Autistische Fotografie
Der Gedanke, dass Autisten anders fotografierten, wäre mir jetzt neu.
Interessante Frage also.
Anthony Ryan Schmidt, is a young photographer, His work employs forced perspective to make these models appear life-sized, often blurring the line between reality and illusion. pic.twitter.com/8nt9Brao43
— Visual feast (@visualfeastwang) January 26, 2025
Autisten stehen ja in dem Ruf, sich irgendein Thema, eine Art Hobby, Leidenschaft zu suchen und die dann besessen zu verfolgen. Bei dem waren es wohl die Modellautos und die Fotografie: 11-Year-Old with Autism Finds Outlet with Miniature Car Photography
Nun ist der 17, hat eine Webseite und einen Instagram-Account und ist ziemlich gut darin, seine Modellautos so zu fotografieren, als stünden sie im Origin irgendwo herum.
Fotografisch gesprochen macht der im Prinzip genau das Gegenteil der Miniature-Fotografie. Ihr kennt doch diese Fotos von oben herab, die Echtes zeigen, das aber so klein aussieht wie aus einer Spielzeugeisenbahnlandschaft. Dazu verwendet man Tilt-Shift-Objektive, die eigentlich dafür gedacht sind, die Schärfeebene zu kippen und zu dehnen („Schärfedehnung nach Scheimpflug“), nur eben genau falschherum, damit die Schärfe nicht gedehnt, sondern im Gegenteil massiv verkürzt wird, um die Anmutung enorm starker Makroobjektive zu imitieren. Also: Schärfe stark reduziert lässt Objekte kleiner aussehen.
Und wir wissen: Je größer die Kamera, desto stärker wirkt sich die Unschärfe außerhalb der Schärfeebene aus. Deshalb verwenden Profis gerne Mittelformatkameras. (Nur Laien glauben, es käme nicht auf die Kamera und nur auf den Fotografen an. Denn wenn es auf den Fotografen ankommt und der gut ist, dann weiß der, warum es auf Brennweite, Blende und Sensorgröße ankommt, und welche Kamera er braucht.)
Der nun nutzt die große Schärfentiefe winziger Kameras, nämlich der Handy-Kameras, bei denen nahezu alles innerhalb der Grenzen der Hyperfocaldistanz liegt, die da von ganz nah bis ins Unendliche geht. Die Hyperfocaldistanz ist die Entfernung (abhängig von Blende, Brennweite, Objektiv), auf die man ein Objektiv scharfstellen muss, um einen möglichst großen Bereich bis hin zu Unendlich auf scharf zu haben. Verwendet man eigentlich, um nicht scharf stellen zu müssen, wenn es schnell gehen muss, aber hier dann eben, um von ganz nahe bis ganz fern alles scharf zu haben.
Schöne Idee. Schön umgesetzt. Schöne Bilder.
Die Frage ist: Was hat das mit Autismus zu tun?
Im Video über ihn als 11-jährigem sagt eine Mutter „authistic people are visual thinkers“ – was natürlich den Zusammenhang mit Fotografie nahelegt. Und sie sagt, dass ihm Seiten wie Instagram, auf denen er Fotos publiziert, helfen, mit anderen zu kommunizieren, Freunde zu finden und so weiter. Also, in Termini klassischer Malerei gesprochen, ein Expressionist.
Das ist ein interessanter Aspekt.
Sollte man Autisten eine Kamera und einen Fotokurs anbieten?