seinen Vibratoren war ja ein deutsches Vorzeigeunternehmen, zumal die Dinger ja überhaupt nicht schmudellig aussahen, sondern mit ihrem bunten Silikonüberzug und Spaßaussehen ziemlich modern und zeitgeistig rüberkamen. Das hat ja alles so clean, sauber, hygienisch, selbstverständlich, modern, lustig gewirkt. Wer sich noch erinnert, in den siebziger Jahren war das ja noch so, dass es im Quelle- und Neckermann-Katalog verschämt einen als „Massagestab“ bezeichneten Hartplastikvibrator aus so ekligem beigefarbenem Hartplastik gab, oben glatt und leicht asymmetrisch, unten mit Längsriffeln, und dann eine Batterie rein wie in popeligen Taschenlampen der Zeit.

Dann kam Beate Uhse und hat den Markt aufgerollt, aber mit oft seltsamen Geräten auf halbem Weg zwischen außerirdisch und Waffenschein. Und irgendwann kam dann Fun Factory mit diesem lustigen, cleanen, modernen Erscheinungsbild, für das Schämen nicht angesagt war, mit dem das zum Lifestyle-Produkt wurde. Die Sorte Vibrator, die heute im Bücherregal in der Videokonferenz nicht peinlich wäre. Ich hatte irgendwann im Blog mal geschrieben, dass ich mich geärgert habe, dass ich nicht auf die Idee gekommen bin, was allerdings auch völlig ausgeschlossen war, weil ich von Chemie und Silikon so gar keine Ahnung hatte und auf so etwas nie gekommen wäre. Materialkunde ist manchmal der Aufhänger. Irgendwo stand, dass der Erfinder der Glock-Pistolen, die zum Teil aus Kunststoff sind, auch kein Waffenexperte, sondern ein Kunststoffexperte war, der erst einmal herausfinden musste, wie Pistolen gebaut sind, und sie bei dieser Gelegenheit neu erfand und verbesserte. Habe ich das falsch in Erinnerung, oder stand nicht mal irgendwo, dass auch Fun Factory nicht von einem Dildologen, sondern von einem gegründet wurde, der sich mit Silikon auskannte, und die erst einmal herumprobieren mussten, wie die Dinger am besten geformt sind, und die da alle Angestellten, Freundinnen, Frauen zum Testen vergatterten?

Der Weser-Kurier:

“Wir beenden das Kapitel Fun Factory und stellen den Betrieb vollständig ein”, bestätigt Geschäftsführer Dirk Bauer auf Anfrage des WESER-KURIER die Geschäftsaufgabe. Wie viele Mitarbeiter das betrifft? Insgesamt könne nun 62 Kollegen und Kolleginnen keine Arbeit mehr angeboten werden. Bauer unterstreicht das Alleinstellungsmerkmal: “Wir sind das einzige Unternehmen in unserer Branche, das in Deutschland gefertigt hat.” Die Bedingungen dafür seien jedoch immer schwieriger geworden.

Akkus, Elektronikkomponenten, Magnete oder Motoren für die Produkte habe man in China kaufen müssen – weil es die Teile aus Europa nicht gebe. “Hier zahlen wir deutlich höhere Preise als unser Wettbewerb, müssen auch noch Zoll bezahlen. Außerdem ist die Lieferzeit sehr lang”, beschreibt Bauer die Nachteile. Zugleich seien hier die Lohnkosten extrem angestiegen sowie die Materialpreise. “Die schwache industrielle Infrastruktur in Deutschland bewirkt, dass Prozesse, die in China schnell erledigt sind, hier sehr träge und kostenaufwendig sind”, berichtet Bauer. “Das lähmt Innovationsprozesse, Wettbewerber konnten einfach schneller entwickeln.”

Ein weiteres Problem: Viel Geld in der Branche sei unter anderem von Hedge Fonds investiert worden. “Dadurch hat sich eine vormals bunte und vielfältige Handelslandschaft in ein Oligopol verwandelt. Große Player verkaufen lieber Eigenmarken als Fremdmarken”, schaut Bauer auf den Markt. Darüber hinaus traf die Bremer die Pandemie. Wer damals im Netz bestellen musste, der habe die Qualität der Produkte nicht mit allen Sinnen erfassen können – ein Nachteil für die hochwertigeren Sexspielzeuge der Fun Factory.

Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass ausgerechnet die feministischen Parteien SPD und Grüne, die maßgeblich lesbisch beeinflusst sind, die Wirtschaft so zerstören, dass der einzige deutsche Vibratorhersteller, der noch dazu echte Qualitätsware lieferte, bei der man sich darauf verlassen konnte, dass das Zeug gesundheitlich unbedenklich war, und wie man hört, auch in der Wirkung recht effektiv, dicht macht, und sie sich künftig China-Kracher reinschrauben müssen. Es heißt ja, dass manche der Dinger soviel Weichmacher abgeben, dass man kein Gleitmittel mehr braucht.

Andererseits kann man die jetzt am USB laden und mit dem iPhone steuern, oder sogar per Online-Zahlung von Orgasmussponsoren zahlen lassen. Und es gibt sicherlich bald Geräte für die anspruchsvolle Dame aus chinesischer Produktion, die man an den Schnellladesäulen für E-Autos ruckzuck wieder auf 85% Reichweite bringt. Denn die Ladeelektronik und die Akkus dürften technisch gleich sein, und bei E-Autos hängen sie uns ja auch ab. Vermutlich wird der Vibrator dann bald mit Facebook und Paypal gekoppelt. Gibt ja schon Videoplattformen mit Digitalvibratoren, die man durch Geldeinwurf in Echtzeit aktiviert. Das haben wir in Deutschland echt verpennt. Den technologischen Anschluss haben wir auch bei Vibratoren verpasst. Spätestens nächstes Jahr bringen die dann selbstoptimierende Vibratoren mit KI auf den Markt. Die finden dann vielleicht auch gleich selbständig den Weg von der Handtasche an den Südpol und laden dann die medizinische Bestandsaufnahme in die Cloud hoch samt automatischer beruhigender Einschlafpulsierung bei Schwangerschaftserkennung, pH-Wertanalyse und Diagnose von 47 Krankheiten und Schlafanalyse mit Handy-Anzeige, sowie streamingfähiger Frontkamera mit 4K/60p. Modell „Wütender Drache“, funktioniert erst nach Cloud-Registrierung und Bestätigung der Mobilfunknummer. Über die Weihnachtsfeiertage wird die größere Akkukapazität kostenlos freigeschaltet.

So gesehen dürfte Fun Factory quasi als der Diesel unter den Vibratoren in die Geschichte eingehen: Deutsches Markenprodukt, technisch weltweit führend, äußerst zuverlässig und langlebig, beherrschte Technik, aber langweilig und untergegangen, weil man die Wirtschaft demoliert und nicht beachtet hat, dass die Chinesen schneller, billiger, bürokratieärmer und mit Smartphone-Anschluss produzieren.

Recaro ist insolvent, Fun Factory macht dicht, Miele ist in Polen, die BASF in China, und so weiter und so fort. Nicht mal Vibratoren stellen wir noch selbst her, nachdem wir nicht mal mehr Kinder selbst herstellen.

Wissen und Ausbildung sind im Eimer, die öffentliche Sicherheit beim Teufel, die Infrastruktur am Ende.

Was genau ist denn von „Deutschland“ eigentlich noch übrig?