Tod eines Musikgeschäfts
Zur Verödung.
Gleich hier um die Ecke gab es in Berlin ein großes, mehretagiges Musikgeschäft, in dem ich zwar nicht regelmäßig, aber wiederkehrend und sehr gerne eingekauft habe. Musikinstrumente, Noten, vor allem aber viel für Video, nämlich Mikrofone, Kabel, Rekorder, Stative, hatten die alles.
Aber eben auch Gitarren, ein Sortiment an Blasinstrumenten, Flöten und so weiter, Schlagzeuge, Klaviere/Flügel, Synthesizer, und noch ganz viele elektronische Geräte, bei denen ich oft davor stand, guckte, manchmal auch drückte, und einfach nicht wusste, was das ist. Und viel Zubehör, Kleinkram, Kopfhörer und all so ein Kram. Eine Werkstatt gab es, in der man mal etwas reparieren oder aufmöbeln lassen konnte. Und essen konnte man da auch noch etwas.
Während der Pandemie ging es denen schon schlecht, da ging das Geschäft runter. Als das mit der Pandemie wieder etwas nachließ, fiel mir mal auf, dass die nur noch so elektronischen Kram hatten, die ganzen Klarinetten, Saxophone, Posaunen, Trompeten und sowas alles, alles weg.
Ei, fragte ich, spielt denn niemand mehr Trompete?
Man erklärte mir, dass es in der Pandemie wirtschaftlich schon so eng war, dass man sich auf das konzentrieren musste, was noch Gewinn reinbringt, was noch gekauft wird, und nicht nur dekorativ an der Wand hängt oder in der Vitrine liegt, aber keinen Umsatz bringt. Die Leute kaufen elektronisches Zeug.
Gut, dachte ich, wenn in der Pandemie alle zuhause hocken müssen, nimmt man natürlich Sachen, die keinen Nachbarschaftsstreit auslösen. Zeugs mit Kopfhörer.
Aber so leicht ist es nicht. Der Trend geht zu irgendwelchem elektronischen Dudelzeug, für das man eigentlich kein Instrument im klassischen Sinne mehr lernt. Ich habe mal an irgendeinem Gerät, dessen Funktion und Wesen mir unbekannt war, das viele bunte und von innen beleuchtete flache Tasten hatte, und deren Funktion sich mir nicht erschloss, ohne Hilfe und ohne Bedienungsanleitung, nur durch Herumspielen, diese verfluchte Kiste – irgendwas mit Sequencer und Drums und Snares und weiß der Teufel was nicht alles – innerhalb von Minuten dazu gebracht, einen frisch kreierten Allerweltspopsong zu dudeln, der im Radio zumindest nicht negativ aufgefallen wäre. Und das war vor KI. Die Leute lernen – und kaufen – keine Instrumente mehr, es wird nur noch irgendso ein Rap- und Hip-Hop- und DJ-Kram produziert.
Schrecklich.
Eben kam ich wieder vorbei, wollte eigentlich mal gucken, wie es da inzwischen aussieht.
Leer, zu, verrammelt, geschlossen, dicht, zu, tot, dunkel. Zettel dran, „dauerhaft geschlossen“.
An einer Ecke noch ein Aushang, dass das erweiterte Rückgaberecht ab 1.1.2024 wegen der wirtschaftlichen Situation nicht mehr angeboten werden kann.
Webseite geguckt. Auch dicht. Auch kein Versand mehr. (Ich habe bei denen gelegentlich online zur Abholung in der Filiale bestellt.)
Sie seien gegen Corona und die Konkurrenz durch die großen Giganten wirtschaftlich nicht mehr angekommen und hätten aufgegeben. Ja, es gibt ja inzwischen Großversand wie Amazon, Thomann, Musicstore, Kirmann und so weiter. Den Kleinsten beißen die Hunde.
Oder besser gesagt: Die Ampel. Energiekosten, Personalkosten, Gebäudekosten und Bürokratie werden auch ihren Anteil haben, und ganz ohne Zweifel auch Kriminalität durch Ladendiebstahl, denn die hatten am Eingang eigens Security permanent präsent. Kostet auch.
Insofern bestimmt nicht nur, aber sicherlich auch ein Opfer der Ampelkoalition und ihrer Politik.
Und wieder verödet etwas. Wo vorher ein großes Musikkaufhaus stand, sind jetzt nur finstere und mit Graffiti beschmierte Scheiben mit „Geschlossen“-Aushängern.
Und Musikinstrumente nimmt man nicht mehr in die Hand, probiert nicht mehr, wie sie klingen, ob sie einem liegen. Sondern man klickt irgendeinen elektronischen Kram im Internet an und der Bote bringt ihn dann.
So sieht die Welt heute aus.