Die ARAG will an die Kinder
Seltsames von einer Versicherung.
Ein Leser macht mich auf ein Kinderbuch der ARAG-Versicherung aufmerksam: Der allerbeste Spielplatz der Welt
Das Buch soll Kindern das Grundgesetz erklären.
Der Leser
Die ARAG hat ein Kinderbuch zum 75. Geburtstag des Grundgesetz herausgebracht. Da werden die wichtigsten Artikel den Kindern in einfacher Sprache erklärt. Bereits bei der ersten Geschichte wird einem klar, für den der es noch nicht wusste, dass Ideologie bereits im Kindergarten startet.
Aus der Pressemitteilung der ARAG:
„Der allerbeste Spielplatz der Welt“ vom bekannten Düsseldorfer Kinderbuchautor und Illustrator Martin Baltscheit ist das erste Kinderlesebuch zum 75-jährigen Geburtstag des deutschen Grundgesetzes. Rund um das Umfeld Spielplatz erzählt Martin Baltscheit Geschichten, in denen er kindgerecht und anschaulich die wichtigsten Artikel der deutschen Verfassung erklärt. Initiator und Herausgeber des Buches ist der Düsseldorfer Versicherungskonzern ARAG, der sich schon seit seiner Gründung für einen einfachen Zugang zum Recht und damit einer Stärkung der Demokratie einsetzt.
„Der allerbeste Spielplatz der Welt“ beleuchtet kindgerecht und bilderstark auf 50 Seiten verschiedene Facetten des Zusammenlebens und zeigt, wie dieses Zusammenleben friedlich und gerecht gelingen kann. So passt dieses einzigartige Buch nicht nur perfekt zum 75. Geburtstag des Grundgesetzes, sondern genauso gut zum Initiator und Herausgeber des Buches, dem Düsseldorfer Versicherungskonzern ARAG. „Seit der Gründung der ARAG vor knapp 90 Jahren machen wir uns für Chancengleichheit vor dem Gesetz stark“, betont Dr. Renko Dirksen, Vorstandssprecher der ARAG SE. „Daher ist es uns auch ein besonderes Anliegen, dass Kinder schon früh verstehen, welche eigenen Grundrechte sie haben und wie wichtig der einfache Zugang zum Recht ist, für den wir stehen.“
Nun halte ich es für eine ganz schlechte Idee, Grundgesetz und Grundrechte ausgerechnet Kinderbuchautoren zu überlassen, so etwas geht erfahrungsgemäß furchtbar schief. Die wenigsten Juristen sind ausreichend grundrechtserleuchtet, weil man da Hintergrundwissen braucht, das Kinderbuchautoren nun mal nicht haben.
Ob als Vorlesebuch oder zum selbst Schmökern – Sechs- bis Zwölfjährige und ihre Familien können nun dank der ARAG die deutsche Verfassung bildhaft erleben.
Oder besser gesagt: Was die ARAG für die Verfassung hält. Oder für Familien für angemessen hält, die sich auf dem geistigen Stand Sechs- bis Zwöljähriger bewegen. Ein wunder, dass es überhaupt Text enthält und unterstellt, dass alle lesen können.
Hier noch etwas dazu, wie es dazu kam. Die ARAG will anscheinend ihr Image als Rechtsschutzversicherung stärken und den Leuten einen erzählen, dass sie ihnen zu ihrem Recht verhelfe.
Nun hält es der Leser für ideologisch und bemängelt, dass man hier Kinder schon im Schulalter indoktriniert. Es stinkt tatsächlich wie ein politische Einflussnahme, Umweg über das Privatrecht.
Aber: Obwohl das Ding offenkundig politisch und ideologisch gefärbt ist, woke, wirkt es auf mich – obwohl ich gerade da sehr aufmerksam bin – gar nicht mal in erster Linie ideologisch. Auf mich wirkt es in erster Linie schlecht. Ich habe nicht alles, aber einige der Geschichten gelesen und mich gefragt, was der da faselt. Wenn ich schon als jemand, der sich seit 30 Jahren mit Grundrechten beschäftigt, nicht verstünde, wovon der faselt, wenn ich es nicht schon vorher wüsste, wie soll es dann ein Kind verstehen?
Der versucht da, das Kindern zu erklären, obwohl er es in weiten Teilen selbst nicht durchverstanden hat.
Ich hege aber, wenn ich mir das so anschaue, einen anderen Verdacht.
Das Ding ist zwar auf Kinderbuch gemacht, es wirkt aber auf mich (auch, weil ja „Familien“ angesprochen werden), als ob man da durch die Hintertür und unter dem Vorwand eines Kinderbuchs einer, sagen wir mal vorsichtig, Zielgruppe, die sich mit dem Lesen schwer tut, nahezubringen, dass und warum wir ein Grundgesetz haben und worum es darin so geht.