Wähle rot und scanne flach
Etwas aus 1932 und etwas aus 2025.
1932
Ein Leser hat mir neulich einen Dachbodenfund geschickt: Eine Ausgabe der A-I-Z, Ausgabe 17 von 1932.
Die Arbeiter-Illustrierte-Zeitung (A-I-Z) war eine von 1921 bis 1933 in Berlin und von 1933 bis 1938 im Prager Exil wöchentlich erscheinende sozialistische Zeitschrift. Begründer und verantwortlicher Redakteur war der deutsche Verleger Willi Münzenberg.
Was nicht ganz stimmen kann, denn im – sogar doppelten – Impressum am Fußende von Seite 24 ist zwar der Verlag „Neuer Deutscher Verlag“, aber als verantwortlicher Herausgeber Hermann Leupold und Josef Wildner angegeben. Es ist schwer, etwas über die Leute herauszufinden, aber soweit erkennbar, hat keiner das Ende von 1945 überlebt. Ich gehe daher davon aus, dass das Urheberrecht abgelaufen ist. Deshalb hier der Scan als PDF.
Es ist verblüffend, wie sich die Themen bis heute ähneln.
Herabsetzung der Preise für alle Lebensmittel und Gegenstände des täglichen Massenbedarfs durch Beseitigung des Zollwuchers und der Umsatzsteuer, Herabsetzung der Wuchertarife für Gas, Wasser, Elektrizität und Verkehr, Freifahrt für alle Unterstützungsempfänger auf den städtischen Verkehrsmitteln.
Heute sind es die Linken, die eben diese Preise hochtreiben.
Arbeitsbeschaffung für die Erwerbslosen durch Bau von Arbeiterwohnungen und Sportplätzen, Badeanstalten, Schulen und Krankenhäusern.
Gar keine schlechte Idee, aber das wäre mit heutigen Linken gar nicht mehr zu machen.
Und: § 218, Abtreibung.
Fleisch ist teurer geworden, Getreide und Kartoffeln! Der Schwindel vom Preisabbau ist geplatzt! Die Löhne sind abgebaut, die Unterstützungen gekürzt worden. Es fehlt das Notwendigste zum Leben. Man kann die schönen Sachen bestaunen, aber nicht kaufen. Und auch der kleine Geschäftsmann muss zugrunde gehen, weil den Arbeiterfrauen das Geld fehlt.
[…]
Die Krankenkassen verlangen 50 Pfennig für den Krankenschein. Aber sie bauen sich prächtige Paläste, die Millionen kosten. (Neubau der Allgemeinen Ortskrankenkasse Berlin.)
Und über die Frau, die rot wählt:
Auf ihrem Weg sieht sie immer wieder mahnende Zeichen des vergangenen – und des kommenden Krieges!
Woher wussten die 1932, dass ein neuer Krieg kommt?
„Hinsichtlich der Frage, ob Japan den Krieg mit der Sowjetunion anfangen soll oder nicht, halte ich es für notwendig, daß Japan gegenüber der Sowjetunion den Weg einer festen Politik beschreitet und bereit ist, jeden Augenblick den Krieg zu beginnen. Das Hauptziel dieses Krieges besteht nicht so sehr in dem Schutz Japans vor dem Kommunismus als in der Beherrschung des Fernen Ostens, der Sowjetunion und Ostsibiriens.“
Das ist das Programm, das sich Japan bei seiner Intervention in der Mandschurei gestellt hat. Diese Zeilen sind einem Dokument entnommen, das die Vertreter der japanischen Militärbehörden während der Kriegsoperationen in der Mandschurei an die japanische Regierung gerichtet haben.
Der Schutz Japans vor dem Kommunismus als Kriegsziel. Stand 1932, sozialistische Zeitung.
2025
Ich dachte mir, das ist zwar allein kein Grund, aber ein hinreichender Anlass, um mir endlich mal einen A3-Flachbettscanner zu kaufen, um das Ding – und einige andere Sachen, die ich noch rumliegen habe – einzuscannen. A4-Scanner habe ich viele, aber A3 kann ich nur mit Tricks scannen: Ich habe einen Einzugsscanner, der dann, wenn man A3 faltet und in eine Plastikmappe mit einem Barcode legt, die Vorder- und Rückseite zu A3 zusammensetzt. Aber nicht gut.
Ansonsten war meine Technik bisher, A3-Dokumente flach auf den Boden zu legen und mit dem Handy im Dokumentenfotomodus abzufotografieren. Geht verblüffend gut – aber nicht wirklich gut.
Meine Wahl fiel auf einen plustec OpticSlim 1180 – was heißt Wahl, es gibt bei A3 nicht viel Auswahl. Der wird in verschiedenen Vergleichstests als sehr gut und trotzdem als der preisgünstigste gelobt.
Aber, ach.
Mir schwante schon etwas, weil in der Beschreibung schon stand, dass die Software nur für Windows und Mac zu haben ist, und der weder bei sane noch bei vuescan in der Kompatibilitätsliste steht. Aber ich habe ja auch noch einen Mac.
Der Scanner an sich ist mechanisch auch nicht schlecht – aber überteuert. Denn eigentlich ist ja nichts dran, vor allem nicht viel mehr als einem A4-Scanner, nur dass eben die Scan-Zeile etwas breiter ist, das Gestänge etwas länger und am Gehäuse ein bisschen mehr Plastik und etwas mehr Glas dran ist. Warum aber ein guter A4-Scanner um die 80 Euro, ein A3-Scanner, an dem technisch nicht mehr dran ist, aber 320 Euro kostet – sei’s drum.
Beim Auspacken: Uääääh. Obendrauf ein sehr hässlicher und großer Aufkleber mit dem Hinweis, dass der nur mit Windows und MacOS läuft. Solche hässlichen Aufkleber stören mich. Sehr. Es war jetzt aber nicht so einer, den man abziehen kann, sondern einer aus Papier, der sich beim Versuch, ihn runterzubekommen, zerlegt und eine riesige, noch hässlichere Fläche aus Papierresten und klebrigem Klebstoff hinterlässt. Was ich unter Aufwendung einiger Küchenpapierbogen und einer nicht unbeträchtlichen Menge von Waschbenzin beheben konnte – aber warum kleben die so einen Scheiß drauf? Warum braucht man Waschbenzin, damit der Scanner dann so aussieht, wie auf den Fotos?
Unter Linux funktioniert er wirklich nicht. sane und vuescan erkennen ihn nicht. Was normalerweise darauf hindeutet, dass der Scanner keinen Prozessor hat und alles, auch das Timing, in der Hostsoftware abläuft.
Wenn es denn wenigstens gut funktioniert hätte. Die vom Hersteller gelieferte Software funktioniert aber nur so leidlich, am unteren Funktionsende, nervt dafür mit einem Vorschaufenster, dass sich hinter dem Hauptfenster hervorschiebt. Man kann zwar Belichtungsschieber einstellen – es hilft aber nichts, man muss dann einen neuen Vorschauscan machen, um die Wirkung abzuschätzen, also unbrauchbar. So etwas wie Schwarz-Weiß-Grau-Festlegung gibt es nicht.
Die Software hat noch mehr macken. Beispielsweise terminiert sie, wenn man ein, zwei Minuten nicht scannt, weil sich der Scanner dann automatisch abschaltet, die Software das aber nicht kapiert und sich beschwert, dass sie die Verbindung zum Scanner verloren hat.
Bessere Software kann man aber wohl auch nicht einsetzen, weil der Scanner unter MacOS nicht unter Drucker & Scanner auftaucht, also kein Treiber installiert wird.
Lausig.
Deshalb ist der Scan auch nicht sehr gut, die Grauabstufung (Gamma-Kurve) ist nicht gut, die Bilder zu dunkel. Ich muss erst einen praktikablen Weg finden, mit dem Ding zu scannen. Ist auch nicht mehr original. Ich habe das mit 600 dpi gescannt, aber nicht nur sieht man die Falten im Papier noch, weil im Deckel eine zwar (endlich mal schwarze statt weiße) Abdeckung eingebaut ist, die aber mit weichem Schaumstoff hinterlegt wird. Das mag manchmal Vorteile haben, aber hier sorgt es dafür, dass auch Druck auf den Deckel mit der Hand nicht (wie bei meinen A4-Scannern) die Falten platt drückt. Außerdem war das Ergebnis dann um die 250 MByte groß. Deshalb habe ich nachträglich die PDF-Datei nochmal ausgepackt, die Bilder auf 50% (also 300 dpi) und JPEG-Qualität 85 reduziert, damit die PDF-Datei eine erträgliche Größe hat. Und weil damit die OCR-Daten verloren gehen, das nochmal durch Tesseract gejagt, was aber auch keine guten Ergebnisse lieferte.
Keine Ahnung, warum Zeitschriften den Scanner so loben.
Es ist mir unverständlich, wie man heute noch einen Scanner anbieten kann, der kein Standardprotokoll spricht oder dokumentiert ist.
Überraschung: Ich fand auf der Produktseite den Hinweis, dass es durchaus einen Linux-Treiber für das Gerät gibt – aber nicht zum Download. „Systemintegratoren“ (was auch immer das sein mag) könnten sich an den Vertrieb wenden. Habe ich mal getan.
Nach ein paar Tagen kam eine Antwort:
Greetings Hadmut,
Thank you very much for reaching out to Plustek, your reliable imaging solutions provider. We are lucky to have you as our customer.
Before sending over the application forms, we would like to get to know more about your business and usage. You can begin by sharing your intended workflows in detail and the types of documents you scan.
We also need your serial number to verify the purchase.
Looking forward to working with you. Talk soon!
Cordially,
Bryan F.
Marketing Strategist, Plustek Inc.
Man möge seinen Workflow beschreiben und genau sagen, welche Dokumente man scannen will.
Einfach so kaufen und benutzen geht wohl nicht mehr.