Jette klärt auf
Die Wirtschaftskompetenz der Grünen.
Oder: Die Hafermilchmädchenrechnung.
Zur Einleitung zunächst ein Rückblick.
Die Produktivitätssteigerung
Langjährige Leser wissen, dass ich schon von den Diskussionen erzählt hatte, die ich nach dem Abi im Grundwehrdienst mit einem Schicksalsgenossen gleichen Jahrgangs gelegentlich geführt hatte. Ansonsten ein netter Kerl, aber links wie eine Abbiegerampel. War mein erster Kontakt mit Linken, denn an der Schule waren eigentlich immer alle – bis auf einen, der in der CDU und notorischer Klassensprecher und Frontkasper war – völlig unpolitisch. Ich komme aus einem völlig unpolitischen Bildungsumfeld des Humanistischen und der Naturwissenschaften und Mathematik. Ich hatte mit solchen Leuten vorher nicht zu tun und kannte das nur aus Büchern, 1984, Animal Farm.
Damals nun hatte die SPD die Propaganda getrieben, um die Arbeitszeit von 40 auf 35 Stunden zu senken – natürlich bei vollem Lohnausgleich.
Besagter Grundwehrgenosse war ein glühender Verfechter dieser Forderung, was zu endlosen Diskussionen führte. Dabei fiel mir schon auf, dass egal, was ich sagte, der immer mit schönen Formulierungen und Moralerklärungen Pseudoerklärungen abgab, dabei aber zirkulär argumentierte und vor allem ständig den Standpunkt und die Argumentrichtung wechselte. Egal, wie man es formulierte, der drehte sich sein Weltbild immer so, dass es gerade und nur zu der gestellten Frage passte. Nichts war sinnvoll und konsistent, alles immer nur mit Begeisterungsfloskeln ausgekleidet und er der Überzeugung, dass er immer die besseren Argumente hat, wenn er dabei überlegen-überzeugend grinst. Argumentation durch Mimik. Egal, welches Argument man brachte, der formulierte immer irgendwie um, glitschte einem immer aus, wechselte ständig den Maßstab. Die Wirtschaft würde dadurch ja wachsen und alle profitieren, Gerechtigkeit, blablabla.
Also überlegte ich mir, wie ich den Kerl packen und festnageln könnte. Ansatz: Mathematik.
7*40 = 280 ? Zustimmung. Wenn auch mit Unbehagen, er merkte, dass er da mit Schwafeln nicht rauskommt.
8*35 auch = 280? Wieder Zustimmung, wenn auch widerwillig.
Also, sagte ich, wenn ein Unternehmer 7 Angestellte hat, die jeder 40 Stunden pro Woche arbeiten, dann hat er damit 280 Arbeitsstunden von denen bekommen. Ja …
Arbeiten die aber nur noch jeder 35 Stunden, dann sind es nur noch 245 Stunden. Auch ja. Also muss er einen Achten einstellen, damit es wieder 8*35=280 Stunden sind. Wieder Zustimmung: Das sei der Plan, damit der Achte, der bisher arbeitslos war, nun auch ein Einkommen hat und gut leben kann. Das sei doch gut!
Nun, sagte ich, der Arbeitgeber muss aber nun 8/7 mal so viel, also 114%, zusätzliche 14% Gehalt zahlen, weil er ja nun acht statt sieben volle Gehälter zahlen muss. Wo soll das Geld herkommen? Er müsste ja die Waren verteuern, und damit eine Inflation anzetteln. Die sieben alten Angestellten hätten also nur nominal, als Zahl, dasselbe Gehalt, könnten dafür aber weniger kaufen, würden also von ihrer Konsumfähigkeit also jeder nur einen Anteil an den Achten abgeben, so wie sie ihm Stunden ihrer Arbeit überlassen.
Aber nein, meinte der, denn damit hätte der Arbeitgeber ja auch mehr Kunden. Denn der Achte habe ja jetzt auch Geld und könne einkaufen, womit der Arbeitgeber dann auch 14% mehr Umsatz macht, es also alles wieder stimme.
Das kann er ja nicht, sagte ich, denn es reiche ja nicht, 14% mehr Kunden zu haben, denn was sollte er dem neuen Kunden verkaufen können? Er hat ja nicht mehr Waren, sondern nach wie vor nur 280 Arbeitsstunden, die gerade gereicht haben, um 7 Kunden mit Waren zu versorgen. Er produziert ja nicht aus dem blanken Nichts, mit derselben Zahl von Stunden nunmehr acht statt sieben Fernseher oder Kühlschränke, um auch 14% mehr Waren zu haben.
Wo sollen denn die zusätzlichen Waren herkommen, die der Achte nun auch konsumieren will? Die ganze Zahlen- und Wortakrobatik und die Story vom Geldfluss ändert ja nichts daran, dass die Produktion nicht erhöht wurde und immer noch nur 280 Stunden gearbeitet sind. Geld kann man ja nicht essen. Das, was man dafür kaufen will, müsse ja erst einmal produziert werden, wird es aber nicht, denn es wird ja nicht mehr gearbeitet.
Dann hat er zum ersten Mal überhaupt überlegt und kam dann mit dem Totschlagargument: Die Steigerung der Produktivität.
Die Produktivität steige ja permanent, Maschinen und so, was dafür sorge, dass der Arbeitgeber mit der gleichen Zahl von Arbeitsstunden immer mehr Waren produzieren könne. Also stünden bei gleicher Gesamtarbeitszeit auch mehr Fernseher, Kühlschränke und Brötchen zur Verfügung, die man verkaufen und den zusätzlichen Umsatz erzielen könne.
Es wird einfach unterstellt, dass wir immer produktiver werden, und deshalb immer weniger (=kürzer) arbeiten müssten, um unseren Konsum zu erwirtschaften. Weil Karl Marx das damals bei der Einführung der Dampfmaschine gegenüber einer rein menschlichen Arbeitsweise so beobachtet und aufgeschrieben hatte, und Marxisten glauben, dass das immer so sei und weitergehe, dass die Produktivität durch Maschinen immer weiter steige, die uns die Arbeit abnähmen. Deshalb schwätzen die auch unablässig von Computern, Robotern, KI. Die Dampfmaschinen des 21. Jahrhunderts zur Aufrechterhaltung von Marx’ Theorie.
Das Problem daran: Es stimmt nicht.
Denn auch unsere Ansprüche steigen. Freilich bräuchten wir heute weniger Arbeitsaufwand, um denselben Lebenstandard von 1850 herzustellen. Was der Idiot Marx aber nicht bedachte, war, dass auch die Ansprüche ständig steigen.
Beispiel: Fernseher.
Ein Fernseher von 1950 war noch ein Bastelding. Ziemlich einfach aufgebaut. Im Prinzip konnte man damals einen Fernseher – leichter noch ein Radio – auch noch selbst bauen, was ja auch manche getan haben. Das waren analoge Schaltungen, und im Prinzip konnte man sogar die elektronischen Bauteile dazu noch in einer geeignet ausgestatteten Werkstatt selbst herstellen. Widerstände, Röhren, Kondensatoren und sowas. Das konnte man noch alles verstehen und selbst bauen. Als ich Kind war, gab es noch diese Philips- und Elektor-Elektronikbaukästen, und dabei auch einen (den ich nie bekommen habe, weil zu teuer) mit einer kleinen Bildröhre, mit der man sich ein Oszilloskop und mit Erweiterungskasten auch einen Fernseher bauen konnte. Früher, als Radios, Fernseher und Tonbandgeräte noch Gehäuse aus Holz hatten, klebte innen immer ein Schaltplan auf Papier, den man herausnehmen konnte, damit der Radio- und Fernsehtechniker das Ding durchprüfen und reparieren konnte, wenn es kaputt war. Da ist man noch jedes einzelne Bauelement entlang gegangen und hat mit dem Oszilloskop geprüft, ob das Messbild dem Abdruck des Sollbildes im Schaltplan entspricht.
Heute wäre das aussichtslos, einen digitalen Fernseher selbst bauen zu wollen. Wir bauen keine Fernseher mehr. Wir importieren sie aus Asien. Zwar sind Fernseher heute viel billiger als damals, heute hat man die überall rumstehen, während man sich damals als ganz große Anschaffung höchstens einen pro Familie leisten konnte. Und es werden tatsächlich viel mehr produziert als 1950, weil da die Produktivität steigt. Aber sie steigt mit der Auslagerung nach Asien, wo es keine Mindestlöhne und keine 35-Stundenwoche gibt. Würden wir Fernseher heute noch selbst bauen, wären sie kaum zu bezahlen.
Und während Leute im 19. Jahrhundert noch eine zwei- oder höchsten dreistellige Zahl von Gegenständen besaßen, besitzen wir heute locker fünfstellig Gegenstände. Mir zum Beispiel gehen ab und zu Geräte kaputt, weil ich längst den Überblick verloren habe, worin überall Batterien und Akkus stecken, die ich regelmäßig tauschen oder aufladen muss. Ich besitze mehr Computer als es 1950 weltweit überhaupt gab. Mein Handy würde jedes Rechenzentrum der 1960er und 1970er Jahre locker abhängen. Aber heute will jeder ein Handy haben. Hand aufs Herz: Wieviele Handys habt Ihr zuhause rumliegen?
Selbst wenn die Produktivität steigt, was sie eben nicht kontinuierlich tut, sondern immer nur mit technologischen Sprüngen, führt das nicht dazu, dass wir denselben Lebensstandard mit weniger Arbeit erreichen, sondern höhere Ansprüche an den Lebensstandard stellen. So gab es 1850 keinen Strom, kein Wasser, keine Heizung, kein Klo in der Wohnung. Man brauchte keine Elektriker, keine Klempner, keine Fernsehtechniker.
Jette Nietzard
Liebe Clara, dass steigende Löhne die deutsche Volkswirtschaft in den Ruin treiben, ist eine Lüge, die Konservative seit Einführung des Mindestlohns erzählen. Ich kläre gerne im Thread auf ⬇️ https://t.co/PLaKZhCB4D
— Jette Nietzard (@jetteniz) January 17, 2025
Lohnsteigerungen – insbesondere beim Mindestlohn – führen zu Produktivitätssteigerungen, höheren Staatseinnahmen durch Steuern und einer wachsender gesamtwirtschaftlicher Produktion. Unter anderem bei @boeckler_de nachzulesen: https://t.co/3OsYKG2tq7
— Jette Nietzard (@jetteniz) January 17, 2025
Die – teils politisch getriebenen – Lohnerhöhungen haben den Niedriglohnsektor auf den niedrigsten Stand in diesem Jahrhundert gebracht. Zum Verständnis: der Niedriglohnsektor ist ein maßgeblicher Grund für sinkende Kaufkraft und Binnennachfrage.https://t.co/7ZcjhxU6Y5
— Jette Nietzard (@jetteniz) January 17, 2025
Apropros Binnennachfrage & sinkendes Wirtschaftswachstum: Der Rückgang im BIP ist dort am stärksten, wo Menschen als erstes sparen: -4,4% bei Gastro & Hotel und -2,8% Kleidung. Gleichzeitig sind die realen Tariflöhne auf das Niveau von 2016!!! zurückgefallen.
— Jette Nietzard (@jetteniz) January 17, 2025
Fazit 1: Lohnsteigerungen finden nicht im luftleeren Raum statt, sondern sind durchaus mit Produktivitätssteigerungen verbunden. Gleichzeitig sind Löhne aber – vor allem durch die Inflation – nicht ausreichend gestiegen.
— Jette Nietzard (@jetteniz) January 17, 2025
Fazit 2: Fehlplanungen von Managern (wie bspw. bei VW rund um E-Autos) und den damit ausbleibenden Exporten jetzt Beschäftigten anzukreiden und höheren Löhnen damit eine Absage erteilen, ist einfach arbeitnehmerfeindlich.
Thx for coming to my Ted talk.
— Jette Nietzard (@jetteniz) January 17, 2025
Ich frage mich ja immer, woher diese, solche Leute den Glauben beziehen, dass sie andere über Wirtschaft – oder worüber auch immer – belehren könnten. Wikipedia:
Geboren 1999.
Nietzard studierte Erziehung und Bildung in der Kindheit[2] an der Alice-Salomon-Hochschule Berlin. Im Frühjahr 2022 schloss sie den Bachelor-of-Arts-Studiengang[3] mit einer Arbeit zur Wechselwirkung von Ökonomisierung und Professionalisierung in der frühkindlichen Bildung aus einer kapitalismuskritischen Perspektive ab.[4] Ab März 2022 arbeitete sie mit Geflüchteten, unter anderem als Projektleiterin für das Berliner jugendFORUM 2022 sowie als Leiterin des Projektes UMGeben für 20 Erstaufnahmeeinrichtungen.[5][6] Von Januar bis November 2024 war sie in der Fachstelle Kinder- und Jugendbeteiligung beim Deutschen Kinderhilfswerk in Berlin tätig.[7][5]
Nach eigenen Angaben ist sie seit 2019 in der Partei Bündnis 90/Die Grünen aktiv.[7] Sie ist Mitglied im Kreisverband Berlin-Lichtenberg. Bei der Wahl zum Abgeordnetenhaus von Berlin 2021 trat sie im Wahlkreis Lichtenberg 3 an[8] und erzielte 11,1 % der Erststimmen.[9] 2023 kandidierte sie bei der nächsten Wahl zum Abgeordnetenhaus erneut in diesem Wahlkreis[1] und erzielte 8,9 % der Erststimmen.[10]
Die Frau ist 26, hat nichts Vernünftiges gelernt und in ihrem Leben noch nie ernstlich gearbeitet. Ein Bachelor in kapitalismuskritischen Kindergesängen. Marxistisch-Links bis zum Äußersten. Marx als Pseudostudium verkleidet.
Woher nimmt die die Überzeugung, dass sie mit ihrem Pseudowissen und Witzstudium in der Lage wäre, andere zu belehren?
Und dann dieser Satz:
Lohnsteigerungen – insbesondere beim Mindestlohn – führen zu Produktivitätssteigerungen, höheren Staatseinnahmen durch Steuern und einer wachsender gesamtwirtschaftlicher Produktion.
Was für ein Blödsinn.
Lohnsteigerungen führen zu höheren Produktionskosten und damit zu Produktivitätssenkungen. Für dasselbe Geld kann man dann weniger produzieren, weil man damit weniger Arbeitsleistung kaufen kann.
Und Produktivitätssteigerungen führten, selbst wenn man sie denn hätte, eben nicht zu höheren Staatseinnahmen durch Steuern, sondern zu niedrigeren, weil man dann die Waren ja mit weniger Personal herstellen oder zu billigeren Preisen anbieten könnte.
Tatsächlich führt es – wie man ja täglich lesen kann – dazu, dass man die Wirtschaft abwürgt, weil das – zusammen mit all den anderen Kostensteigerungen und Schikanen – dazu führt, dass ein Betrieb nach dem anderen dicht oder pleite macht oder ins Ausland geht – und dann gar nichts mehr produziert wird.
Und dazu noch auf eine „Studie im Auftrag der Hans-Böckler-Stiftung“ zu verweisen – die dem Gewerkschaftsbund gehört. Da könnte man auch gleich Lenin fragen. Zumal es nicht einmal eine „Studie“ ist. Denn das ist eine Marx-Fatwa, eine Auskunft, was die Theorie dazu sagt. Es gibt zwar als Feigenblatt ein Empirie-Kapitel, aber das ist nicht nur lächerlich kurz, sondern enthält nur Behauptungen über andere Studien, also gar keinen Empiriegehalt. Und dieser akademische Straßenstrichgefälligkeitsdünnschiss ist alles, worauf die ihre Behauptungen stützt. Aber woher will man mit einem Bachelor in frühkindlichem Marxismus auch wissen, was eine „Studie“ ist?
Die Realität ist, dass wird unsere Produktivität nicht steigern, sondern unsere Produktion immer weiter zum Erliegen kommt.
In den 1970er Jahren brauchte man keinen Termin beim Arzt oder für einen Reisepass. Man ging einfach hin, wartete eine Stunde, und kam dran. Fertig.
Heute wartet man Monate – wenn man denn überhaupt einen Termin bekommt und nicht alle verfügbaren Termine ausgebucht sind.
Und warum hätten wir überhaupt einen „Fachkräftemangel“, wenn die Produktivität dadurch steige?
Die Endlosschleife vom Wunder
Im Prinzip ist das genau dieselbe Diskussion, die ich vor 40 Jahren mit besagtem Grundwehrdienstgenossen führte.
Exakt dieselbe Denkweise.
Wir müssen weniger arbeiten, wir können mehr Geld bekommen, weil irgendwo in dieser Gleichung die Wunderkomponente „Produktivitätssteigerung“ auftaucht, das Perpetuum Mobile der Wirtschaft.
Erfunden von Marx, das zentrale Credo der Linken, aber letztlich nur der Schwindel, der die Schneeballsystemschleife rhetorisch aufplustert. Das ganze marxistische Ding beruht immer auf einer Wunderkomponente in der Milchmädchenrechnung – pardon, ich meinte natürlich vegane Hafermilchmädchenrechnung – als wundersame Geldquelle. Dazu natürlich dann noch Schulden aufnehmen und das Geld von den Reichen holen, damit der Zauber funktionieren soll.
Informatiker haben für so etwas seit Jahren zwei Klassiker von Cartoons immer irgendwo an die Wand gepinnt, weil so viele Projekte am selben Problem leiden:
Denn wie sollte die Produktivät auch steigen, wenn die Leute immer dümmer und fauler werden und Geisteswissenschaften oder „frühkindliche Bildung aus einer kapitalismuskritischen Perspektive“ studieren?