Die Geisteswissenschaften der TU Berlin
Sparpläne.
Leserzuschrift:
TU Berlin – Wissenschaftssenatorin will Geisteswissenschaften streichen
(Nur mal, falls es Sie interessiert – und die tollen Argumente der Rauch.)
Prof. Dr. Geraldine Rauch reagiert auf Äußerungen von Wissenschaftssenatorin Ina Czyborra und betont Bedeutung der geistes- und sozialwissenschaftlichen Angebote an der TU Berlin
„Berlins Wissenschaftssenatorin hat kürzlich in einem Interview unsere Fakultät I für Geistes- und Bildungswissenschaften als ‚Doppelangebot’ bezeichnet und angedeutet, dass die Fakultät I an der TU Berlin verzichtbar wäre. Hierüber bin ich höchst irritiert.
Erstens ist ein geistes- und sozialwissenschaftliches Angebot mit technischem Kern wichtig, um den Transfer in die Gesellschaft sicherzustellen.
Zweitens werden an unserer Fakultät I die Lehrkräfte ausgebildet, die Frau Czyborra fordert.
Drittens ist an der Fakultät I das Zentrum für Antisemitismusforschung angesiedelt.
Viertens entscheidet die TU Berlin immer noch selbst, welche Fachgebiete und Studiengänge dem Sparzwang zum Opfer fallen müssen – und zwar im Dialog mit unseren Professor*innen und nicht über deren Köpfe hinweg.“
Leider mal wieder ohne Quellenangabe. Die lässt sich aber als Pressemitteilung der TU Berlin finden.
Und nein. Mehrfach nein.
Ein geistes- und sozialwissenschaftliches Angebot ist für eine technische Universität gar nicht nötig oder wichtig. Im Gegenteil sind sie sogar schädlich. Ich war an der „Universität Karlsruhe (TH)“, TH für Technische Hochschule. Wir sind da völlig ohne Geistes- und Sozialwissenschaften ausgekommen. Es hielt sich zwar hartnäckig das Gerücht, dass die Uni irgendwo im Keller, im ehemaligen Karzer, ein paar Geisteswissenschaftler angekettet habe und gelegentlich füttere, weil man die formal brauche, um „Universität“ und nicht nur „Hochschule“ heißen zu dürfen, aber gesehen hat man die nie und von ihnen auch nichts gehört. Fast nichts. Irgendwer sagt mir mal, dass die depressiv seien, weil sie sich nicht mal Bleistifte leisten könnten, während die Informatiker im Geld schwommen. Mir konnte aber niemand sagen, wofür die Bleistifte bräuchten.
Obwohl, doch, einen habe ich gesehen: Es gab da einen Jura-Professor, der da formal in Karlsruhe an die Fakultät gesetzt wurde und bei dem ich Datenschutzrecht gehört habe. Dem gefiel es da aber nicht, der war lieber an einer Juristen-Uni und schickte dann irgendwann nur noch Videokassetten mit Videoaufzeichnungen seiner dort gehaltenen Vorlesungen. Weil es aber zu blöd wurde, dort im Hörsaal vor einem schlechten Monitor zu sitzen, legte man die Videos tatsächlich irgendwann digitalisiert auf einen Webserver zum Download, damit man die zuhause hören konnte – die erste Remote-Vorlesung an der Uni Karlsruhe, ausgerechnet von einem Juristen.
Und über die Fachgebiete und Studiengänge entscheidet, zumindest solange darin Prüfungen abgehalten und Abschlüsse vergeben werden, grundsätzlich der Gesetzgeber und nicht die Universität, weil Prüfungen und Abschlüsse demokratisch legitimiert sein müssen.
Außerdem gebietet es das Grundrecht auf Berufsfreiheit, dass der Staat seine Mittel auch effektiv einsetzt, wenn sie knapp sind, und nicht überflüssige Geistes- und Sozialwissenschaftsangebote finanziert, die sowieso keiner braucht, wenn dafür an anderen Studiengängen gespart werden müsse. Und hieß es nicht neulich, dass die Zahl der Studenten deutlich gesunken sei, seit sich herumgesprochen wird, dass man von dem Sozialkram blöd wird und damit dann nichts verdient?
Die Frage, wozu eine „Technische Universität“ den Sozialquatsch überhaupt braucht, ist eben richtig, wichtig und sogar richtig wichtig. Und einen „Transfer in die Gesellschaft“ betreiben die auch nicht – oder höchstens, wenn sie an der Uni Einrichtung oder in der Mensa Tassen und Besteck klauen oder aus Uni-Geldern fürs Nichtstun bezahlt werden und das Geld raustragen.
Und eine technische Universität kann davon nur profitieren, wenn sie die Schwätzer und damit einen Großteil des linken Gesocks endlich los wird.