Ansichten eines Informatikers

Anmerkungen zum Rudel und Gehirn

Hadmut
6.1.2025 13:24

Nur ein Detail, aber passt exakt ins Bild. [Nachtrag]

Ich schreibe doch so gerne und seit Jahren darüber, dass mir auf den vielen linken und feministischen Veranstaltungen immer wieder auffiel, bei mir immer wieder der Eindruck entstand, als fehlte denen – funktional oder organisch – ein Teil des Gehirns. Die Ratio. Als wären die von Sinnen und würden irgendeiner durchgeknallten Sekte huldigen.

Dann hatte ich daraus gefolgert und beschrieben, dass es zwei Betriebsarten des Gehirns geben muss, einen rational arbeitenden Einzelgängermodus, der vor allem bei Männchen zu beobachten ist, und einen sozial arbeitenden Rudelmodus, in dem dem Leithammel blind gefolgt und das Denken komplett abgegeben und delegiert wird, und stattdessen nur noch die Rudel-, Sozial- und Hierarchiemechanik bedient wird. Und dass man auch unsinnigen Verhaltensweisen folgt, solchen Moden, weil zur Rudelmechanik zwingend die Freund-Feind-Erkennung gehört, also das Erkennen von anderen als Rudelgenossen oder eben als Feinde vom konkurrierenden Rudel. Um dann zu erfahren, dass für ähnliche Überlegungen mal ein Wirtschaftswissenschaftler einen Nobelpreis bekommen hat.

Ich hatte beschrieben, dass Feminismus, Sozialismus, das Dritte Reich, und viele andere Aspekte auf diesem Verhalten beruhen, dass man da diese Rudelmechanismen systematisch aktiviert und ausnutzt, und dass vor allem Frauen in einer bestimmten Weise manipulierbar und ausnutzbar sind, weil sie (und ihr Nachwuchs) aus biologisch-fortpfanzungstechnischen Gründen viel stärker auf das Rudel und seinen Schutz angewiesen sind und deshalb Sozialmaschinen sind, die das Soziale über die Ratio stellen – weil sich das evolutionär so gebildet habe. Offenbar war es ein Überlebensvorteil, und die, die sich kritiklos in ein Rudel einordneten, hatten größere Überlebenschancen als die selbst denkenden Einzelgänger. Womöglich auch, weil rational Denken zuviel Energie verbraucht. Allerdings habe ich neulich irgendwo einen Kommentar gesehen, dass wir heute viel zu viel Energie mit Sozialgedöns verbraten.

Man könnte es als Krankheit unserer Gesellschaft ansehen, dass wir nicht mehr rational und konstruktiv arbeiten, sondern uns nur noch im völligen Sozialkrampf befinden.

Da kommt mir gerade das unter (Vince Ebert schreibt ja auch oft interessante Sachen zum Gehirn):

Das ist das, was ich meine. In einer archaischen Umgebung, und damit würde ich noch nicht mal nur die Steinzeit, sondern die gesamte Entwicklungszeit der Säugetiere meinen, denn das kann man ja auch bei Affen, Rindern, Kanninchen, Erdmännchen usw. sehen, kann der Verbleib in der Gruppe der zentrale Überlebensvorteil sein, der alles andere überdeckt. Ich hatte ja mal diesen Bericht über Goldstumpfnasen, eine Affenart, die gezwungen war, sich an Kälte anzupassen und damit Kooperation und Gruppenkuscheln zu entwickeln, um nicht zu erfrieren. Ich hatte das ja damals in Zusammenhang damit gebracht, dass sich Weiße anders verhalten als etwa Afrikaner, weil man sich in kalten, nordischen Gegenden an den Winter anpassen, vorausplanen, kooperieren muss. In der Kälte funktioniert Einzelgängertum nicht, man erfriert oder verhungert einfach, egal wie intelligent man ist.

Es ist aber nicht nur bei Kälte so. Elefanten können so stark sein wie sie wollen. Sie verdursten, wenn sie nicht der Leitkuh, der ältesten Kuh im Rudel, folgen, weil die – Elefantengedächtnis – weiß, wo man noch Wasserlöcher findet. Man hat uns damals in Nabia einen alten, schwachen, männlichen Elefanten gezeigt, der, obwohl wild, sich in aller Ruhe fotografieren ließ und keinem Rudel mehr zugehörte. Man sagte uns, dass er das Rudel verlassen habe, weil er zu alt sei, dem hohen Tempo des Rudels zu folgen, und deshalb stur in der direkten Umgebung dieses Wasserlochs bleibe, weil er genau wisse, dass er nur noch da überlebe, weil er sonst kein Wasser mehr finde. Deshalb sei das eine sichere Touristenbesichtungsmöglichkeit, denn dieser Elefant bleibe bis zu seinem Tod da an der Stelle, in Sichtweite des Wasserlochs. Den müsse man nicht suchen und finden, der sei immer da. Weil Wasser elementar notwendig ist, und man als Elefant ohne die wissende Leitkuh in trockenen Zeiten kein Wasser mehr findet. Selbes Prinzip.

Und es gibt ja auf Youtube auch einige Experimente zu sehen, schon aus den 1950er Jahren, in denen eine Gruppe Eingeweihter ein unsinniges, seltsames Verhalten zeigt, und neu dazugekommene Propanden das dann ohne vernünftigen Grund nachahmen. Es gibt dieses Video im Fahrstuhl, in dem die Leute nicht wie üblich mit dem Gesicht zur Tür, sondern mit dem Rücken zur Tür und Gesicht zur Rückwand stehen, und Leute, die dazukommen, das nachmachen. Oder ein Wartezimmer, in dem alle, wenn ein Gong ertönt, für eine Sekunde aufstehen und sich wieder setzen, als sei es das Normalste der Welt. Probanden machen das mit. Der Brüller: Sie machten es nicht nur sogar dann weiter, wenn sie – vermeintlich – alleine waren und keiner Gruppenkontrolle mehr unterlagen, sondern sie gaben das auch an neu Dazukommene weiter.

Das ist ja der Grund, warum ich Holocaustausstellungen für verfehlt halte, weil die gerne Hakenkreuze und Leichen zeigen, aber nicht die Methoden erklären, und damit letztlich sogar selbst die gleichen Mechanismen nutzen, nämlich die Mustererkennung der Amygdala, die für die Freund-Feind-Kennung und Gefühle wie Angst und Sexualität zuständig ist, also ein zentrales Steuerorgan dieser Rudelmechanik ist.

Dazu kommt dann die „Moral“ und „Gerechtigkeit“, die es objektiv und sachlich ja nicht gibt, und die nach meiner Einschätzung nichts anderes sind als der Druck der unbewussten Teile des Gehirns, sich nach evolutionären Verhaltensweisen und rudelkonform zu verhalten. Letztlich sind Moral und Gerechtigkeit nach meiner Überzeugung nichts anderes als evolutionär entwickelte Verhaltensmethoden, mit denen das Rudel am besten über eine Kälte-, Hunger- oder Trockenperiode kommt: Wenn Du etwas zu essen hast, gib etwas ab, dann bekommst Du auch, wenn die anderen haben und Du nicht. Man ersetzt quasi die Vorratshaltung, wie sie Krähen oder Eichhörnchen betreiben, die Futter für den Winter verbuddeln, durch eine Art Schuldverhältnis, durch ein Konto, weil das mit dem Verbuddeln bei Nomaden ja nicht funktioniert.

Man ist dann nicht weit entfernt von einem evolutionären Verständnis von Geld, Schulden, Guthaben, Finanzwirtschaft als einer Art des ortsunabhängigen, mobilen, nomadischen Verbuddelns von Vorräten.

Und man kommt – Überraschung – bei der Informatik und den Wirtschaftswissenschaften wieder heraus: Spieltheorie.

Es gibt in der Spieltheorie Experimente, Spiele, zu Strategien. Das bekannteste und frappierendste ist Tit for Tat, auch als „Wie du mir, so ich dir“ oder „Auge um Auge“ bekannt. Das Spiel lautet: A und B treiben Handel. Sie machen x (x groß, 100 oder höher) Durchgänge, bei denen A und B sich gegenseitig einen Koffer übergeben, ohne dabei sofort zu wissen, ob die jeweilige Leistung (Geld, Ware, …) im Koffer enthalten ist. Das sehen sie immer erst nach dem Durchgang. Jeder kann betrügen, indem er einen leeren Koffer übergibt. Es gewinnt der, der am Ende am meisten (Geld, Ware,…) hat. Nun treten (vom Computer in großer Zahl automatisch durchgespielt) verschiedene Algorithmen gegeneinander an. Bespielsweise einer, der nie betrügt, also immer den Inhalt in den Koffer gibt. Einer, der immer betrügt, also nie den Inhalt in den Koffer gibt. Einer, der es immer abwechselnd macht. Und immer ausgfuchstere Strategien.

Kurioserweise schneidet dabei die Strategie „Tit for Tat“ am besten ab – obwohl sie kein Duell gewinnen kann. Tit for Tat heißt: Beim ersten Durchgang bin ich ehrlich und vertraue dem Anderen, geben also die Ware/Geld in den Koffer. Und ab dem zweiten Durchgang mache ich immer das, was der andere zuvor gemacht hat. Hat der andere mich im vorangegangenen Durchgang betrogen, betrüge ich auch. War er ehrlich, bin ich auch ehrlich. Man spiegelt also einfach immer das Verhalten des anderen aus dem vorangegangenen Durchlauf, und kann so nicht völlig ausgenutzt werden.

Es ist dabei nicht leicht zu verstehen aber: Dieser Algorithmus kann kein Spiel gewinnen, weil er ja nie einen Vorteil gegenüber dem anderen erreicht, sondern immer nur bestenfalls Gleichstand erreicht. Er spielt bestenfalls „unentschieden“.

In einem Turnier der Algorithmen Jeder-gegen-Jeden, in dem alle Kandidaten gegen jeden anderen einmal antreten, gewinnt der am Ende aber in der Gesamtbilanz. Er kann zwar nirgends ein Spiel gewinnen und auch nicht reich werden, aber er kann auch nicht über das Ohr gehauen werden. Lernt man im Informatikstudium, obwohl die Wirtschaftswissenschaftler gerne behaupten, die Spieltheorie sei ihr Ding. (Ehrlicherweise muss man aber sagen, dass das von der Bewertungsfunktion abhängt. Denn wenn man sagt, dass alles – Geld, Ware – immer eine abstrakte Werteinheit sei, also immer nur 1 oder 0 Einheiten in den Koffer getan werden können, ja kein Wert geschaffen wird oder verloren geht. Ein Algorithmus, der kein Spiel gewinnen kann, kann ja auch in der Gesamtbilanz nicht gewinnen, denn es können ja nicht alle anderen weniger als neutral haben, irgendwo muss das ja geblieben sein. Man muss dabei jeden erfolgreichen Handel als Pluspunkt zählen, einen Gewinn machen, weshalb die Strategie auch im Gefangenendilemma verwendet wird, wo ein erfolgreicher Handel für beide Freiheit bedeutet, man also auf +1 für beide, 0 und -1 als Ergebnis eines Durchgangs kommen kann. Sonst würde der Immer-Betrüger gewinnen, weil der keinen Verlust machen kann. Da könnte man jetzt viele Blogartikel darüber schreiben, denn das ist ja normalerweise Stoff für mindestens eine Semestervorlesung.

Also Informatiker würde ich da also vermuten, annehmen, erkennen, dass die Evolution hier über Millionen von Jahren genetische, evolutionäre Algorithmen entwickelt hat, weil ja immer der beste überlebt, und deshalb nicht nur die Kooperation und Rudelverhalten sich herausgebildet haben, weil man damit eben überlebt und sich fortpflanzt, sondern wir auch verschiedene Spielstrategien entwickelt haben, die sich gelohnt haben.

Für die große Masse ist das dann Tit for Tat: Moral, Gerechtigkeit. Geben und Nehmen. Das Gewissen, die Moral im Kopf ist das Ding, was die Evolution gebaut hat und uns sagt: Spiele Tit for Tat. Und: Folge dem Rudel. Befolge die Rudelregeln. Egal was kommt.

Es kann von Vorteil sein, wenn sich dabei eine kleine Zahl von Drecksäcken durch Betrügen Vorteile verschafft, um die Mutation zu begünstigen, und sich amoralisch, wie ein Dieb verhält, oder, wenn man so will, wie der Kuckuck, der sein Ei in fremde Nester legt und den fremden Nachwuchs aus dem Nest wirft.

Es passt aber recht gut in die Evolution, dass Leute den Gruppenzwang und die Rudelmechanik über die Ratio stellen und auch unsinnige Dinge treiben, weil es wichtiger ist, sich in das Rudel einzugliedern, als kritisch zu denken.

Und wir erleben dieser Tage – wieder – eine krankhafte Zuspitzung, Überhöhung dieser Rudel- und Moralmechanismen. Was dann irgendwo auch mit den Holocaust-Ausstellungen zu tun hat, die Hakenkreuze zeigten, aber nicht die Mechanismen erklärten, damit wir lernen, sie zu verstehen, um nicht mehr auf sie hereinzufallen.

Nachtrag: Fällt mir gerade noch so ein: Die Hollywood-Kitsch-Version von Tit for Tat und der evolutionären Entwicklung dieser Erkenntnis als optimale Strategie findet Ihr im „War Games“ von 1983. Auch wenn das ein Unterhaltungsfilm ist und es da um Amerikaner gegen Russen geht: Der Plot zeigt im Prinzip das Verhalten zweier verfeindeter Rudel und einen Computer, der Spieltheorie durchrechnet und nach der optimalen Verhaltensweise, der Spieltaktik sucht und zu dem Ergebnis kommt, dass faires Wohlverhalten die beste Taktik ist.