Es ändert sich was im Presserecht …
Bisher war ich im Verwaltungsgericht Berlin ja immer damit abgeprallt, dass Presserecht erfordere, dass man auf Papier – genauer: physisches Substrat, beispielsweise auch CDROM – publiziert und physisch verteilt.
Ich hatte ja mal gefragt, wie da eigentlich noch Presse funktionieren soll, wenn es irgendwann mal keinen Zeitungsdruck auf Papier mehr gibt. Das wird ja längst zu teuer, und in vielen Regionen ist das Austragen der Zeitungen nur noch mit Ausnahmen vom Mindestlohn und Subventionierungen zu leisten, mache Zeitungen haben schon Regionen von der physischen Zustellung ausgenommen. Zwischenzeitlich hatten ja manche Zeitschriften schon Probleme, z. B. die c’t, ihr normales Erscheinungsbild aufrecht zu erhalten, weil das übliche Papier nicht mehr lieferbar war und sie anderes Papier einkaufen und verwenden mussten.
Und wenn man schon die ganze Zeit „Klimaschutz!“ schreit, ist dann auch irgendwann die ökologische Frage fällig, zumal viele Zeitungen nur einen kleinen Teil ihrer Auflage überhaupt verkaufen und der Rest in den Müll wandert. Ich habe schon lange niemanden mehr in einem Flugzeug eine Zeitung auf Papier lesen gesehen, ausgenommen ab und zu eine Frauenzeitschrift. Die sitzen längst alle da und lesen elektronisch.
Nun hat das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg entschieden: (ich bin da nicht involviert)
Der 6. Senat des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg hat das Bundesministerium des Innern und für Heimat in einem einstweiligen Rechtsschutzverfahren verpflichtet, dem Betreiber eines Online-Nachrichtenportals Auskunft zu erteilen, gegen welche Person es im Jahr 2022 mit einem anwaltlichen Unterlassungsbegehren vorgegangen ist und wie die beanstandete Äußerung lautete.
Nach Auffassung des Senats hat der Betreiber des Online-Nachrichtenportals einen verfassungsunmittelbaren presserechtlichen Auskunftsanspruch. Das Portal sei ein im Internet frei zugängliches, audiovisuelles und journalistisch-redaktionell gestaltetes Angebot. Deshalb sei es im Hinblick auf den Auskunftsanspruch der Presse oder dem Rundfunk im funktionalen Sinn gleichzustellen.
Das, was ich schon seit 10 Jahren sage, und womit ich mich beim Verwaltungsgericht Berlin nie durchsetzen konnte.
Endlich setzt sich das mal durch.
Da ist aber noch ein anderer Brüller drin:
Zudem bestehe hinsichtlich des in Rede stehenden Auskunftsbegehrens ein gesteigertes öffentliches Interesse und ein Aktualitätsbezug, die eine Vorwegnahme der Hauptsache rechtfertigten. Der Antragsteller habe hinreichend dargelegt, dass es sich beim Vorgehen der Bundesregierung gegen regierungskritische Presseberichterstattung mit Hilfe externer Anwaltskanzleien um ein neues Phänomen handele, an dem ein großes Interesse der Öffentlichkeit bestehe.
Es geht darum, dass die Regierung mit externen Kanzleien Kritiker bekämpft.
Und genau das passiert mir ja auch. Das passt exakt ins Bild: Krieg gegen Kritiker auf dem Umweg über das Privatrecht. Da wird noch was ans Licht kommen.