Ansichten eines Informatikers

Realitätsblindheit durch Umweltwahrnehmung über soziale Interaktion?

Hadmut
11.1.2025 12:11

Mir geht eine Frage durch den Kopf. [Nachtrag]

Eigentlich habe ich die Frage schon ausgiebig beantwortet, aber manchmal knetet das Hirn von selbst an einem Thema weiter.

Ich habe im Blog schon in drei, vier, mehr verschiedenen Zusammenhängen die eigentlich selbe Beobachtung in verschiedenen Zusammenhängen beschrieben: Manche Leute – und ich habe es bisher nur bei Frauen und Mädchen direkt beobachtet, es kommt aber, wenn auch deutlich seltener, auch bei manchen Männern vor – nehmen ihre lebende Umwelt überhaupt nicht über Sinnesorgane, Beobachtung, Einschwätzung, physische Existenz war, sondern allein über soziale Interaktion – und deshalb auch erst dann, wenn es zur sozialen Interaktion kommt.

  • Oft beschrieben: Frauen, die sich gerne an der ausgerechnet engsten Stelle versammeln, etwa im Bahnhof, auf dem Bahnsteig usw., um zu palavern, obwohl jede Menge Platz außenrum wäre, und überhaupt nicht merken, dass sie anderen den Weg versperren, weil sie deren Bewegungsrichtung und Absicht nicht wahrnehmen, und dann urplötzlich in die Wahrnehmung fallen oder sogar einen Schreck bekommen, wenn man „Darf ich mal bitte durch!?“ zu ihnen sagt, und vielleicht noch genervt guckt.
  • Die Frau, die in der Bäckerei hinter mir stand, und bestellen wollte, als der Verkäufer „Der Nächste bitte!“ sagte, obwohl ich direkt vor ihrer Nase stand, aber wohl wegen meiner Schutzwarnjacke in Signalgelb von ihrem Hirn als Arbeiter komplett ausgeblendet und unsichtbar, nichtexistent wurde, und die einen Mörderschreck bekam, als ich mich rumdrehte und sagte „Ich bin erst einmal dran.“ und so etwas sagte wie „Ich habe Sie nicht gesehen“, obwohl ich neongelb unmittelbar und auf nicht einmal Armlänge abstand direkt vor ihrer Nase stand.
  • Das Mädchen im Flugzeug, das mich erst als Person wahrnahm, als ich sie angesprochen habe.
  • Die Linken und Feministinnen auf den vielen Konferenzen, die mir so oft, eigentlich immer vorkamen, als fehlte denen eine Funktion im Hirn, wie so oft im Blog angesprochen.

Und dazu die Sache mit den zwei Betriebszuständen des Gehirns: Rational/Einzelgänger und Sozial/Rudeltier.

Ich hatte irgendwo noch eine Quelle, finde die aber nicht mehr ohne langes Suchen, irgendwo hatte irgendwer festgestellt, dass Deutschland oder unsere Gesellschaft degeneriert, weil wir inzwischen unfassbar viel Energie mit dem ganzen Sozialstress verbraten, was ja auch meiner Beobachtung entspricht: Wir schaffen nichts mehr, wir produzieren nichts mehr, wir bekommen nichts mehr hin, wir sind nur noch permanent auf höchster Drehzahl, um uns mit irgendwem nutzlos auseinanderzusetzen.

Hängt das miteinander zusammen? Oder besser: Wie hängt das zusammen?

Es heißt, ich weiß aber nicht, ob es stimmt, und habe es auch nie ausprobiert, wenn man in Australien unerwartet einer Giftschlange direkt begegnet und in ihrer Angriffsdistanz sei, solle man nicht fliehen, sondern völlig regungslos stehen bleiben, weil Schlangen Statisches nicht als Beute oder Feind erkennen können. Ihr Wahrnehmung sei simpel, sie nähmen ihre belebte Umwelt allein über Bewegungen wahr. Der Informatiker würde sagen, eine Differentielle Wahrnehmung: Man vergleicht das Bild mit dem vorangegangenen Bild. Auch von Säugetieren wie Löwen, Bären und ähnlichem heißt es: Nur nicht wegrennen oder wegdrehen. Über die Fluchtbewegung wird man zur Beute. Bleibt man ruhig stehen, werde man nicht als Beute wahrgenommen (was mir von praktischen Begegnungen mit Löwen in Namibia aber auch schon ganz anders berichtet wurde, anscheinend ist diese Theorie nicht allen Löwen bekannt).

Schafe.

Schafe in Neuseeland.

Rosa Schafe in Neuseeland.

Ich hatte mal in Neuseeland vor einer Schafsfarm angehalten, weil da rosa Schafe standen. Warum sind diese Schafe mit rosa Farbe angesprüht?

Ich habe angehalten, kehrt gemacht bin zurück gefahren, dort eingebogen und in die Gastwirtschaft dort gegangen. Und habe sie gefragt, warum sie ihre Schafe rosa ansprühen. Wozu das gut wäre. Antwort: Sie hätten nicht nur Schafzucht, sondern auch ihre Gastwirtschaft mit Besuchern zu füllen. Sind die Schafe normal, fahren die Leute vorbei. Sind sie rosa, halten die Leute an und kommen rein, um zu fragen, warum die Schafe rosa sind. Was ich denn gerne zu essen hätte. Gut, ich nehme was, wenn ich dafür ihre Schafe fotografieren darf. Antwort: Ich darf, wenn ich verspreche, das Tor nicht offen zu lassen, damit sie nicht rauslaufen können. Deal.

Es ist unerwartet schwierig, rosa Schafe zu fotografieren.

Wobei ich das nur aus schriftstellerisch-dramaturgischen Gründen so sage, denn mit der Farbe hat das gar nichts zu tun (Korrelation/Kausalität). Wenn ich als Fremder, noch dazu mit einem komischen Ding in der Hand, auf ihre Weide komme, durch ihr Tor und auf sie zugehe, dann rennen die Viecher schon aus mehr als 100 Meter Entfernung vor mir ab. Die beobachteten mich von Anfang an argwöhnisch. Keine Chance, auf Foto-Distanz zu kommen.

Weil mir aber auffiel, dass nicht alle gleich vor mir davonliefen, sondern besonders die in einer trichterförmigen Umgebung frontal vor mir, also in meiner Laufrichtung, dachte ich mir, ich probiere eine List. Ich bin nicht direkt auf die Schafe zu, sondern – fast – quer zu ihnen gewandert. So, dass es für sie nach 90° Querbewegung aussehen musste, obwohl es so 80° waren. Ich habe da also eine längere Zick-Zack-Wanderung gemacht, weil ich – wie in der Warteschlange für die Sicherheitsuntersuchung am Flughafen – nicht in Richtung des Zieles, sondern in endlosen Serpentinen quer zur gewünschten Richtung gegangen bin, und deshalb für die Schafe aussah, als würde ich mich nicht auf sie zu bewegen, sondern quer dazu. Hat funktioniert. Die sahen mir in aller Seelenruhe und fressend zu, wie ich mich da bis auf etwa 10 Meter an sie heranarbeitete. Ich war keine Bedrohung mehr, die nahmen mich nicht mehr als Feind wahr, sondern als Weidetier. Als wäre ich vom Fleisch- zum Grasfresser geworden.

Kann es sein, dass es Menschen gibt, vor allem, aber nicht nur Frauen, die so an eine Rudelumgebung angepasst oder so in diese Rudelbetriebsart des Hirns verfallen ist, dass die ihre Umgebung ausschließlich über die soziale Interaktion wahrnehmen?

Ich hatte mehrfach diesen Effekt beobachtet, dass Leute wie vom Schlag gerührt reagieren, wenn ich aus einer bewegungslos-passiven (in der Bäckerei in der Schlange gestanden, im Flieger mit gesenktem Blick regungslos dagesessen, um meinen Film zu schauen) Haltung, vor allem mit abgewandtem Gesicht, ohne Blickkontakt, plötzlich Kontakt aufnahme, mich herumdrehte oder sie anschaute und ansprach, und das in Verbindung mit einer Rüge (ich bin zuerst dran – He, ich schaue hier gerade einen Film!).

Als hätte ich mich vor ihren Augen von einem Möbelstück, von Inventar in ein Monster verwandelt.

Der Punkt daran: Genau das hatte ich ja auch aus Sicht der Sozialfunktionen in ihrem Gehirn getan. Vorher war ich niemand, den sie sozial beachten, wahrnehmen, in ihre Interaktion einschließen mussten, jemand, den man nicht wahrnimmt, ignoriert, Hintergrundmuster. Und dann spreche ich sie – aus ihrer Sicht plötzlich und unvermittelt – an, „So geht’s nicht“, mache soziales Fehlverhalten geltend. Bringe sie in die Situation, soziales Fehlverhalten gegenüber jemandem begangen zu haben, der bis gerade eben sozial noch gar nicht da war.

Oder aus Hirnsicht: Jemand beschwert sich über die Verletzung des Rudelverhaltens, der bis gerade eben noch gar nicht Teil des Rudels war.

Die Reaktion ist dann auch fast immer dieselbe: Erst Schreck und Entsetzen, dann Trotz: Das könne man auch anders sagen, der Ton.

Ach, bitte, Sie treten mir zu nahe, und verlangen dann noch, dass ich mit süßem Ton und Zuckerguss reagiere? Warum fragen Sie mich vorher nicht, ob es mich stört, wenn Sie rauchen und mir das unter die Nase halten?

Typisches Raucherphänomen. Völlig rücksichtslos, qualmen andere zu, und nicht selten so, dass sie ihre Zigarette, die sich nicht mal rauchen, sondern nur in der Hand halten, so von sich weg halten, dass sie (oder ihr Gesprächspartner, wenn sie einen haben) den Rauch nicht abbekommen, es sie aber nicht stört, dass sie sie so halten, dass andere das voll abbekommen. Sagt man aber was, und zwar egal, wie, bekommt man Reaktionen wie „Das kann man auch anders sagen!“ (was dann auch nichts gebracht hätte, weil sie nicht reagieren wollen, sondern das nur als Abwehr sehen). Im Prinzip hat man dann deren Rudelprotokolle verletzt, wenn man sich nicht erst mal selbst vorstellt und sagt, dass man hier neu ist und um Änderung des Rudelverhaltens bitten wolle.

Erklärt das solche Phänomene wie Feminismus, Gender-Studies, Geistes- und Sozialwissenschaften, deren ganzes blödes Sozio-Geschwätz?

Sind das vielleicht alles Leute, die ihre Umgebung ausschließlich sozial wahrnehmen, deshalb auch nicht wissen, was Wissenschaft ist, sie nur für ein soziales Gehabe halten, und verzweifelt versuchen, auch Wissenschaftler zu sein, indem sie das Gehabe nachahmen und soziale Anerkennung in Form von Gleichstellung einfordern, weil es deren Gehirn oder dessen Betriebszustand schlicht nicht hergeben zu verstehen, was Wissenschaft ist, weil die in ihrem Sozialzirkus gefangen sind?

Nachtrag: Wie ich den Artikel gerade so geschrieben hatte, und schon in der Küche war, um etwas zu essen zu machen, knetete das Hirn an diesem Gedanken weiter.

  • Ich hatte doch von dem Vorgang in dem Flugzeug mit dem Mädchen und ihrem grotesken Vater erzählt, dass die ständig sozial miteinander kommunizierten. Dass der Vater keine fünf Minuten auf seinem Hintern sitzen konnte, sondern ständig aufstand und sich herumdrehte, um zu allen Mitgliedern seiner Sippe Blickkontakt aufzunehmen, zu feixen, also sozial zu kommunizieren.

    Und dass das Mädchen ebenfalls nicht stillsitzen konnte, sondern alle paar Minuten den Gang entlang kam, um bei ihrem Vater zu sein, zu schmusen, den zu küssen und so weiter. Keine 5 Minuten ohne soziale Interaktion.

    Und ich hatte beschrieben, dass mir der Vater schon beim Einsteigen auf den Wecker ging, weil der quasi permanent die Sozialsirene laufen hatte, ständig grinste, sich extrovertiert und raumgreifend bewegte, ständig auffiel. Dass der keine Ruhe geben konnte.

    Hinsetzen, Klappe halten, Buch lesen ging bei denen nicht. Die mussten ständig interagieren, Blickkontakt, Grinsen, Körperkontakt.

  • Elfriede! Elfriiiiieeeeeede! Haste dat jesehen? Elfriiiiieeeede, komm doch mal her. Elfrieeede, dat muste Dir angucken, schau mal da. Is dat nit toll? Ooooooh, ist daaaas aber schöööön. Herta?

    Ich hatte mal meine Abenteuer auf einer Namibia-Reise beschrieben, wie ich mich darüber ärgerte, dass ich Tiere nicht in Ruhe beobachten und fotografieren konnte, weil wir da mit dem Tour-LKW im Etosha-Nationalpark waren, weil die blöden Weiber ständig quatschen und hin und herwackeln mussten und der LKW permanent wackelte, und man mit langen Brennweiten einfach nicht fotografieren kann, wenn der LKW ständig wackelt, und die auch keine Ruhe gaben.

    Diese Leute waren überhaupt nicht in der Lage, ihre Umgebung – Tiere in Afrika – still und ruhig zu beobachten und wahrzunehmen, sondern waren in einer Endlosschleife aus jede-mit-jeder-Sozialkommunikation und Emotionalsynchronisation gefangen.

    Die konnten nicht anders. Die brauchten ständig die soziale Kommunikation miteinander.

  • Irgendwann hatte ich mal geschrieben, dass ich als Kind bei einer Rumänienreise etwas erlebt hatte, was ich fürchterlich fand. Im Hotel gab es feste Tische, die den Zimmern zugeordnet waren, weshalb man beim Essen immer am selben Tisch saß und immer dieselben Nachbarn hatte. Am Nachbartisch eine Großfamilie am ganz langen Tisch (mehrere zusammengestellt), auch so ein auffälliger Familienvater, der vor jedem Essen von allen am Tisch die Messer einsammelte und mit großem Tamtam, Brimborium und viel Geräusch rituell alle Messer immer paarweise aneinander zu wetzen (und damit kaputt zu machen). Das waren auch so welche, die sich immer in den Mittelpunkt spielen mussten.
  • Ich habe als Kind das Buch „Im Dutzend billiger“ von 1948 gelesen. Die wahre Geschichte der Familie Gilbreth, zwölf Kinder, die mit den seltsamen Anwandlungen ihrer Eltern, Zeit- und Bewegungsmanagementpioniere, die alles optimieren, vor allem des Vaters Frank Bunker Gilbreth klarkommen müssen. Geschrieben von zweien der Kinder. Der Vater im Buch und der Messerwetzer am rumänischen Nachbartisch ähnelten sich frappierend.
  • Ich hatte schon einige Male die dicke Belgierin erwähnt, die mal eine Australienreise zur Hölle gemacht hat, weil die sich nicht für Australien interessierte, sondern diese Reise durch Westaustralien gebucht hatte, weil sie da eine Reisegruppe um sich hatte, die für drei, vier Wochen zwingend zusammenbleiben musste, es kein Entrinnen gab, und die alle behandelte, als wären sie ihr Puppenhaus, den Leuten vorschreiben wollte, wer beim Essen und im Bus wo sitzen darf und muss und wer mit wem zu reden hat oder nicht darf, und die sich permanent in den Vordergrund spielte.

Gibt es Leute mit einem krankhaft übersteigerten Sozialverhalten? Sind das pathologische Fälle?

Sind das Leute, die aus der Rudelbetriebsart nicht mehr herauskommen?

Oder ist es so, dass der Ausfall der rationalen Funktionen, was ich als Eindruck oft beschrieben habe, dazu führen, dass die Sozialfunktionen übermächtig werden?

In der Kriminalpsychologie gibt es den Begriff der „Mangelnden Impulskontrolle“ – ist das im Prinzip dasselbe?