Ansichten eines Informatikers

„Akadämlich“

Hadmut
29.3.2025 20:01

Über Akademiker im Wandel der Zeit.

N-TV: Wie “akadämlich” ist die Jugend? – “Vor zehn Jahren waren Studierende deutlich leistungsbereiter”

Das Studium ist in Deutschland zur Regelausbildung geworden, aber viele Studierende nehmen das nicht ernst, wie die Professorin für Wirtschaftsrecht Zümrüt Gülbay-Peischard sagt. Ein großer Teil sei faul und arrogant, klagt die Autorin in ihrem Buch “Akadämlich”. Im Interview mit ntv.de erklärt sie, was in Deutschland passieren wird, wenn wir so weitermachen. Ihre Forderung: “Wir brauchen weniger Akademiker”.

Ja.

Die Universitäten, vor allem die Geisteswissenschaften, sind zum Auffangbecken für den Gesellschaftsmüll und den intellektuellen Bodensatz geworden.

Zümrüt Gülbay-Peischard: Zunächst rechne ich nicht mit allen Studierenden ab. Ein Drittel ist gut und ein Drittel hat Potenzial, aber das letzte Drittel gehört eben eigentlich nicht an die Hochschule. Diese Studierenden sind nicht bereit, während ihrer Zeit an der Uni an sich zu arbeiten. Das Studium soll mit dem geringstmöglichen Aufwand erledigt werden, damit sie dann so schnell wie möglich in den Job und die Karriere starten können. Da wundern sie sich dann, wenn sie versagen, weil ihnen bestimmte Fähigkeiten fehlen.

Ja. Zeitgeist. Oft beobachtet. Vor allem bei Frauen oft zu sehen. Die sind alle vom Feminismus so aufgeputscht, dass sie glauben, die Karriere fliegt ihnen von selbst zu. (Manche sind so Ministerinnen geworden.)

Welche Fähigkeiten fehlen ihnen denn?

Erstens selbstverständliche Umgangsformen und Tugenden wie Pünktlichkeit. Jugendliche wachsen zunehmend in einem Umfeld auf, in dem Nachlässigkeiten einfach akzeptiert oder sogar verteidigt werden und in dem ihnen die Eltern alle Probleme aus dem Weg räumen. Auf der Uni müssten die Kinder eigentlich anfangen, sich durchzubeißen und auch mit Frustrationen klarkommen. Aber wir erleben junge Erwachsene an der Hochschule, die nie gelernt haben, dass falsches Verhalten Konsequenzen hat. Zweitens fehlen Studierenden teils die fachlichen Fähigkeiten und Grundlegendes wie Sprachkenntnisse. Klausurtexte sind teilweise schwierig zu verstehen, weil sie so schlecht aufgebaut sind. Dazu sind sie voller Rechtschreibfehler. Drittens sind Studierende heute wenig leidensfähig. Wenn mir Studenten sagen, sie seien nicht in der Lage, in zweieinhalb Monaten Semesterferien 30 Seiten Hausarbeit zu schreiben, dann denke ich mir: Dann müssen sie eben mal die Zähne zusammenbeißen.

Die sind das alle gewohnt, dass die Eltern alles für sie machen und alles von selbst passiert.

Eine typische Situation ist, dass ich darum bitte, dass alle ihre Handys weglegen und sich 90 Minuten auf die Vorlesung und mich konzentrieren und bestenfalls sogar mitarbeiten. Das sollte ich gar nicht erst ansagen müssen. Es funktioniert auch trotzdem oft nicht. Ich habe das Gefühl, das Studium soll für die jungen Leute funktionieren, aber das eigene Leben sonst nicht stören. Aber wir Dozenten sind keine Dienstleister. Ich bin nicht dafür da, Netflix zu ersetzen.

Genau diesen Effekt habe ich auf vielen feministischen Veranstaltungen beobachtet: Da muss alles ohne geistige Anstrengung ablaufen. Sobald man die leiseste Kritik äußert, heißt es sofort „Mansplainer“, „Nazi“ oder sowas. Die reden zwar ständig von sexueller Belästigung, aber tatsächlich wollen sie intellektuell nicht belästigt werden.

Vor 15 bis 20 Jahren haben sich Studierende auch wirklich noch als Bildungselite verstanden. Heute sind Akademiker etwas Selbstverständliches.

Ja.

Wir hielten uns damals nicht nur für eine Elite – wir waren es auch. Besonders in der Informatik, die damals hochkam. Wir waren die Generation, die fachlich besser als die Professoren war und die das richtig toll, richtig geil fanden, uns voll ins Fach zu stürzen und selbst in jeder Minute der Freizeit über Fachliches zu diskutieren und uns auszutoben.

Und solche Leute wie uns musste man loswerden, um die Frauenquote durchzusetzen. Und das sehe nicht nur ich so, das steht auch in der Gender-Literatur: Alle Leistungsanforderungen seien frauenausgrenzend, „Quality is a myth“, weil doch die Männer Spaß daran hätten, sich die Nächte in den Laboren um die Ohren zu schlagen, während für Frauen die „work-life-balance“ wichtig wäre, vulgo: Man darf nichts mehr fordern und können, weil Frauen einfach zu faul dazu sind, und deshalb benachteiligt würden.

Sie glauben, dass wir in einer Bildungsmisere enden werden, wenn wir mit der akademischen Ausbildung als Regelausbildung weitermachen.

Ja, denn wir bilden immer mehr durchschnittlich gebildete Akademiker aus und die wirklich guten werden immer seltener. Am Ende führt das dazu, dass wir keine Topkräfte mehr auf den Arbeitsmarkt bringen, dass weniger Arbeitskräfte innovativ und kreativ sind. Durch die Uni können sich viele noch durchlavieren, aber spätestens am Arbeitsplatz kommt dann nicht die Persönlichkeit an, die man erwartet. Studien aus den vergangenen Jahren zeigen, dass Studienabsolventen immer schneller von ihrem ersten und zweiten Arbeitsplatz gekündigt werden, weil ihnen persönliche und fachliche Fähigkeiten fehlen.

Ja.

Die Universitäten stoßen heute zwar mehr „Absolventen“ aus, aber durch den Qualitätsverfall ist deren Leistung trotzdem niedriger als sie es früher mit wenigen Absolventen auf hohem Niveau war.

Warum?

Im Moment bemisst sich der Finanzhaushalt der Hochschulen an der Anzahl ihrer Studierenden. Deshalb wird keine Hochschule anfangen, darüber nachzudenken, weniger Studenten aufzunehmen.

Das Buch kenne ich noch nicht.

Aber was sie im Interview sagt, stimmt vollumfänglich mit meinen Beobachtungen der letzten 30 Jahre überein.

Man hat die Universitäten auf „Gleichheit“ getrimmt – und jetzt sind (fast) alle gleich blöd. Mit den Leuten, die heute von der Uni kommen, ist kaum noch etwas anzufangen.

Aber man wollte es ja unbedingt sozialistisch haben.