Ansichten eines Informatikers

Fünf Dachdecker und ein Todesfall

Hadmut
10.4.2025 12:48

Der Vollständigkeit halber im Falle des mit einem Baseballschläger erschlagenen Machetenmannes von gestern:

Laut diesem Artikel könnte die Sache in einem entscheidenden Detail anders aussehen: Demnach hätten die Dachdecker in der Bäckerei friedlich Kaffee getrunken, wären von dem alkohol- und drogenabhängigen aufsässigen Angreifer erst beleidigt und dann mit einer Machete angegriffen worden, und hätten den dann verfolgt und gestoppt, weil der mit der Machete hochaggressiv Richtung Schule gegangen wäre, als hätten sie ein Schulmassaker verhindern wollen. Also eher eine etwas aus dem Ruder gelaufene Zivilcourage?

Das hört sich schräg an.

Nun muss man aber wissen, dass ein Mann mit Messer eine äußerst gefährliche Sache ist und selbst gut trainierte Kampfexperten sich auf einen Kampf gegen einen mit Messer nicht einlassen, wenn es nicht unbedingt sein muss. Da gilt dann eher das Prinzip, dass der erste Schlag sitzen muss, um die Gefahr für einen selbst zu begrenzen. Da ist das durchaus sinnvoll und vertretbar nach dem Maß „erforderlich plus Sicherheitsmarge“ anzugreifen. Und wenn der dann mit dem Kopf blöd aufschlägt, war es das.

Es ist ziemlich schwer, zu klären, was in einem solchen Fall überhaupt die „erforderliche“ Gewalt und wie diese dann in dieser Situation zu applizieren wäre.

Je nach Umständen halte ich das für durchaus möglich, vielleicht sogar naheliegend, dass das ein strafloser Fall von Nothilfe war, wenn die annehmen mussten, dass der jetzt in die Schule geht um Kinder zu schlachten.

Selbst wenn man es für übertrieben halten würde: Woher sollten Dachdecker wissen, wie genau man jemanden mit Machete aufhält, ohne ihm ernstlich zu schaden?

Und dann muss man auch die Abwägung vornehmen: Was ist besser? Ein erschlagener Angreifer mit Messer, oder zuschauen, wie er in die Schule geht um Kinder zu metzeln?

Man sollte sich dabei in Erinnerung rufen, dass die Polizei da seit Jahren auch nicht mehr lange fackelt. Ich habe zu meinen Studentenzeiten mal spätnachts gesehen, wie die Polizei in der Karlsruher Fußgängerzone einen Messerheini festgenommen hat. Da hatten die noch einen langen dicken Stock im Auto und haben den damit auf Distanz gehalten und ihm dann eine auf den Arm gedroschen und ihm das Messer aus der Hand geschlagen. Das ist aber lange vorbei. Schon seit Jahren ist zu beobachten, dass die Polizei bei Messerangreifern aus Eigensicherung direkt zur Schusswaffe greift, und das häufig direkt zum Tod des Messerangreifers führt. Da sieht man das als normal und gerechnetfertigt an.

Wenn aber ein Polizist zum Selbstschutz einen Messerangreifer erschießen kann und darf, ohne dass es da noch groß Diskussionen gibt – dürfen dann Passanten nicht ebenfalls mit potentiell tödlicher Gewalt einschreiten, wenn einer – angeblich, das wäre noch zu klären – in Tötungsabsicht mit der Machete in die Schule geht?

Stellt Euch denselben Vorgang mal etwas anders vor. Stellt Euch vor, es wären nicht fünf Dachdecker mit Baseballschläger, sondern ein zufällig vorbeikommender Geldbote gewesen, der den Messerangreifer auf dem Weg in die Schule mit seiner Dienstpistole erschossen hätte. Dann wäre der genauso tot, aber man würde sagen, „wie gut, dass der beherzte und couragierte Mann vorbei kam und ein schlimmes Massaker verhindert hat!“ Man würde ihn in Fernsehen und Politik als Lebensretter feiern.

Merkt Ihr was?

Ein kleines, fast nur subjektives Detail kann den Vorgang völlig anders aussehen lassen und die Handlungsweise der Dachdecker genau gegenteilig erscheinen lassen.

Und es kommt stark darauf an, wie man berichtet, formuliert.