Ansichten eines Informatikers

Warum man keine gebrauchten Kameras nach Berlin schicken sollte

Hadmut
18.9.2024 18:09

Vom Betrug bei Technikkram.

Gerade gesehen: Hier beschreibt einer – allerdings sehr langatmig und geschwätzig, man will halt auf Youtube-Umsatz kommen – einen Betrug bei Kameragebrauchtverkäufen (und anderen Technikgeräten) über ebay und ähnliche Plattformen. Eigentlich ist die Methode bekannt, trotzdem gut, sie nochmal vor Augen zu führen.

Sicherheitstechnisch läuft im Prinzip eine Man-in-the-Middle-Attacke unter Ausnutzung von Authentifikationsmängeln. Der Verkäufer ist dann der Betrogene.

Man bietet als Verkäufer (A) eine Kamera an. Der Betrüger (B) meldet sich als Kunde, kopiert aber gleichzeitig die Angebotsdaten samt Foto und versucht, so viele persönliche Daten zu erlangen wie möglich, und erstellt eine Angebotsduplette. Bietet also auf die gleiche Weise letztlich dieselbe Kamera unter einer anderen Angebotsnummer an. Ein Kunde (C) will die kaufen und nimmt das Angebot an und zahlt, bekommt von B aber die Paypal-Nummer von A genannt. Verkäufer A sieht, dass das Geld eingegangen ist und verschickt die Kamera an die Adresse des Betrügers und Scheinkäufers B. C ist sauer, weil die Kamera bei ihm nicht ankommt, und lässt über Paypal das Geld rückbuchen.

Ergebnis: C hat sein Geld wieder aber keine Kamera. Betrüger B hat die Kamera. Und Verkäufer A ist die Kamera los, und das Geld ist er auch wieder los. Man solle als Ausweg als Verkäufer die Ware auf keinen Fall an eine andere als die in der Paypal-Zahlung angegebene Adresse schicken, damit die Ware auf jeden Fall bei dem ankommt, der auch gezahlt hat.

Der Brüller: Er meint, alle Betrugsversuche, die er beobachtet habe, seien mit Adressen aus Berlin abgelaufen, er habe also die Ware immer nach Berlin schicken sollen.

Betrügerhochburg Berlin?

Oder einfach die linke Masche, an eine Kamera zu kommen ohne zu arbeiten?

Erinnert mich daran, dass mich vor 25 Jahren mal einer reinlegen wollte, damals noch in DM. Ich hatte mir über eBay einen Fujitsu Biblo B112 mit Drucker und „viel Zubehör“ gebraucht gekauft, weil ich damals für die Australienreisen unbedingt einen kleinen, mobilen PC brauchte, der neu aber viel zu teuer war. 2800 DM war damals nicht gerade billig, aber weil das Ding praktisch neuwertig sei und nur für eine Fernsehproduktion für den ÖRR angeschafft, aber letztlich nie benutzt worden sei. Das ganze war schon komisch, aber ich konnte den windigen Verkäufer tatsächlich zu einer Produktionsfirma rückverfolgen. Und dann so richtig durch und durch dubios: Ein Kumpel von ihm käme in Karlsruhe vorbei, der würde mir das Gerät auf dem Parkplatz sowieso abends (bei Dunkelheit) im Tausch gegen einen Euroscheck aushändigen.

Nun, dachte ich mir, das ist so faul und so offensichtlich dubios – was kann da schon schief gehen. Das mache ich.

Den Typ getroffen, eine Kiste bekommen, den PC kurz geprüft, den Euroscheck über 2800 DM gegeben.

Zuhause, bei Licht, stellte sich heraus: Der PC war völlig in Ordnung, aber der Drucker ein zerlegter Schrotthaufen, nur Müll, und gar kein Zubehör. Also noch am Sonntag abend den Euroscheck sperren lassen.

Am Montag morgen rief mich die Bank an und bestätigte die Sperre, teilte auch mit, dass versucht worden sei, den Scheck einzulösen. Aber weil es nun mal ein Euroscheck sei, der einen Wert von 400 DM garantiere, habe man 400 DM gezahlt und den Rest verweigert.

Gut, dachte ich, das ist in Ordnung, den Notebook habe ich ja, der ist ja in Ordnung.

Ruft der Typ an und regt sich fürchterlich auf, weil er bei seiner Bank blöd dastehe, weil der Scheck geplatzt sei. Der hat das Geld wohl ganz, ganz dringend gebraucht. Ich habe ihm gesagt, dass das so nicht geht, dass das mit dem Zubehör und dem Drucker Betrug sei. Da lachte der mich einfach aus, und meinte, ich könne ihm gar nichts und so weiter, lachte noch so „Tschühüs“ und legte auf.

Nun, dachte ich mir, der lacht mich aus, aber ich habe den Notebook und das Geld (bis auf 400 DM), ist ein Scheiß-Betrug. Mal sehen, wann er es merkt.

Einige Tage kam ein Schreiben eines Rechtswaltes. So ganz merkwürdig übervorsichtig. Dem war wohl schon klar, was für ein Schlawiner (und Blödmann) sein Mandant ist, und der wollte auch erst einmal gar nichts fordern, sondern sich nur vorstellen und fragen, was jetzt der Stand der Dinge ist.

Dem habe ich damals geschrieben, dass sein Mandant Betrug begangen hat und froh sein kann, wenn ich ihn nicht noch wegen Betrugs anzeige. Nach Vergleichspreisen auf e-Bay würde ich den Notebook auf 1800 DM schätzen, davon die 400 abziehen, die er schon bekommen hat, 50 für meine Sonderkosten und die Schecksperrung, macht noch 1350, die ich dann an den Anwalt zusammen mit dem Ratschlag überwiesen habe, er möge sein Honorar davon gleich einbehalten, wenn er eines haben wolle, weil sein Mandant nicht kreditwürdig ist und betrügt.

Ich habe nie wieder was in der Sache gehört, und der Rechner hat mir, nachdem ich ihn mit Speicher und Platte aufgerüstet habe, lange Jahre beste Dienste geleistet, ich war sehr zufrieden. Ich hatte mal erzählt, dass ich auf einer Australienreise für die anderen wie ein Magier wirkte, weil ich in den Hotelzimmern die Nachttische vorgezogen habe, die Telefonbuchen aufgeschraubt und ein PCMCIA-Modem angeschlossen, mich damit aus dem australischen Outback ins Internet eingewählt habe, was die damals sehr beeindruckte. Smartphones, WLAN usw. gab es ja alles noch nicht. Und auf einer Neuseelandreise unterwegs CDs brannte und per Post verschickte. Das war der Rechner.

Ich werde das nie vergessen, wie einer versuchte, mich über den Tisch zu ziehen, mich noch am Telefon auslachte, und dann mehrere Tage brauchte um zu begreifen, dass beides, Geld und Ware, bei mir war, und er sich selbst reingelegt hatte.

Aber das war die Zeit, als es noch Euroschecks gab, die man sperren lassen konnte, und bei denen man dann auch nachvollziehen konnte, wer sie auf welches Konto eingelöst hat.