Von der subtilen Koinzidenz und Kausalität zwischen einem abgebrochenen Flugzeugstart und einem demolierten Klappfahrrad
Es gibt solche Tage, an denen geht nicht nur alles schief, sondern auch alles wirkt irgendwie surreal. [Update]
Also, die Sache ist die … nein. Falsch. Falsch angefangen. So kann man diese Story nicht anfangen. Weil es um zwei Sachen geht, oder eigentlich um drei.
Die erste Sache: Das Taxikartell
Die erste Sache ist die, dass es auf Zypern, eine … naja, Taximafia wäre vielleicht zu hart und zu wenig diplomatisch, sagen wir mal ein Taxikartell gibt, und – zumindest für Nichtzyprioten und solche, die nach Tourist aussehen – Taxifahren meistens eine ziemlich teure Sache ist. Zwar haben alle zugelassenen Taxis – genau wie in Deutschland – einen geeichten Taxameter. Das interessiert aber keinen. Entweder wird er gar nicht eingeschaltet, oder der angezeigte Betrag einfach übergangen und ein Phantasiebetrag genannt oder der Preis vorher ausgehandelt. Wenn man dann fragt, warum das nicht nach Taxameter geht, gibt es irgendeine Ausrede. Weil man das Taxi gerufen hat. Weil das Taxi erst anfahren musste. Weil Sonntag ist. Weil Nacht ist. Weil es zum Flughafen geht. Weil sie davon nicht leben könnten. Weil die Steuern so hoch sind. Irgendwas.
Das führt dazu, dass man – zumindest als Ausländer – für die 15 oder 20 Minuten Taxifahrt vom Flughafen in die Stadt oder umgekehrt je nach Auslastung, Verhandlungsgeschick und Feilschausdauer zwischen 30 und 55 Euro zahlt. Was doppelt absurd ist, denn oft sind die 15 Minuten Taxifahrt in die Stadt für mich teurer als das Flugticket für 3,5 Stunden Flug von Deutschland aus. Und zweitens, weil ich außerhalb der Saison, wenn die keiner mietet, schon – allerdings gut gebrauchte, ältere – Mietwagen ab Flughafen für 70 Euro die Woche bekommen. Eine ganze Woche Mietwagen samt An- und Abfahrt vom Flughafen ist zu manchen Zeiten billiger als das das Taxi nur vom und zum Flughafen.
Deshalb fahre ich natürlich bevorzugt Bus. 2 Euro pro Fahrt, Umsteigen nicht in begriffen, mit Umsteigen also 4 Euro. Der Haken daran ist, dass nur die Linie vom Flughafen an die Touristenzeile mit den vielen Hotels gut bedient wird. Die in die Wohngegenden fahren viel seltener und Sonntags teils gar nicht. Fliegt man also sehr früh morgens, spätabends oder am Sonntag, kommt man am Taxikartell praktisch nur mit Mietwagen vorbei. Da ich aber inzwischen ein Auto habe, fällt Mietwagen weg (man könnte argumentieren, dass man den halt trotzdem nimmt, wenn es doch billiger als zwei Taxifahrten ist, aber ich habe auch nur einen Parkplatz.)
Man muss das deshalb bei Flugpreisen berücksichtigen. Ich meide Sonntagsflüge, wenn sie nicht mindestens 30, 40 Euro billiger als unter der Woche sind, und das sind sie selten.
Die zweite Sache: Das Klappfahrrad
Als ich in Berlin noch in der Firma zum Arbeiten war, hatten einige, besonders die Security-Kollegen sehr gut, sehr praktisch, sehr kleine, aber leider auch sehr sauteure Edelklappräder, Brompton und sowas, aus zwei Gründen: Weil man im Berliner ÖPNV für ein normales Fahrrad einen Fahrradfahrschein braucht und sie nicht zu jeder Tageszeit mitgenommen werden dürfen, während ein zusammengeklapptes Klapprad als normales Gepäck gilt, also immer geht und nichts extra kostet. Und weil zuverlässig alle Fahrräder von brauchbarer Qualität auch tagsüber geklaut werden, man man diese Ding schnell und einfach so weit zusammenklappen kann, dass sie im Büro unter den Schreibtisch passen.
Da ich sowas aber nicht brauchte, war mir das zu teuer. Ein Klapprad hätte ich schon gerne gehabt, aber nicht zu dem Preis. Und so begab es sich, dass ich vor ein paar Jahren bei Aldi ein schönes Klapprad („Cyclemaster“) sah, im Angebot, aber nicht schön genug, als dass es jemand hätte haben wollen, also war es als Rausschmeißer deutlich runtergesetzt und damit sehr günstig. Ach, dachte ich, das passt. Nicht so ausgefeilt und klein und tricky zusammenzulegen wie ein Brompton, auch nicht so leicht, aber dafür zu grob einem Zehntel des Preises. Nicht so wahnsinnig klein, Klappscharniere am Rahmen, am Lenker, und an den beiden Pedalen. Und: Ordentliche Qualität. Halt eine einfaches Fahrrad und ohne Dynamo (Batterieleuchten), aber gut und ordentlich verarbeitet, sehr gute Bremsen, Shimano-Kettenschaltung (auch wenn viele schimpfen würden, dass es der billige Shimano-Maasenmarktmüll ist), und fährt sich ziemlich gut und sehr leicht, vor allem in Anbetracht der kleinen 20-Zoll-Räder.
Tolles Preis-Leistungsverhältnis.
Aber, ach.
Ich hatte das Ding vor einigen Jahren gekauft und – keine Verwendung dafür. Ich hatte das nach dem Kauf mal ausprobiert, bin einmal ums Karree gefahren um es zu testen und zu justieren, und seither stand es abwechselnd im Keller und im Gästeklo. Schon ein paar Jahre alt, aber nagelneu. So gut es mir gefiel, es stand mir seit Jahren im Weg. Ein Spaßkauf, für den eigentlich gar keine Verwendung hatte.
Ganz anders dagegen auf Zypern. Mit einem normalen Fahrrad kann man hier wenig anfangen, weil man ein Auto braucht, um aus den Wohngegenden überhaupt rauszukommen, und man erst einmal dahin kommen muss, wo es sich nett radfahren lässt. Deshalb sieht man kaum Radfahrer im normalen Straßenverkehr, obwohl es durchaus ein paar wenige Straßen mit Radweg gibt, weil Radfahren auf Zypern einfach nicht populär ist. Zu anstrangend, weil es auf Zypern rauf und runter geht, oft steil. Und wenn man Fahrrad fährt, dann auch oft nicht mit dem eigenen, denn in den Städten gibt es Mieträder. Habe ich schon einige Male verwendet, so naja. Schwerfällig, einfache Nabenschaltung, oft miserable Bremsen mit wenig oder gar keiner Bremswirkung, und keine Rücktrittbremse. Das kann bergab leicht fragwürdig werden. Die gibt es aber eben nur in den großen Städten. Da, wo es interessant wäre, außerhalb der Städte mit einem Fahrrad rumzufahren, haben sie die nicht.
Es gibt Fahrradgeschäfte, aber wenige und nur mit kleiner Auswahl, weil das Marktsegment eben viel kleiner als in Deutschland ist. Ich hatte da mal ein Klapprad gesehen, aber das war schon verkauft und auch sehr teuer. Ja, sie bekämen irgendwann wieder eines rein, aber sie wissen nicht, wann.
Dabei wäre ein Klapprad für Zypern ideal, weil man einfach mit dem Auto irgendwohin fährt, das Auto abstellt, und dann mit dem Klapprad aus dem Kofferraum die Gegend erkundet oder da lang fährt, wo das Auto nicht hinkommt. Die Wege am Meer entlang oder zu archäologischen Stätten, zum Beispiel. Und weil die Häuser keine Keller haben, bekommt man ein Klapprad auch mal unter der Treppe unter.
Die geniale Idee
Also kam ich unter Aufbringung all meiner Genialität auf folgenden Gedanken:
- Ich habe in Berlin ein schönes, gutes, preisgünstiges, nagelneues Klappfahrrad, das ich dort nicht brauche, und das mir im Weg rumsteht.
- Ich bräuchte auf Zypern ein Klappfahrrad, finde aber kein preisgünstiges und verfügbares.
Also, war die geniale Idee, könnte ich doch zwei Probleme auf einmal lösen, wenn ich das Fahrrad von Berlin nach Zypern schaffe. Die Fluglinie bietet an, ein Fahrrad für 60 Euro mitzunehmen.
Also, dachte ich weiter, das wäre doch ideal für den Fall eines unvermeidlichen Sonntagsflugs, weil ich da normalerweise nicht um eine Taxifahrt zu 30 bis 55 Euro herumkäme. Ich könnte für 2 Euro den Bus zur Touristenzeile nehmen, der auch sonntags fährt, und dann einfach mit dem Fahrrad zur Wohnung fahren. An Gepäck habe ich ja sonst immer nur einen kleinen Rucksack, kann also mit Gepäck radfahren.
Ich müsste also 62 Euro ausgeben, könnte davon aber die eingesparten 30 bis 55 Euro abziehen, hätte also für effektiv rund 10 bis 30 Euro beide Klappradprobleme gelöst.
Heute war der Tag, an dem ich an einem Sonntag fliegen musste und den Plan umsetzen wollte, den ich schon lange bereit hielt.
Aber, ach.
Einchecken
Ich hatte das Fahrrad morgens auch gleich verwendet, um damit zur S-Bahn zum Flughafen zu fahren. Das Fahrrad war heute morgen noch tadellos und fabrikneu in Ordnung, alles bestens. Es sieht zwar mit der langen Lenkerstange und dem niedrigen Rahmen ziemlich beknackt aus – fährt sich aber gut.
Der Ärger ging beim Einchecken los.
Ich hatte neulich mal bei der Sperrgutabgabe gefragt, und die meinten, es gäbe keine Besonderheiten, aber es sei ratsam, das Fahrrad in eine Hülle zu packen. Kein Problem, das Fahrrad ist zusammengeklappt zwar so unförmig, dass man dafür keine passende Tasche bekommt – aber es war eine dabei.
Ich hatte also die Fahrradmitnahme gebucht und kam heute morgen damit zur Sperrgutannahme am BER. „Haben Sie schon ein Label?“ Nein – ich dachte, das bekäme ich bei Ihnen. Nein, nein, hieß es, da müsste ich zuerst an den normalen Schalter zum einchecken, dort bekäme ich ein Label (so ein Aufkleber, wie man sie an Koffer pappt).
Es gibt aber keinen Eincheckschalter, sondern nur noch Eincheckautomaten. Aus denen bekommt man gar nichts raus, solange meinen seinen Koffer nicht auf die Waage gestellt hat. Also das Fahrad mit dem Hinterrad auf die Waage gestellt, das zeigt dann aber Unsinn an. Für das ganze Fahrrad ist da aber kein Platz, die Automaten stehen zu dicht. Also dachte ich, klappe ich es zusammen, dann passt’s. Ich habe mir aber bei dem Versuch, das Ding auf der Waage zwischen den Terminals zusammenzuklappen die Haut am Daumen so eingeklemmt, dass ich seither eine dicke Blutblase am Daumen habe. Und dann lässt einem das Ding nur die Wahl zwischen einem 10-Kilo-Koffer und irgendwas anderem, was nicht passt.
Ich also Personal gesucht, dass dann eine ausgesuchte Scheißegal-Haltung hatte, und gefragt, woher ich denn ein Label bekomme, und schließlich erfuhr, dass es da diese Damen gäbe, die das könnte, aber nur, wenn ich das Fahrrad in einer Hülle hätte. Ich zeigte meine Hülle.
Die Dame meinte dann, also ich sie um ein Label für mein Fahrrad bat, das gehe nicht ohne Hülle. Ich zeigte meine Hülle.
Ja, meinte sie, dann stehe dem nichts entgegen, ich müsste aber die Luft rauslassen. Wegen Druckausgleich.
Scheiße. Ich hatte das Rad gestern abend noch auf 4 bar aufgepumpt, aber keine Pumpe mitgenommen, weil ich auf Zypern schon eine und einen Kompressor habe. Denken die, wir machen Außenspaziergänge im Weltraum? Bei einem Flugzeug geht der Druck nicht unter etwa 0,8 oder 0,7 bar, sonst würde man ja bewusstlos. Wenn der relative Druck im Fahrradschlauch normal schon 4 bar beträgt und das Ding nicht platzt, wenn man über den Bordstein fährt, dann wird das Ding sicher nicht platzen, wenn es im Flieger einen Überdruck von 4,3 bar hat.
Wie fahre ich aber mit dem Rad auf Zypern nach Hause wenn die Luft raus ist? Mir fällt ein, wo Tankstellen sind, und ich habe Autoventile.
Zurück bei der Sperrgutannahme meinten die aber, es reiche, ein bisschen rauszulassen, man müsse die nicht ganz rauslassen und das Rad unbenutzbar machen.
Der Startabbruch
Habe ich so auch noch nicht erlebt: Flieger fährt auf die Startbahn, hat Freigabe, gibt wie üblich vollen Schub und der Flieger rennt los, um zu beschleunigen und zu starten, als – ich habe zuerst nicht darauf geachtet, so nach gefühlten 5 bis 8 Sekunden – der Schub weg ist und der Flieger wie im Leerlauf weiterrollt. Aber nicht Schub-weg-wie-Triebwerk-exlodiert. Sondern wie Pilot zieht alle Schubhebel ganz zurück.
Rollt noch ein paar Sekunden, und bremst dann mit den Bremsklappen runter auf normale Taxi-Fahrgeschwindigkeit und fährt an der nächsten Ausfahrt wieder raus. Man hat so vor dem geistigen Auge gesehen, wie da im Cockpit irgendeine Warnlampe angegangen sein muss, oder ein Flieger im Weg war (man hatte beim Einschwenken noch gesehen, dass gerade einer gestartet war, vielleicht ein Problem mit dem?), und der Kapitän spontan entschieden hat „Das lassen wir lieber bleiben.“
Ich hatte nichts ungewöhnliches bemerkt, außer dass das Flugzeug von der Decke her ganz seltsame Knack- und Rasselgeräusche gemacht hatte. Was mich daran erinnerte, dass ich doch vor einem Jahr erst einige Artikel über die Geschwindigkeiten beim Starten hatte, V1, VR, V2. Heute die praktische Übung dazu, wobei der noch so langsam war, dass der Abbruch gar kein Problem war.
Im typischen Kapitänsgenuschel irgendwas von „minor issue“, „back to the terminal“, „little inspection of our engines“.
Was könnte das sein, was einen Kapitän nach etwa 5 Sekunden den Start abbrechen lässt, während ich auf dem Passagiersitz, Fensterplatz, über der Tragfläche, nichts Ungewöhnliches bemerkt habe?
Ich habe früher schon erlebt, dass man aus einem Flieger wieder raus musste, weil irgendwas nicht in Ordnung war, aber der kam erst gar nicht vom Terminal weg. Der pre-flight-check hatte das ergeben.
Mein Gedanke war, dass diese Triebwerke zweifellos eine umfassende Sensorik und Selbstprüfung haben. Man weiß ja, dass die permanent mit ihrem Hersteller kommunizieren, ob es ihnen gut geht. Da wird im Cockpit wohl eine rote Lampe angegangen sein, dass irgendwas nicht stimmt, und die eben darauf trainiert sein, einen Start abzubrechen, wenn irgendwas rot wird und V1 noch nicht erreicht ist.
Ist ja auch richtig so. Bin ja froh, dass der im Zweifel lieber abbricht.
Nach einer Weile und einem Gewusel von Leute der Technik außen und im Flugzeug hieß es dann, gute Nachrichten, das Problem sei „fixed“, wir müssten jetzt nur noch einen Abschlusstest machen, dann ging’s los.
Dann hörte man, wie im Stand vor dem Terminal die Triebwerke etwas hochfuhren und eine Weile drehten. Mir ist nichts Verdächtiges daran aufgefallen, aber irgendwann meldete sich der Pilot, und meinte, dass wir mit diesem Flugzeug nicht flögen, sondern das nehmen, das gleich nebendran steht. 20 Meter weg. Deshalb müssten wir jetzt alles aussteigen, noch dazu nur durch die Vordertür, um dann mit Bussen zu dem Flugzeug gleich nebendran gebracht zu werden – während die Crew selbst in Warnwesten direkt zum Nachbarflugzeug ging. Anscheinend aber dienten die Busse dazu, uns zurückzuhalten, wenn man ließ uns verblüffend lange in den – immerhin gut geheizten – Bussen warten.
Dann ging es mit dem Ersatzflieger und über 3 Stunden Verspätung los, denn im Gegensatz zum ursprünglich geplanten Flieger, der wohl morgens schon einen Flugabsolviert hatte, musste der Ersatzflieger erst noch enteist werden. Ankunft bei Dunkelheit.
Ich habe beim Aussteigen eine Stewardess (Flugbegleiterin) gefragt, ob sie weiß, was mit den Triebwerken nicht in Ordnung war. Sie beteuerte, dass mit den Triebwerken alles in Ordnung gewesen sei, nur lediglich „a light“ nicht funktioniert habe, irgendein Außenlicht nicht funktioniert habe.
Ich glaube nicht, dass das stimmt, sondern dass die darauf geeicht sind, den Leuten eine möglichst harmlose Erklärung zu liefern.
Was soll es denn am Triebwerk für Lichter geben, außer vielleicht Wartungslicht? Deren Ausfall der Pilot 5 Sekunden nach Vollgas feststellt und abbricht?
Defekte Positionslichter wären übel, aber wie will der das 5 Sekunden nach dem Start bemerken? Zuruf vom Tower? Außerdem sind die meines Wissens redudant.
Und was sollen das für Lichter sein, die man mit dem Laufenlassen der Turbinen bei erhöhter Drehzahl testet?
Meinte die mit „Licht“ vielleicht eine Cockpit-Anzeige? Triebwerk mechanisch schon in Ordnung, aber die Sensorik, Überwachung funktioniert nicht?
Könnte das vielleicht sein, dass die Gas gegeben haben, die Triebwerke auch loslegten, aber im Cockpit keine Drehzahl, kein Öldruck oder so etwas angezeigt wurden, und das beim Gasgeben auffiel?
Hunger
Ich hatte morgens nur einen Apfel gegessen. Eigentlich nämlich hatte ich ein paar Bananen als Proviant mitgenommen, die aber am Flughafen weggeworfen, weil sie mir irgendwie zermatscht und nur noch Sauerei waren. Am Flughafen BER etwas zu essen zu bekommen, ist auch kein so leichtes Unterfangen. Auf Zypern ist das leicht, da gibt es beispielsweise leckere frische Salate, die man mit in den Flieger nehmen kann, obwohl der Flughafen Paphos nun wirklich winzig ist (bessere Toiletten als der BER haben sie auch). Der doch recht große BER bekommt das nicht ordentlich hin.
Also dachte ich mir, ich bestelle mir im Flugzeug was. Nicht billig, aber es geht.
Nun hat das über drei Stunden gedauert, bis wir mit dem neuen Flieger los konnten. Und der Hunger stieg. Ich hatte den Verdacht, dass es da allen so geht wie mir und das Futter gleich weg ist, und habe mir dann im neuen Flieger noch während des Starts ein „Panini mit Huhn (warm)“ bestellt. Die bieten das nämlich seit einiger Zeit an, dass man sich das kalte und warme Essen per Handy über Bluetooth bestellen kann. Die App kennt die Sitzplatznummer, man packt in den Warenkorb, was man will, und schickt das los, und die liefern es dann an den Sitzplatz, sobald die fertig sind.
Aber, ach.
Alle Leute um mich herum bekommen zu essen, als die mit ihrem Verkaufswagen durchgehen, nur ich nicht. Nochmal auf dem Handy geprüft: Ja, ist bestellt. Das Handy zeigt die Meldung an, dass es in der Mache sei und bei nächster Gelegenheit kommt.
Ich warte und warte – und es kommt nichts. (Kennt Ihr noch das Lied „I wart auf mei Taxi und es kummt ned, kummt ned …“?)
Nach zwei Stunden frage ich anlässlich eines Pinkelgangs in der Küche nach. Und sehe dabei, dass auf deren Kassierhandy meine Bestellung mit einer Sitzplatznummer neben anderen auch draufsteht, also angkommen ist. Habe man mir das nicht gesagt, fragt sie. Nein, mir hat keiner was gesagt. Die Leute hätten wegen der Verzögerung alle Hunger gehabt und überdurchschnittlich viel bestellt, und das Essen habe nicht gereicht. Es sei nichts mehr zu essen da.
Ja, aber, sage ich, ich habe doch schon während des Starts, lange vor den anderen bestellt. Warum bekommen die vor mir?
Ihre einzige Antwort: Es ist nicht zu ändern, es ist nichts mehr da.
Anscheinend geht es nicht first come, first serve, sondern die, die persönlich face-to-face bestellen, haben Vorrang vor den elektronischen Bestellungen, weil man denen nicht direkt sagen muss, dass nichts mehr da ist. Und die, die elektronisch bestellt haben, bekommen später, was übrig geblieben ist. Falls was übrig geblieben ist.
Ich sehe ja ein, dass die nicht für jeden was zu essen dabei haben können, um dann darauf sitzen zu bleiben, weil ich ja auch nur selten etwas bestelle und lieber frische Salate vom Flughafen mitnehme, als die pappigen Tüten- und Mikrowellendinger zu essen. Ich hätte ja nichts gesagt, wenn ich einfach zu spät gekommen wäre. Aber ich hatte gleich zu Anfang bestellt.
Ganzer Tag Hunger.
Fahrrad kaputt
Ich kam also mit 3,5 Stunden Verspätung an und finde gleich mein Fahrrad in der Tasche auf dem Sperrgutband. Kurze (zu kurze) Sichtprüfung: Fahrad sieht in Ordnung aus.
Also mit dem Bus zur Touristenhotelzeile am Meer gefahren, ausgestiegen, und auf dem Gehweg angefangen, das Fahrrad in den fahrfähigen Zustand zu versetzen.
Ärgerlich: Am Frontscheinwerfer fehlten Abdeckung und zwei Batterien, die ich morgens noch benutzt hatte, in der Tasche aber nicht fand. Der muss einen Treffer abbekommen haben, was ärgerlich ist, weil es nämlich schon stockdunkel war, und man ohne Frontscheinwerfer nicht fahren kann, aber es geht um gut beleuchtete Hauptstraßen. Reifendruck nach abgelassener Luft noch im fahrbaren Bereich.
Will losfahren – geht nicht. Trete ins Leere.
Die Kette ist vom vorderen Zahnrad, der Antriebskurbel gefallen und hing runter. Kein Problem, das ist schnell behoben. Ich fahre los und alle 5 Meter rutscht die Kette durch oder fällt man nach links, mal nach rechts vom Zahnrad.
Soweit ich das in der Dunkelheit erkennen konnte, aber erst bei genauerem Hinsehen, war das Zahnrad an der vorderen Kurbel verbogen, das muss einen schweren Treffer abbekommen haben und hat einen „Achter“ und irgendwas ist gebrochen. An Fahren nicht zu denken, die Kette rutscht ständig durch oder fällt runter. Man macht damit nur immer mehr kaputt.
Das Dumme daran: Man muss Gepäckschäden immer sofort im Flughafen feststellen und bestätigen lassen. Nur hatte ich das im Flughafen nicht bemerkt, dass das Zahnrad demoliert war, das sieht man erst, wenn man die Kurbel dreht und den Achter im Zahnrad sieht, aber das konnte ich im Flughafen in der Tasche nicht, und weil der Flieger viel zu spät ankam, war da auch niemand mehr.
Was tun?
Doch ein Taxi rufen?
Ach, dachte ich, ich brauche etwas Bewegung, es ist nicht zu kalt, und die gute Seeluft schadet nicht, habe meinen Rücksack an das Fahrrad gehängt und dann das kaputte, aber rollfähige Fahrrad ein paar Kilometer quer durch Paphos geschoben.
Vermutung
Ich weiß nicht, ob das in einem der Flughäfen passiert ist. Ich vermute aber, und mir war da gleich so schummerig in Bezug darauf, dass das in der Hektik des – nicht eingeplanten – Umladens und Umsteigens zwischen den Flugzeugen passiert ist. Die Tasche mit dem Fahrrad irgendwo einklemmt wurde. Die Tasche – heute morgen noch fabrikfrisch – hat einen Schnitt und mindestens ein Loch. Das Rad muss irgendwo eingeklemmt oder getroffen worden sein, und weil beim zusammengeklappten Rad das vordere Zahnrad exponiert ist, ist das wohl drauf gegangen.
Wobei ich da nicht der Fluglinie die Schuld gebe, die verladen das Gepäck ja nicht selbst. Das macht ja alles der Boden-Service.
Mehr statt weniger Probleme
Ich muss mir das morgen bei Tageslicht mal in Ruhe ansehen, was alles kaputt gegangen ist, und ob eine Reparatur in Verhältnis zum Gebrauchtmarktwert steht. Ich müsste erst einmal herausfinden, wo ich passende Ersatzteile herbekomme, Kurbel mit einem Zahnrad der richtigen Größe, und das nötige Werkzeug. Fahrradwerkzeug habe ich in Berlin, aber nicht hier.
Statt einer Problemlösung habe ich jetzt neue Probleme. Selbst wenn ich ein passendes Ersatzteil in Deutschland auftreibe, kann ich das ja nicht einfach im Rucksack mitnehmen, weil so ein Zahnrad als gefährlich gilt. Das muss ich schicken. Und ich muss auch erst mal genau schauen, ob mehr kaputt gegangen ist, Ritzel, Kette, Werfer, Speichen, … und welches Werkzeug ich brauche.
Man könnte natürlich den Standpunkt einnehmen, dass sich ein Fahrrad nun einmal nicht für die Verladung im Flugzeug eignet. Zumindest nicht in einer Tasche. Für Rennräder gibt es ja Schalenkoffer.
Aber dann sollen sie es nicht anbieten und/oder klar dazuschreiben, wie es zu verpacken ist.
Grrrr.
Nachtrag: Noch in der Luft habe ich eine automatische Mail bekommen, die darauf hinweist, dass ich nach einer EU-Verordnung Fluggastrechte habe, und bei der Entfernung und Verzögerung einen Anspruch auf eine Zahlung von 400 Euro hätte.
Ich habe damit ein Problem. Ich habe das auch schon damals bei der langen Verspätung des Flugs aus Südafrika nicht in Anspruch genommen, weil ich ja gar nicht will, dass die mit einem kaputten Flugzeug fliegen, sondern im Zweifel den Flug absagen und – was sie ja schon teuer Geld kostet – einen anderen Flieger und ggf. anderes Personal beischaffen. Zumal der Betrag auch in keinem Verhältnis zum billigen Ticketpreis stünde.
Im Prinzip müssten sie mir für die Verspätung und den Schaden am Fahrrad (wenn ich ihn rechtzeitig bemerkt hätte) ein Vielfaches des Flugpreises zahlen.
Ich habe da irgendwie Hemmungen, weil sie ja schon Kosten auf sich nehmen um meine Interessen zu wahren, und mir das falsch erscheint, dafür dann noch Geld einzutreiben.
Andererseits ärgert mich der Schaden am Fahrrad, den ich wohl nicht mehr geltend machen kann. Obwohl mir klar ist, dass sie den nicht selbst verschuldet haben, sondern das einer der Bodendienstleister war.
Darüber muss ich nochmal nachdenken.