Nachruf

Vielleicht etwas verfrüht, aber mir ist gerade danach, einen Nachruf zu verfassen, denn tiefe Trauer erfasst mich schon jetzt.

Sie wird spätestens am Freitag, viel zu jung, im Alter von nur 26 Jahren, dahinscheiden.

Lange habe ich es vor mir hergeschoben, aber es geht einfach nicht mehr. Die Anzeichen von Gicht, Arthritis und beginnender Durchrostung von unten her sind einfach nicht mehr zu übersehen und sie läuft immer weniger rund.

Nach 26 Jahren muss ich mich von meiner treuen Bosch Exclusiv F 1550 A trennen. Meiner Waschmaschine.

Drei Umzüge hat sie mitgemacht, sich nie beklagt, wenn ich ihr die Transportsicherungen angelegt und sadistisch fest angezogen habe, in vier Wohnungen hat sie treu meine Wäsche gewaschen, was auch immer ich ihr zugemutet habe. Auch wenn man einräumen muss, dass das Ende schon früher gekommen wäre, wenn ich nicht Zweitwohnungen gehabt hätte, die sie entlasteten.

Nicht, dass sie grundsätzlich veraltet wäre, sie könnte ihre Aufgaben auch weiter bewältigen. Aber es hört sich immer gruseliger an, wenn sie anfängt zu drehen, weil die Lager und die Dämpfer am Ende sind und sie nicht mehr waschen kann, ohne dass die Trommel bei jeder Umdrehung hörbar anschlägt.

Nie musste ich irgendetwas reparieren (im Gegensatz zur Flurwaschmaschine im Studentenwohnheim damals, wo ich alle zwei Wochen irgendwelche Teile austauschen und irgendwas reparieren musste). Auch wenn die Fernsehwerbung mir ständig einredet, dass Waschmaschinen mit Calgon länger lebten hat sie nie etwas davon bekommen – und trotzdem noch immer den ersten Heizstab. Was vielleicht auch daran liegt, dass ich – entgegen fast aller Ratschläge – kein Waschpulver, sondern nur Flüssigwaschmittel verwende, weil mir mal ein Waschmaschinenservicetechniker sagte, dass das weiße Zeug auf den Heizstäben, das sie im Fernsehen immer zeigten, kein Kalk, sondern Waschpulverrückstände seien.

Außerdem rostet sie. So von unten her.

Ich kam zu der Erkenntnis, dass sich die Reparatur einer 26 Jahre alten Waschmaschine im Vergleich zum Preis einer neuen nicht mehr lohnt. Auch wenn eine neue zahlenmäßig fast soviel in Euro kostet wie meine Alte damals in DM.

Ich wollte es aber auch nicht drauf ankommen lassen, dass das Ding im laufenden Betrieb drauf geht und mir die Trommel im Waschgang aus der Maschine fliegt. Wenn man bei jedem Anlaufen hört, wie die Trommel gegen die Maschine schlägt, weil die Dämpfer ausgeleiert sind, ist das nicht so vertrauenserweckend.

Wisst Ihr, wie schwer es ist, eine neue Waschmaschine zu bestellen?

Man wird zugedonnert mit Features, die man nicht mal versteht, irgendeiner XY-Automatik und App-Anbindung, Bluetooth und NFC und weiß der Geier was für ein Scheiß, aber nichts, was einem konkret weiterhilft. Kryptische Bezeichnungen wie WUU… und WGH… und Serie 4 und 6 und 8, und sie sehen alle gleich aus.

Einfach mal eine Tabelle, in der die Modelle und ihre Eigenschaften gelistet werden, gibt es nicht.

Klar, man kann da auf „Vergleichen“ klicken – das nutzt einem aber nichts, weil die Felder nicht gleichmäßig eingetragen sind. Die eine hat Extraprogramme für Seidenblusen, Unterhosen und Sportswear (warum nicht für schönde Sportbekleidung?), die andere kann laut Vergleich nur waschen, obwohl das Bilder der Maschine eindeutig zeigt, dass auch ihr Programmwähler das alles anbietet.

Die für mich wichtigste Angabe, ob sie einen Metall- oder einen Plastikzuber haben, findet sich nicht. Weil ja das Gerücht geht, dass die Plastikzuber alle nach ein paar Jahren brechen.

Letztlich konnte ich dann nicht viel mehr real existierende Unterschiede ausmachen als das Fassungsvermögen, ob sie Aquastop haben, die Energieklasse, ob sie 1 dB mehr oder weniger Krach machen und den Preis. Alles andere hört sich nach Bullshit an.

Ich hege den Verdacht, dass das ganze Gehampel mit Vergleichen und Kaufberatern und kryptischen Modellbezeichnungen nur dem Zweck dient, verschiedenen Kundenkreisen verschiedene Waschmaschinen mit verschiedenen Bezeichnungen zu verschiedenen Preisen zu verkaufen. Es gibt ja Hersteller, die ihre Maschinen unter verschiedenen Markennamen in verschiedenen Geschäften zu verschiedenen Preiskategorien anbieten, um verschiedene Kundenkreise anzusprechen, obwohl die Kisten alle nur waschen.

Ich kann mich noch erinnern, dass es zu der Zeit, als man noch CD- und DVD-Spieler verkaufte, in manchen Märkten Modelle gab, die man sonst nirgends fand. Irgendwo habe ich dann mal gelesen, dass sich die Marktketten, die große Stückzahlen abnehmen und verkaufen, sich die Standardmodelle mit anderen Bezeichnungen liefern lassen, damit nur sie das Modell mit dieser Bezeichnung haben und der Kunde keinen Preisvergleich durchführen kann. Ich habe den Verdacht, dass die deshalb so viele Waschmaschinen mit unterschiedlichen Bezeichnungen anbieten, damit Billigmärkte billige und Edelmärkte teure Geräte anbieten können, ohne dass die Diskrepanz auffällt und man sich verarscht vorkommt.

Ja, es wird empfohlen, dass sich 1-Personenhaushalte mit einer 5kg-Maschine begnügten, während die 9kg-Maschinen eher für Familien mit zwei Kindern seien. Erst wenn man genau liest, bekommt man den Hinweis, dass auch dem 1-Personenhaushalt die 9kg-Maschine angetragen wird, wenn man auch mal eine Bettdecke waschen will (was ich jeden Frühling und Herbst beim Wechsel mache), und genau dafür die Maschinen eine Erkennung habe, bei kleiner Menge auch weniger Wasser zu verwenden.

Was letztlich gut damit harmoniert, dass sie gar keine 5kg-Maschinen im Angebot haben.

Auf den Multimediaschnickschnack möchte ich gerne verzichten, denn der ist sowieso in spätestens 3 Jahren wieder veraltet und nicht mehr zu gebrauchen. Mir reicht, wenn die vorne ein Fenster hat, durch das ich gucken kann, ich brauche keine Washcam auf dem Browser. Ich wasche nur in Anwesenheit, deshalb habe ich auch keinen Bedarf daran, die Waschmaschine per App von unterwegs in Gang zu setzen oder ähnliches.

Da mir nun also die Lieferung bis spätestens Freitag avisiert wurde, heißt es nun, in tiefer Trauer und so langsam Abschied von meiner alten, treuen Waschmaschine zu nehmen und sie – obwohl noch nicht völlig tot – dem Abdecker zu überstellen.