Ansichten eines Informatikers

Zeitmaschine

Hadmut
7.8.2024 13:10

Duschgedanken.

Ich habe ja morgens so eine feste Routine im Badezimmer. Im Sitzen die erste Kenntnisnahme der Nachrichten des Tages durch Lesen und Radiohören, und dann unter der Dusche das Nachdenken über Blogthemen des Tages.

Die Nachrichtenlage langweilt mich seit geraumer Zeit, eigentlich gibt es ja nur noch Mist und Gezänk. So richtig passieren tut da ja eigentlich meist nichts mehr, und hätte man nicht ab und zu noch einen Krieg oder eine Katastrophe, würde außer Pleiten und Blamagen nichts passieren – und die Pleiten und Blamagen wiederholen sich, deren Nachrichtenwert geht gegen Null. Eine Meldung, dass unsere Regierung mal irgendetwas gut und richtig macht, wäre eine Meldung, aber die kommt nicht.

Deshalb war ich heute auch ziemlich schnell durch. Ein Hotel ist eingestürzt und im Osten finden 40% die AfD gut, auch die Medien tun sich schwer, ihre Seiten zu füllen.

Also habe ich die Dauerfernsehsendung von den Olympischen Spielen eingeschaltet. Seit man Zeitung nicht mehr auf Papier, sondern elektronisch liest, geht das ja.

Mir ging die Frage durch den Kopf, wie sich wohl die historischen Spiele im alten Griechenland angefühlt hätten.

Eher banal, wie Bundesjugendspiele?

Oder die große Unterhaltungsshow mit spannenden Wettbewerben?

Eine große Show mit Händlern und Hokus Pokus, Politik und Medien?

Vermutlich alles davon, weil sie ja von ungefähr 776 v. Chr. bis 393 n. Chr. inoffiziell wohl sogar länger, stattfunden haben, als ungefähr 1200 Jahre lang. Da wird sich viel verändert haben.

Speerwerfen, Diskuswerfern, Laufen, Weitspringen und Ringen. Auf alten Darstellungen kann man sehen, dass die beim Springen Gewichte zum Schwungholen in den Händen hielten. Allerdings ist auch die Rede vom Faustkampf (Boxen) und dem Pankration (Allkampf, = Mixed Martial Arts). Ob es bei Olympischen Spielen auch Pferderennen gab, weiß ich nicht.

Angenommen, ich hätte eine Zeitmaschine und könnte mich damals als Zuschauer reinschmuggeln.

Hätte ich mich da einfach reinsetzen können?

Wie kleiden? Eine Toga aus einem alten Kartoffelsack?

Wie das Eintrittsgeld zahlen? Oder war der Eintritt frei?

Wären Fremde da überhaupt reingekommen? Festgenommen worden?

Was wäre passiert, wenn ich damals, 500 v. Chr., mit einer Videokamera aufgenommen hätte? Oder einer ActionCam, einer GoPro? Vielleicht wäre einfach gar nichts passiert, wenn man daran alles abschaltet, was leuchten kann, also Bildschirm, LEDs. Vielleicht hätte man das nur für ein misratenes Schmuckstück gehalten, wenn ich das Ding nicht auffällig benutzt, sondern mir einfach um den Hals gehängt und etwas getarnt hätte, weil moderner Kunststoff schon aufgefallen wäre. Wie aber hätten die reagiert, wenn ein modernes Fernsehteam mit dicker Kamera und einem Sportmoderator mit Mikrofon aufgetaucht wäre? Und versucht hätte, einen Sportler zu interviewen? So, dass man das Bild auf dem Monitor sieht und vielleicht sogar eine abgespielte Aufnahme? Vermutlich wäre man für einen Abgesandten der Götter gehalten worden. Oder einen bösen Zauberer? Oder hätte man es für lustig gehalten und herumgehampelt?

Was aber wäre gewesen, wenn moderne Sportler damals mit angetreten wären? Wie wäre der Leistungsvergleich ausgefallen?

Guten Tag, wir sind aus einer andere Zeit und einem anderen Land, und wir würden gerne mitspielen.

Was aber wäre umgekehrt? Wenn man die Sportler, Veranstalter, Berichterstatter von damals abgeholt und ihnen gesagt hätte, wir laden Euch zu den Spielen 2024 in Paris ein, zuzüglich kurzer Einweisung in die moderne Welt mit Fernsehen, Verkehrsmitteln und so weiter?

Wie hätten die das gefunden?

Achselzucken? Auch nicht viel anders als bei uns?

Oder: Was soll der Scheiß? Die Götter werden Euch zürnen!

Oder: Das ist ja der blanke Wahnsinn, das ist ja super!

Ich hatte ja in der Schule mal Altgriechisch. Und war darin lausig, hätte nie gedacht, dass ich das 40 Jahre später mal gebrauchen kann. Auf Zypern lachen sie, wenn ich erzähle, dass ich mal Altgriechisch hatte. Wozu das gut sein solle? Außer zum Lesen alter Bibeltexte sei das zu nichts nutze, und auch viel zu kompliziert. Das moderne Griechisch sei viel einfacher. (Genau deshalb aber wohl auch schwerer zu verstehen.) Sie waren aber konsterniert, als ich fragte, ob die Stadt Paralimni deshalb so heißt, weil sie an einem See liegt (para=bei/neben/gegen/wider, limnos=See – paramedic=Rettungssanitäter, paradox=Wider die Lehre ). Da hätten sie noch nie drüber nachgedacht (so wie wir nicht darüber nachdenken, warum es Frankfurt oder Schweinfurt heißt). Offenkundig hätte ich recht, aber es sei schräg, dass erst ein Deutscher kommen muss, der vor 40 Jahren mal Altgriechisch hatte, um sie darauf aufmerksam zu machen.

Wie würde das aussehen, wenn man die alten Griechen, vor allem die Schreiberlinge, mal für einen Monat in die Neuzeit eingeladen hätte, erst Kurzeinweisung in die Moderne, Strom, Fernsehen, Computer, Auto, Fahrrad, Fliegen und so weiter, dann zwei Wochen olympische Spiele samt Rundgang durch Paris und Fernsehinterview in der Sportsendung, und dann wieder zurückverfrachtet?

Wie hätten die das wohl im Stil ihrer alten Schriften dann beschrieben? Wie hätte das auf die gewirkt?