Eine Schlange und eine quietschende Blondine
Vom Zaubern.
Ich liebe es ja, mir Zaubertricks anzuschauen, notfalls mehrfach, und mir zu überlegen, wie die die machen, und sie manchmal auch, wenn es kein Equipment oder Assistenten braucht, sondern nur Fingerfertigkeit, sie nachzumachen.
Eine goldene Regel: Viele sagen, man solle seinen Augen nicht trauen. Das ist falsch. Meine Erfahrung ist, dass man den Augen trauen soll und sich genau überlegen, was man gesehen hat – und was nicht, und es in Wirklichkeit der Verstand ist, dem man nicht trauen sollte, weil man nur selten wirklich optisch getäuscht wird, sondern man in den meisten Fällen einfach nur falsche Schlüsse zieht, weil man das Gesehene in seine Alltagserfahrung einordnet. Zaubertricks beruhen meist darauf, das Hirn mit seinen üblichen Schlüssen zu einem unmöglichen Ergebnis zu führen. Und die Herangehensweise ist, stur und strikt bei dem zu bleiben, was man gesehen hat, und von da aus rigoros abzuleiten, was man daraus ersehen und ableiten kann, und was die Realität und Dinge wie Physik, Optik, Geometrie schlicht erzwingen – dann kommt man auch oft drauf.
Und: Niemals nur dahin schauen, wo etwas passiert. Das ist Ablenkung. Vor allem dann, wenn auffällige, hübsche, knapp bekleidete Blondinen im Zaubertrick auftauchen. Blickfänger. Und damit Hirnfänger.
In den Social Media geistert gerade ein Trick herum – bemerkswerterweise sogar von zwei Leuten, die den getrennt voneinander vorführen:
But how? pic.twitter.com/mIPNhTIWVk
— non aesthetic things (@PicturesFoIder) January 24, 2025
Another guy doing the same trick. I have no clue how this is done. pic.twitter.com/bt42XddPPn
— Damon Strong (@DamonStrong) January 24, 2025
Die Gemeinsamkeiten fallen auf.
Beidesmal ein mit Tischdecke abgedeckter Tisch, unter den man nicht gucken kann, und auf dem Getränke usw. stehen.
Beidesmal dieselbe Situation, links der Zauberer, rechts die hübsche Blondine, die auch sofort losquietscht, um für das nötige Drama zu sorgen, und ein Typ, der hintendran steht und scheinbar unbeteiligt zuguckt.
Hütet Euch vor Unbeteiligten, die scheinbar nur zufällig anwesend sind und zugucken, und vor gar zu auffällig bezauberten Mädels. Der Social-Media-Klassiker:
Wow incredible magic. pic.twitter.com/zavy2DlRZj
— ..Rai ji.. (@Vinod_r108) January 24, 2025
Die erste Frage wäre also: Wer gehört überhaupt alles zum Trick dazu? Wird der Blondine etwas vorgezaubert und die Kamera nimmt nur die Blondine auf? Oder ist die eingeweiht, gehört zum Zauberer und nur dazu da, per Kreischen Drama zu erzeugen und auch dem Dummen klarzumachen, dass jetzt ein Zauber stattfand, und das alles nur für die Social Media inszeniert? Spielt der Typ hinter den Beiden irgendeine Rolle?
Meine erste Überlegung war, ob der auf der Unterseite des Armes eine schlauchförmige, hautfarbene Tasche hat, in der die Schlange versteckt ist, aber das passt beim ersten nicht dazu, dass man vorher die Arme von unten sieht.
Also muss die Schlange woanders herkommen. Und die einzige Richtung, die man nicht einsehen kann – ist von unten.
Ist auch die in den Social Media vertretene Meinung: Der Tisch hat ein Loch, und unter dem Tisch sitzt ein Helfer – oder meines Erachtens eine Apparatur – der sowohl die Schlange rauslässt, als auch das Tuch nach unten zieht. Und die Tischdecke hat zwei Schlitze, einen für das Tuch, einen für die Schlange. Weshalb die auch so betont die Hand über die Stelle halten.
Trotzdem: Ich überlege, wie man eine Tischdecke so präpariert, dass sie zwei Schlitze hat, die man im Video nicht sieht. Das müsste dann so ein Mikrofasertuch sein, wie man es von ganz feinen Brillen- oder Monitortüchern kennt.
Es gab einen Screenshot aus dem ersten Video, auf dem es so aussah, als könnte man da zwei Schlitze erahnen. Aber das wurde gelöscht.
Und die Moral von der Geschicht: Glaubt kreischenden Blondinen nicht.
Nachtrag: Mal ganz abgesehen davon, dass man heute auch keinem Video mehr trauen kann, es gibt viele Tricks mit Greenscreen-Technik, in der man Helfer im grünen Anzug hat, die dann einfach rausgerechnet werden.