Neues zum 737-Absturz in Vilnius
Doch eine technische Ursache? Zumindest kommt man der Sache näher und zu plausiblen Erklärungen für das Flugverhalten.
Es hieß doch, die in Vilnius abgestürzte 737 hätte einen „Stall“ (Strömungsabriss) erlitten und sei über die rechte Tragfläche weggekippt und abgestürzt. Der erklärt nun im Video, dass man laut eines Fotos der Trümmer einen hydraulischen Aktuator (also so ein Verstellzylinder, wie man ihn von Kränen kennt) gefunden habe, der für die Landeklappen an der Vorderkante der Tragflächen zuständig ist. Vielleicht habt Ihr das schon mal beim Urlaubsflug gesehen, dass bei manchen Flugzeugen nicht nur hinten die Landeklappen ausfahren, sondern auch vorne, und das so aussieht, als würde sich die Vorderkante der Tragflächen nach unten neigen, nach unten kippen. Damit bekommt die Tragfläche im ganzen mehr Wölbung, und damit mehr Luftwiderstand, aber auch mehr Auftrieb und das auch bei geringeren Geschwindigkeiten, passt sich also für die Verhältnisse bei der Landung an, damit man langsamer fliegen kann – ohne einen Strömungsabriss zu bekommen.
Und dieser Aktuator, den man da gefunden hat, war eingefahren, obwohl er in dieser Phase des Anflugs (kurz vor der Piste) voll ausgefahren hätte sein müssen.
Und er erklärt auch, dass man die nicht separat steuert, sondern die automatisch ausfahren, wenn man die normalen Landeklappen ausfährt oder wenn das Flugzeug eine Stall-Gefahr erkennt und der entgegenzuwirken versucht.
Entweder also hätten die Piloten vergessen, die Landeklappen auszufahren, oder es gibt eine technische Ursache. Das muss man jetzt über die Auswertung der Recorder klären.
Immerhin aber würden die nicht ausgefahren Klappen erklären, warum das Flugzeug im langsamen Landeanflug einen Strömungsabriss bekam und nach rechts über die rechte Tragfläche wegkippte, und in Bodennähe dann auch keine Reaktionszeit mehr blieb.
Vielleicht waren die auch nur auf der einen Seite oder nur Teile der Klappen nicht ausgefahren, was das asymmetrische Verhalten gut erklären könnte. Soweit ich weiß, kann der Pilot die Klappen nicht einseitig ausfahren, da gibt es nur einen Stellhebel für alle.
Natürlich mal unterstellt, dass sich der Aktuator nicht nachträglich durch den Aufprall verstellt haben kann, aber das sähe wohl anders aus. Aber das ist ein sehr plausibler Ansatz und ein Hinweis auf eine plausible Ursache. Andernorts hieß es, die Piloten seien übermüdet und verspätet gewesen. Könnten sie einfach vergessen haben, die Landeklappen auszufahren? Unwahrscheinlich. Ich weiß es zwar nicht, aber ich würde erwarten, dass das Flugzeug sehr deutlich plärrt und die Piloten beleidigt, wenn man das vergisst. Es könnte aber sein, dass es ein technischer Defekt war, und sie vielleicht etwas übersehen haben, was ein wacher Pilot bemerkt hätte. Es gibt ja Verfahren für den Anflug, wenn die Klappen nicht funktionieren. (Obwohl ich mich zu erinnern glaube, dass es mal einen Fall gab, in dem ein Jumbo beschädigte Tragflächen hatte, deshalb die Klappen nicht mehr ausfahren und zwar noch fliegen, aber nicht mehr langsam fliegen und landen konnte und die Piloten schon wussten, dass sie das nicht überleben werden. Man hatte noch irgendwas mit Wasserung auf dem Meer überlegt, aber irgendwie ging das dann wohl auch schief.)