Ansichten eines Informatikers

Anmerkungen zum Landtagszirkus von Thüringen

Hadmut
27.9.2024 13:29

Zwei Leserzuschriften:

Thüringer Respektlosigkeit ist ein Trick

Hallo,

das respektlose Verhalten gegenüber dem Alterspräsidenten und dem Parlament insgesamt hat Methode – die CDU weiss gar nicht, wie sie die Geschäftsordnung rechtssicher ändern kann.

Deshalb macht sie irgendwas, was auch vom Landesverfassungsgericht gerügt und ggfs. abgewiesen wird.

Aber: Die CDU hofft (und hat vielleicht sogar vorbereitet) dass das LVerfG in der Begründung reinschreibt wie es denn richtig hätte gemacht werden sollen.

Und das macht sie dann am Samstag – scheinbar rechtssicher weil durch VerfG gestützt.

Darum wurde die Sitzung auch so früh gestört – so bleibt alles offen, man bekommt keine Begründung “geht jetzt nicht mehr”.

Denn eigentlich hätte die CDU die Wahl der Schriftführer für einen Antrag abwarten müssen – irgendwer muss das ja offiziell festhalten.

Haben sie aber nicht.

Denn nach §69 der Geschäftsordnung (und anderen Stellen ebenda, §22) kann man nicht einfach so einen Antrag bringen und den Antrag überrumpeln.

Manchmal wird auch §31 zitiert, dort ist aber nur die Wortmeldung geregelt, nicht der Antrag.

Viele Grüße,

Das könnte gut sein. Ich hatte ja von Anfang an den Eindruck, der CDU geht es nur um Krawall und darum, irgendwie Theater zu machen und einen Präsidenten der AfD zu verhindern, egal mit welchen Mitteln.

Eigentlich hätte die CDU dafür Stubenarrest bekommen müssen.

Thüringen – Aspekte in der NZZ, Parallelen zur Programmierung

Hallo Hadmut,

interessante Aspekte ausführlich im neuen Westfernsehen (NZZ):

https://www.nzz.ch/international/thueringen-erste-sitzung-des-parlaments-mit-zoff-um-moeglichen-afd-praesidenten-ld.1849852

– Der TOP “Änderung Geschäftsordnung” ist von der ehemaligen Landtagspräsidentin, als Linke gar nicht mehr Teil des Parlaments, mal eben vor einer Woche eingeschoben worden zwischen “Feststellung Beschlußfähigkeit” und “Wahl des Landtagspräsidenten”. Es ist fraglich, ob die Dame dazu überhaupt befugt war.

– Der Landtag soll damit die neue GO beschließen, bevor er mit der Wahl des Präsidenten konstituiert ist. Auch das ist zweifelhaft, denn die GO ist ja so etwas wie ein Gesetz, eigentlich noch wichtiger, da Grundlage zum Beschluß von Gesetzen.

Selbst wenn das alles legal wäre, würde der Landtag während der Ausführung der GO die Änderung der GO beschließen und unmittelbar, nicht in der nächsten Sitzung, anwenden. So habe ich vor 40 Jahren mal Z80-Assembler programmmiert – sich zur Laufzeit selbstmodifizierender Code, von-Neumann-Architektur macht’s möglich. Galt damals schon als sehr, sehr schmutzig.

Gruß

Das ist ein interessanter Punkt der NZZ, das wusste ich noch nicht:

Der Plan: Wenn sich der neue Landtag am Donnerstag konstituiert, soll als Erstes die Geschäftsordnung geändert werden. Künftig soll es darin heissen: «Der Landtag wählt aus seiner Mitte die Präsidentin beziehungsweise den Präsidenten für die Dauer der Wahlperiode.» Das wollen CDU und BSW, die den Antrag eingebracht haben. Dann würde schon im ersten Wahlgang eine einfache Mehrheit pro Kandidat reichen, und die AfD wäre aussen vor.

Kleiner Schönheitsfehler: Die Eröffnung der konstituierenden Sitzung gebührt dem Alterspräsidenten des neuen Parlaments, und bei diesem handelt es sich um den 73-jährigen Jürgen Treutler, AfD. Die Tagesordnung vom 19. September sieht vor, dass nach Klärung der Formalien – korrekte Einberufung, Anwesenheiten, Beschlussfähigkeit – als Erstes über den Antrag zur Änderung der Geschäftsordnung entschieden wird.

Allerdings – ein weiterer kleiner Schönheitsfehler – könnte diese Tagesordnung ungültig sein. Die Präsidentin des vorigen Landtags, die kein Mandat mehr hat, ist darauf beschränkt, den neuen Landtag einzuberufen. Sie kann keine Anträge einer Fraktion des neuen Landtags auf die Tagesordnung nehmen. Das ist aber geschehen. Die erneuerte Tagesordnung vom 19. September enthält den Antrag von CDU und BSW zur Änderung der Geschäftsordnung unter Tagesordnungspunkt (TOP) 4, noch vor der Wahl des Landtagspräsidenten. Die Tagesordnung vom 16. September enthielt diesen Punkt nicht.

Und noch ein Schönheitsfehler: Dass die Beschlussfähigkeit des Parlaments festgestellt wurde, bedeutet nicht, dass das Parlament auch schon etwas beschliessen darf. Das darf es erst, wenn es einen Präsidenten hat. Womit wir wieder beim Ausgangsproblem wären: der Wahl des Präsidenten.

Hat die letzte Präsidentin des Landtags die Sitzung durch eine rechtswidrige Tagesordnung sabotiert?

Wollten Linke, BSW und CDU hier auf dem Wege des Theaters etwas beschließen, was sie zu diesem Zeitpunkt gar nicht beschließen können?

Mich bringt das noch auf einen anderen Gedanken: Angenommen, sie hätten die Geschäftsordnung entsprechend dieser faulen Tagesordnung geändert. Wäre die überhaupt sofort wirksam gewesen, oder – wie bei Gesetzen – erst mit der Verkündigung im Amtsblatt?

Ich bin mir sicher, dass die das nicht geschert hätte, dass die das sofort durchgezogen hätten. Die Frage ist aber, ob eine Geschäftsordnung sofort gültig sein kann, oder ob ihre neue Fassung nicht erst einmal allen formal und in der neuen Fassung mitgeteilt werden muss.

Das stinkt alles so nach Sabotage des Landtags. So unwürdig.