Computer schnuckelig, aber kaputt
Ich hatte doch die Tage von einem Rechner erzählt, den ich mir bei Ali Express bestellen wollte.
Der kam gerade an.
Zunächst gefreut, weil mir das Ding wirklich gefallen hat. Zwar
- leider nur mit amerikanischer Tastatur (was für den geplanten Einsatzzweck nicht allzu schadet und was ich vorher wusste)
- leider nur mit 8GB RAM (auf der Unterseite gibt es eine winzige Klappe zum Aufschrauben, aber die ist viel zu klein für RAM-Riegel und wohl für eine NMVe-SSD der ganz kurzen Bauform)
- mit einem zwar sehr schnuckeligen kleinen Netzteil, das zu meinem großen Entzücken mit einem Satz wechselbarer internationaler Stecker geliefert wird, leider aber noch größeres Entzücken verhindert, weil nicht über den USB-Port zu laden (auch mit speziellen Power-Delivery-Netzteilen zum Laden von Notebooks probiert), das wäre noch besser gewesen.
- leider mit spiegelndem Bildschirm – obwohl eigentlich eine Schutzfolie mit Firmenlogo drauf ist, auf der noch ein Notizaufkleber prangt, der einen informiert, dass zwei Schutzfolien drau f sind, und man die zweite auch noch entfernen kann, wenn man das nicht mag. An der Kante schaut allerdings ein Millimeter des Originalbildschirms hervor, und der spiegelt eher noch mehr und glatter, außerdem sind unter der Folie zwei, drei Staubteilchen zu sehen, die dafür sorgen, dass die Folie da nicht anliegt sondern kleine Luftblasen gebildet hat.
Ansonsten wäre das Ding aber – besonders für den Preis – echt schnuckelig und genau richtig. Genau, was ich suchte und sonst nirgends (zumindest nicht unter etwa 1000 Euro) fand.
Aber, ach.
Defekt.
Der Bildschirm bleibt schwarz. Beim Einschalten geht die LED an, und man hört dann auch irgendwann den Begrüßungston von Windows, der Rechner selbst läuft also, aber der Bildschirm bleibt einfach tot.
Schade. Pech gehabt. Auf der Bestellseite hatten einige Leute schon von Qualitätsmängeln gesprochen, aber das sah mir eher nach Dreckwerfen der Konkurrenten aus. Scheint aber was dran zu sein. Nun gibt es bei AliExpress die Möglichkeit, einen Streit anzufangen und dabei Mängel geltend zu machen. Oder den Verkäufer direkt zu kontaktieren. Die versprechen ja auch, dass man das Ding auch sonst kostenlos zurückgeben könnte, und der Versand sei in Europa (wohl Spanien), also alles flott.
Und dann bin ich verblüfft. Denn noch in derselben Sekunde, in der ich das Gesprächsfenster öffne, meldet sich „Muller“, deutsch und englisch. Also ein Bot, eine KI. Viel zu schnell für einen Menschen, aber durchaus freundlich und erklärt erst einmal, dass sein größtes Ziel ist, dass es mir gut gehe und ich mich wohl fühle. Kein schlechter Anfang, aber er will ein Foto. (Mir fällt auf, dass der Bildschirm des Notebooks vor allem im toten Zustand so spiegelt, dass immer eine Großansicht meiner Wohnung mit drauf ist, jetzt wissen die, wie meine Zimmertür aussieht. Groß. Flach. Rechteckig. Weiß.
Der Bot des Händlers erklärt mir, ich müsse jetzt also erst einmal den Empfang bestätigen, und dann im Anschluss gleich eine Rücksendung beantragen, weil kaputt.
Gut. Habe ich gemacht.
Ich komme somit zum nächsten Bot, den von AliExpress. Der faselt nicht rum und kommt gleich zur Sache:
Ich habe die Wahl, den kaputten Rechner einfach zu behalten und 23 Euro erstattet zu bekommen (nein!), oder den Rechner zurückzuschicken und mehr Geld erstattet zu bekommen, als ich bezahlt habe (was bedeuten könnte, dass ich das Porto auslegen muss).
Meine Begeisterung hält sich in Grenzen, obwohl ein defektes Gerät immer mal passieren kann. Ich hatte das ja schon früher beschrieben, dass die Chinesen gerne jede End-Kontrolle einsparen und das Testen dem Kunden überlassen, dafür dann kulant bei der Rückgabe sind.
Was letztlich aber doch die Frage aufwirft, warum solche Geräte in Europa nicht allgemein angeboten werden. Denn wäre er nicht defekt, würde mir der Rechner trotz des zu geringen Speichers sehr gefallen. Das Ding wäre ideal für unterwegs, ist auch ziemlich leicht.
Kurioserweise gab es Notebooks dieser Größe (aber etwas dicker) früher schon, die sogeannten „Netbooks“ mit den ersten „Atom“-CPUs, ich hatte mir damals als die rauskamen, 2008, schon einen 10-Zöller von MSI gekauft, der mir lange gute Dienste geleistet hatte. Danach hatte ich viele Jahre zwei (spottbillige, aber sehr, sehr gute) 12-Zöller von Acer, aber die gibt es auch nicht mehr neu, Irgendwann wurden die aber immer größer und in den Supermärkten gab es billige Rechner nur noch mit mindestens 15 Zoll, und das wenige, was es darunter noch gab (die genialen 13-Zöller von Dell) immer teurer.
Irgendwie neigen die Europäer wohl zu großen Rechnern, während die kleinere Asiaten mit ihren kleineren Fingern (vor allen bei Frauen) noch die kleinen Rechner bevorzugen.
Der Knackpunkt ist eben, dass so etwas leicht sein muss, in Tasche und Gepäck passen muss und vor allem auf Flugzeugtische passen muss. Besagten 12-Zöller von Acer hätte es mir mal im Flugzeug fast zerlegt, als ich den auf dem Klapptisch vor mir hatte und drauf gearbeitet habe, als der auf dem Sitz vor mir ohne jede Vorwarnung ruckartig und mit viel Schmackes seinen Sitz zurückklappte. Im Sitz ist so eine Einbuchtung für den Tisch, und der Bildschirm hatte sich in der Einbuchtung verfangen, was den hauchdünnen Bildschirm zerbrochen hätte, wenn ich nicht blitzartig den Rechner zu mir gezogen hätte. Die Rücksichtnahme gebietet eigentlich, so etwas langsam und bedächtig zu machen.
Und: Die 12-Zöller von Acer konnte man noch nach Lösen nur einer einzigen Schraube komplett öffnen und dann alles austauschen, Platte, RAM, WLAN. Ich hatte da auf Reisen 16 GB RAM und 1TB Platte drin. Heute gibt es nur noch eingelöteten RAM.
Warum gibt es in Europa keine kleinen Rechner mehr?
Warum kaufen die Leute nur noch so 15 oder 17-Zoll-Dinger?
Und warum stehen die Leute alle auf spiegelnde Bildschirme? Die wurden mal eine Zeit lang als kontraststärker, bessere Schwarzwerte beworben, obwohl die Hersteller damit nur die Mattierung (teuer: durch Säure. billig: durch Folie) einsparten, aber das ist ganz fürchterlich. Wenn ich beispielsweise in Berlin in der Bibliothek bin, die man eigentlich schön hell und „lichtdurchflutet“ (Maklersprech) gebaut hat, kann ich von meinem bisherigen Flachnotebook den Bildschirm kaum ablesen, weil der irre spiegelt. Und im Flughafen gibt es auch viele Lichtere, deren Reflektionen stören. Und im Flugzeug mit den Fenstern sowieso katastrophal. Die 12-Zöller von Acer hatten matte Bildschirme, die waren prima.
Warum also gibt es solche Rechner nicht mehr?
Warum markten wir uns selbst so einen Mist zusammen?