Auswandern nach Zypern? Warum nach Zypern? Was spricht für Zypern?
Ein Leser fragt an: [Nachtrag]
Zypern
Hallo Herr Danisch,
ich lese regelmäßig ihren Blog und er spricht mich inhaltlich sehr an.
Ich trage ich mich schon eine Weile mit dem Thema “Auswandern” weil Deutschland mir als Nettosteuerzahler immer weniger übrig lässt bzw. mich auspresst wie eine Zitrone mit dem Ausblick “sozialistisch” enteignet zu werden.
Ich habe in Ihrem Blog gelesen, dass Sie nach Zypern ausgewandert sind.
Frage hierzu: Ist es bei Ihnen der türkische oder griechische Teil? Und was sind die Vorteile von Zypern? Immerhin ist man noch in der EU und dafür noch ziemlich nahe an Kriesenherden wie Syrien, Israel, Iran, Irak usw.
Ich bin neugierig weil ich für mich selbst noch ein Ziel suche und vielleicht ist Zypern ja geeignet.
PS: Wie findet man auf Zypern eigentlich am einfachsten eine Wohnung? Vielleicht erst mal zur Miete?
Danke,
Im griechischen Teil. Es gibt aber Leute, die den türkischen bevorzugen, weil der nicht mehr EU ist.
Was für Zypern spricht? Weiß ich nicht. Ich habe mich nicht in einer Auswahl zwischen mehreren Ländern für Zypern entschieden. Als ich in der Corona-Krise aus der Firma ausgeschieden bin, frage mich mein – dann gerade ehemaliger – Chef (jünger als ich, aber Betriebswirtschaftskarriere, deshalb Geschäftsführer) noch, ob ich schon wüsste, was ich jetzt mache. Ich sagte so – halb ernst, halb im Spaß – „Ich mache gar nichts mehr. Ich suche mir jetzt eine schöne Insel, hänge die Füße ins Meer und blogge nur noch…“, ohne darüber nachgedacht zu haben. Wollte eine coole Antwort geben.
Dann kam mir nach ein paar Monaten der Gedanke, dass meine Antwort eigentlich a) richtig und b) schon aus Gründen der Ehre einzuhalten wäre, und ich ja mal anfangen könnte, alle in Frage kommenden Inseln abzuklappern. Eigentlich war mein – naiver – Plan, mir ein paar Jahre Zeit zu nehmen, mir die ganzen Inseln anzuschauen, darüber Reiseblogs zu schreiben, und mir dann in Kenntnis aller Inseln einen Alterruhesitz auszusuchen.
Ich war ja mal auf La Reunion, was mir gut gefallen hat, aber halt doch sehr weit weg ist, und wo man mit Deutsch und Englisch gar nicht weiterkommt, nur mit Französisch (was ich nicht kann, aber mir zur Not noch zutrauen würde, zu lernen, nachdem ich ja geschriebenes Französisch mithilfe von Latein und Englisch in Fragmenten verstehe, jedenfalls besser als mancher Migrant Deutsch nach 40 Jahren in Deutschland, und in den zwei Wochen auf der Insel ja schon ein paar Brocken gelernt hatte). Allerdings gehört La Reunion zu Frankreich, ist damit zwar Teil der EU, und damit leicht zugänglich, weil man als EU-Bürger einfach dahinziehen kann, und jede Menge Franzosen das als Rentensitz nehmen. Schönes Meer. Aber man ist halt doch sehr auf Afrika angewiesen, und wenn das dort dann anbrennt … außerdem fand ich es recht teuer. Und dann doch ein wenig langweilig so auf Dauer. Wäre aber grundsätzlich in Betracht gekommen.
Ich hatte einen Kollegen, der sich ein Haus auf Madeira baut. Soll sehr schön sein, aber auch etwas schroff. Gehört zu Portugal, man muss portugiesisch lernen. Gehört aber auch zur EU. Kenne ich nicht selbst, ich war noch nicht dort. Ist aber auch schon eher klein.
Teneriffa? Ich war mal als Kind da, drei oder vier Wochen nach dem großen Flugzeugunglück mit den beiden Jumbos, die Wracks lagen noch neben der Landebahn. Ich kann mich aber kaum erinnern, nur an die Strände mit schwarzem Sand und den heißen Teide. Wäre aber eine Überlegung wert, gehört zu Spanien. Auch EU. Man muss spanisch lernen. Oder auch Ibizia. Wollte ich mir, ebenso wie Mallorca und Ibiza, mal anschauen, habe ich aber von der Liste der potentiellen Kandidaten gestrichen, weil es diese vermaledeite sozialistische spanische Recht gibt, dass wenn man sein Haus oder seine Wohnung mal verlässt und einfach irgendwelche Penner einziehen und man nicht innerhalb von 3 Tagen die Polizei ruft, die da erst einmal rechtmäßig wohnen, und man sie jahrelang und teuer rausprozessieren muss, um dann sein Wohnung geplündert und zerstört vorzufinden. Gab ja diverse Berichte über Mallorca, wonach vor allem Sinti oder Roma (Zigeuner darf man ja nicht sagen) das als Modell übernommen haben und in Wohnungen, deren Bewohner gerade nicht da sind, einziehen, bis sie rausgeklagt sind, und davon leben, das Inventar zu verhökern. So schön die Inseln sein mögen, sowas kann ich nicht gebrauchen.
Nach Malta wollte ich, und nach Kreta (wo ich von über 10 Jahren schon mal hin wollte und mich bei der ENISA beworben hatte, aber nicht angenommen wurde). Kreta hätte mir sicher auch gut gefallen. Auch Sardinien.
Aber auch Asien. Thailand. Malaysia. Vietnam.
Und so hatte ich mir einige Inseln auf meine geistige Liste gesetzt, die ich besuchen wollte.
Das war mein Plan: Eine lange Liste von Inseln, und die Abklappern, darüber bloggen, und dann auf der bleiben, die mir am besten gefallen hat.
Dass ich zuerst nach Zypern bin, war reiner Zufall.
Ich wusste von Zypern – außer dass es in zwei Teile getrennt ist und einen verlassenen Flughafen in der Grenzzone hat, manche Steuervorteile bieten soll, die aber auch nicht mehr so toll seien, und wo es auf der Landkarte ungefähr liegt, eigentlich gar nichts. Aber das Reiseportal hatte gerade günstige Angebote, und ich dachte mir, irgendwo muss ich ja anfangen, warum also nicht das Mittelmeer von Ost nach West abklappern, und fange im Osten an, Agia Napa.
Und war dann überrascht, dass ich mich in Zypern recht gut bewegen konnte und klar kam. Linksverkehr, aber den kenne ich schon von England, Australien, Neuseeland, Afrika, … Und die Leute sprechen – mehr oder weniger, oft eher weniger – Englisch, weil es mal britische Kolonie war. Die Amtssprache ist zwar griechisch, aber vieles ist doppelt, auch auf Englisch ausgführt. Und viele sagten mir, man brauche kein Griechisch, man käme mit Englisch völlig durch. Auch in den Supermärkten (außer IKEA, die machen nur Griechisch, aber deren Angebot kenne ich ja aus Deutschland) alles doppelt beschriftet. Dazu kommt, dass ich vor über 40 Jahren in der Schule mal Altgriechisch hatte. Es ist zwar lange her, und ich war eigentlich ziemlich schlecht, bin aber trotzdem verblüfft, dass ich immer wieder mal was von geschriebenem Griechisch verstehe, obwohl die Zyprioten einen Lachanfall bekommen, wenn ich sage, dass ich in der Schule Altgriechisch hatte. Die meinen, das tauge zu gar nichts außer Bibel-Lesen. Wäre auch viel zu kompliziert, modernes Griechisch sei viel einfacher. (Besser so, als andersherum.) Hatte dann aber auch so einen Lacherfolg, als ich in Paralimni (Stadt im Osten) fragte, ob Paralimni so heiße, weil es an einem Teilzeitsee liege. Para=neben Limnos=See. Die guckten mich entgeistert an und meinten, darüber hätten sie noch nie nachgedacht (wie ein Frankfurter, der auch noch nie überlegt hat, warum die Stadt so heißt), aber jetzt, wo ich das so sagte … es sei schon schräg, als eingeborener Zypriot aus Paralimni mit Muttersprache Griechisch von einem Deutschen, der vor 40 Jahren in der Schule mal Altgriechisch hatte, darauf gebracht zu werden, warum Paralimni eigentlich Paralimni heißt. Meine Lacher habe ich auch schon gemacht.
Der Knackpunkt kam beim zweiten Zypern-Besuch. Ich war dann im Frühjahr drauf nochmal auf Zypern, diesmal ein Stückchen nach Westen, in Larnaca, weil es gerade a) total außerhalb der Saison, b) scheißkalt und c) deshalb spottbillig war, um mich nochmal umzusehen. Hatte da so ein Aha-Erlebnis. War der ganz-billig-Flug mit nur 10kg Gepäck, weshalb ich einige Sachen aus dem Koffer nahm, weil zu schwer, und die langen Klamotten rausnahm, weil ich dachte, die brauche ich auf Zypern sowieso nicht. Und kam dann nach Larnaka, mit kurzen Hosen und T-Shirt, und es war wirklich scheißkalt. Nachts runter bis 3°C zur tiefsten Temperatur. Sie meinten, sowas hätten sie auch noch nicht erlebt, und letzte Woche (also bevor ich ankam) sei es noch 20°C gewesen. Das war etwas absurd, weil ich auf der Straße in kurzen Klamotten rumlief (hatte ja sonst nichts dabei außer einer Jacke und einer einzigen langen Hose vom Flug), und mir die Zyprioten in dicken Winterklamotten entgegenkamen, und es sonst auf Zypern heißt, die Deutschen seien so verfroren. Habe mir dann aber dort Hosen und Pullover nachgekauft. Und hatte mal einen Tagesausflug nach Paphos unternommen, wo ich eigentlich gar nicht hin wollte, weil es mir zu teuer schien, da stehen zu viele Millionärsvillen. War aber überrascht, dass es da dann warm war und ich eigentlich kurze Hosen und Sonnencreme gebraucht hätte. Hängt mit dem Maritimen Einfluss zusammen. Sie sagten mir, es sei da im Sommer nicht so heiß und im Winter nicht so kalt wie auf dem Rest der Insel.
Und während ich da in Larnaca saß, passierten drei, vier Dinge:
- Der Ukraine-Krieg ging los.
- Deutschland segelte in die Energiekrise.
- Ich fand in der Mailbox eine Abmahnung von Ricarda Lang, weil ich sie dick gefunden hätte.
- Am selben Tag teilte mir mein damaliger Werbedienstleister (Blogwerbung) mit, dass er mich nicht mehr haben wolle, ich mir was anderes suchen solle, obwohl die vorher mit mir Kontakt aufgenommen und gesagt hatten, dass sie mich wollen. Nur waren die in der Zwischenzeit von Ströer aufgekauft worden, und Ströer ist regierungsnah. Außerdem hatte mich Ströer kurz vorher auch schon abzumahnen versucht, weil ich in einem Blogartikel Rezo in Zusammenhang mit Ströer gebracht hatte. Ich hatte aber geantwortet, dass sie wohl ihren eigenen Laden nicht kennen, denn Rezo selbst hatte im Impressum seines Youtube-Channels eine Firma im Impressum angegeben, die Ströer gehört, der Zusammenhang von Rezo und Ströer, und die enge Verbindung von Ströer zur Regierung nachweisbar ist. Rezo hatte ja damals vor der Europawahl 2019 den großen CDU-Zerstörer gemacht, und Ströer ist anscheinend recht SPD-nahe. Und nun lag das auf der Hand, dass ich da aus Regierungskreisen angegriffen wurde, man mir systematisch ein Einkommen nach dem anderen wegzuschießen versuchte. Erst Job. Dann Werbung. Später dann noch Spenden.
Und dann kam ich zurück nach Deutschland und fand dann auch noch die Mitteilung der Staatsanwaltschaft darüber, dass sie ein Strafverfahren gegen mich führen. Und dachte: Jetzt geht der Krieg richtig los. Linke Aktivisten hatten mich ja kurz zuvor sowohl am Arbeitsplatz, als auch in der Wohnung, beim Vermieter, in der Nachbarschaft diffamiert. Und jetzt kommt da noch mehr. (Die Ahnung täuschte nicht, dann wurden ja noch zwei Konten gekündigt.)
Also dachte ich, „jetzt pressiert’s“. Bin dann zum dritten Mal nach Zypern, diesmal Hotel zwischen Limassol und Paphos, habe mir noch einige Wohnungen angesehen, dabei erfahren, dass viele Russen gerade verkaufen, um wegen der Konversionssperre Rubel-Euro noch an Euro zu kommen, umgekehrt Russen, die versuchten, sich aus Russland abzusetzen, versuchten, Wohnungen zu kaufen, die dann aber nicht bezahlen konnten. Ich habe ein Wohnung besichtigt, allerdings zu klein, die eigentlich schon an eine Russin verkauft war, die das Geld auch hatte – aber in Rubel. Die konnte dann nicht in Euro bezahlen, und man bot mir sogar an, den Vertrag zu übernehmen und zu gleichen Konditionen statt ihr die Wohnung zu nehmen, war sogar günstig, aber einfach zu winzig. Man hatte den Balkon verkleidet um damit hilfsweise ein zweites Zimmer zu bekommen.
Deshalb war ich in einem Dilemma: Einerseits wollte ich nicht Gefahr laufen, dass der Ukraine-Krieg zu einem Run auf die Wohnungen führt, die eh schon sehr knapp waren, andererseits nicht zu lange von Deutschland weg bleiben, um gegen einen Strafbefehl vorgehen und mich verteidigen zu können. Zwickmühle. Ich habe dann die nächste Wohnung genommen, die mir brauchbar erschien, um das Ding unter Dach und Fach zu kriegen und schnell wieder nach Deutschland zu kommen.
Ich habe mich also nicht bewusst für Zypern entschieden, sondern aus der Situation heraus gehandelt. Ich hatte das ja schon mal beschrieben also so ähnlich wie im Witz vom Männer- und Frauenkaufhaus. Die einen optimieren, bis es zu spät ist und sie gar nichts haben (eigentlich wie bei der Schraube: Nach fest kommt ab), die anderen nehmen das erstbeste, was passt, und gucken nicht weiter.
Es war letztlich eine von außen getriebene Zufallsentscheidung, weil ich die Kette von Angriffen gegen mich so deutete, dass man mich jetzt komplett vernichten will, und ich sofort einen zweiten Standort brauchte, und Zypern zufällig gerade besichtigt und für brauchbar und Hadmut-kompatibel befunden hatte.
Ein wesentlicher Punkt dabei war, dass Zypern eine Insel ist und nicht dem Schengen-Raum angehört. Man kann hier nicht einfach mal über die grüne Grenze unbemerkt reinfahren und jemanden angreifen oder das Haus demolieren, und wieder gehen. Man kommt hier nur über Hafen, Flughafen oder Grenze rein, und das mit Ausweiskontrolle und Erfassung. Gut, es gibt eine grüne Grenze nach Nordzypern, über die Migranten reinkommen. Aber das auch nur mit Wissen und Willen der Türken, und das muss man auch erst einmal haben.
Heißt: Meine Entscheidung ist nicht auf andere übertragbar, sondern beruht auf subjektiven und individuellen Entscheidungsgründen und Vorgeschichten, und taugt deshalb nicht als Empfehlung. (Dasselbe hatte ich auch schon zur Corona-Impfung geschrieben, und da haben es schon viele nicht kapiert.)
Ich will damit nicht sagen, dass ich mich bei einer Entscheidung in Ruhe nicht für Zypern entschieden hätte – aber dass ich dann einen Vergleich gemacht hätte und den begründen könnte, also allgemeingültige Antworten auf die Frage „Warum Zypern“ gehabt hätte.
Es war halt keine qualifizierte Auswahl-, sondern eine situationsbedingte Dringlichkeitsentscheidung. Deshalb kann ich die Frage „Warum Zypern? Wo ist der Vorteil?“ nicht beantworten, weil mir der Vergleich fehlt. Ich war eben nicht auf Kreta, nicht auf Malta, nicht auf Madeira, nicht auf Mallorca, Ibiza oder Sardinien. Oder: Leser fragen – Danisch weiß es auch nicht.
Beim Immobilienkauf kann man einiges falsch machen, obwohl es im Grunde nicht kompliziert ist. Man muss halt schon einige Häuser und Wohnungen besichtigen, um ein Gefühl zu bekommen und die typischen Mängel kennen und einschätzen können.
Dabei sollte man sich den Gedanken aus dem Kopf schlagen, das von Deutschland aus machen zu können. Das wird nichts. Man muss vor Ort sein, und dann auch schnell sein.
Dann muss man einen guten Solicitor haben, der das alles für einen erledigt. Und wissen, dass das hier alles etwas langsam mahlt, das etwas 2 bis 3 Monate dauert, selbst wenn alles glatt geht.
Grundsätzlich ist das aber für EU-Bürger ziemlich leicht. Man muss einfach ein Haus oder eine Wohnung finden, die einem gefallen. Dazu kann ich aber dann bei Bedarf (nächstes Jahr) nochmal extra was sagen.
Konflikte Syrien/Libanon/Israel
Darüber habe ich – ehrlich gesagt – überhaupt nicht oder zumindest nicht tief nachgedacht, weil ich gedanklich nur beim Ukraine-Krieg war.
Ich bin davon ausgegangen, dass Zypern als EU-Mitglied so verwoben ist, dass man sich zuviel Ärger einhandelt, wenn man es angreift, und die Spaltung griechisch/türkisch zwar für Spannungen, aber für Gleichgewicht und Stabilität sorgt, zumal es die UN-Pufferzone und die britischen Bereiche gibt.
Inzwischen sieht das anders aus, denn Libanon/Iran drohen, Zypern anzugreifen, weil man als Ersatz- und Fluchthafen für Israel fungiert. Und Russland droht, Zypern anzugreifen, weil es britische Gebiete gibt, aber Zypern nicht in der NATO ist, man also die Briten ärgern könnte, weil sie der Ukraine Raketen liefern, ohne damit die NATO angegriffen zu haben. Auf beides wäre ich vor zweieinhalb Jahren nicht gekommen.
Aber: Ich glaube auch nicht wirklich dran. Und beide Bereiche sind mindestens eine Auto-Stunde von hier entfernt.
Um ehrlich zu sein: Ich habe in Berlin ein mulmigeres Gefühl als auf Zypern, denn Berlin drohen sie ja mit Atombomben. Und man darf nicht den Fehler aus dem Kaufhauswitz begehen, vor lauter Optimierungswut und der Suche nach dem Paradies ohne jegliche Nachteile, an dem alles gut und sicher ist, am Ende ganz ohne dazustehen. Bisher konnte mir noch niemand, der mir vorhielt, wie man nur nach Zypern gehen könne, wegen … oder … oder auch … eine bessere Alternative nennen. Oder wie mal irgendeine alte Schachtel im Interview sagte (ich bin mir nicht mehr sicher, wer das war, aber ich glaube, es könnte Brigitte Mira gewesen sein), sie habe zeitlebens auf den Richtigen gewartet, und der sei nie gekommen. Deshalb sei sie sehr froh darüber, in der Zeit des Wartens immer viel Spaß mit den Falschen gehabt zu haben. Man muss aufpassen, dass man sich nicht zu Tode optimiert und am Ende gar nichts hat.
Und schließlich: Ich bin schon zu alt, um noch zu jung zu sterben. Einen Tod wird man sterben müssen. Man wird es nicht schaffen, immer alle Todesursachen vermeiden zu können.
Ich denke da immer an meine Kameras. Die besten Bilder habe ich oft nicht mit der besten, sondern der zweitbesten Kamera gemacht, meiner ehemaligen Besten, wenn ich mir eine neue gekauft hatte. Dann war die alte nicht mehr so heilig, musste nicht vor jedem Kratzer bewahrt werden, und konnte mit an die Front.
Anders gesagt: Das Optimum besteht nicht in höchstmöglicher Sicherheit, weil dann die Vorteile und das Leben zu kurz kommen. Das Leben ist endlich und kurz. Es ist deshalb ein Fehler, immer nur auf größtmögliche Sicherheit und Gefahrlosigkeit hin zu optimieren, weil das Ergebnis dann nicht optimal ist, und man nichts erlebt. Man stirbt dann irgendwann sicher und in Langeweile. So ähnlich wie der, der auf dem Grabstein stehen hat „Er starb gesund.“
Würde ich keine Risiken eingehen, wäre ich nie in Australien im Outback oder in den Seitenstraßen von San Francisco gewesen. Dann käme ich nie aus der Bude raus.
Eine Prise „no risk, no fun“ gehört schon mit rein.
Und um ehrlich zu sein: Erschossen oder in die Luft gesprengt zu werden ist mir eigentlich lieber, als dement oder mit Schlaganfällen in irgendeinem fiesen Altersheim zum Billigtarif dahinzusiechen und einmal die Woche die Windeln gewechselt zu bekommen. Dann ist es halt so. Ich hinterlasse ja niemanden, der von mir abhängig ist.
Die Gefahr, in Berlin von irgendeinem Junkie erstochen oder irgendeinem Suffkopp oder Angeber oder einem Radfahrer auf dem Zebrastreifen über den Haufen gefahren zu werden, sehe ich als höher an. Ich fühle mich auf Zypern deutlich sicherer als in Berlin. Ich werde nicht angepöbelt, nicht überfallen, nicht angegriffen. In Berlin kann man nicht mehr mit einer teuren Kamera herumlaufen. Auf Zypern hätte ich keine Bedenken. Wahrscheinlich könnte ich sie offen im Auto rumliegen lassen, ohne dass was passiert (obwohl man schon kürzlich Jugendliche wegen Diebstählen aus Autos festgenommen hat).
Und ja, die Pendelflüge zwischen Berlin und Paphos werden immer mit Boeing 737-MAX ausgeführt. Ich fliege monatlich 737-MAX. Denn sonst müsste ich nach Larnaca fliegen und von dort mit dem Bus fahren. Das wäre nicht nur viel teurer und würde länger dauern – es wäre in der Summe wohl gefährlich. Und doch wohl nicht so gefährlich, wie in Berlin zu bleiben.
Nachtrag: Ursprünglich wollte ich nach Australien oder Neuseeland. Das hat mir aber dieser Promotionskrach kaputt gemacht, weil man damit auf dem Arbeitsmarkt ganz schlechte Karten hat. Man kommt auch nach Australien praktisch nicht mehr rein, sobald man 50 ist, selbst mit gesuchtem Beruf. Nach Neuseeland wäre ich noch mit 55 gekommen, aber das hat mir die Corona-Krise verhagelt, außerdem hat Neuseeland mit Deutschland kein Sozialabkommen, weshalb man seine deutsche Rente da nur zu einem Teil ausgezahlt bekommt (70% oder sowas), was dort zum Leben nicht reicht.
Thailand wäre noch eine Überlegung gewesen.
Und hätte ich mehr Ruhe und Zeit zur Vorbereitung gehabt, wäre ich womöglich und sogar wahrscheinlich auch nach Dubai, denn in Dubai gefällt es mir recht gut. Da ist auch viel geboten, tolle Veranstaltungen, mächtig was los. Das geht aber nicht als Zweitwohnsitz, da muss man dann schon ganz hinziehen.