Über Elterngeld und Abwrackprämie
Diese Tage liest man über beides Bedenkliches.
Was mich ja sehr verblüfft hat, war daß die Abwrackprämie “funktioniert”. Und zwar in dem Sinne, daß die Leute neue Autos kaufen. Hätte ich nicht gedacht. Aber anscheinend kaufen die Leute wie die Blöden. Und die Politiker zahlen – wie die Blöden. Inzwischen gibt es schon Warnungen vor dem Verfall der Gebrauchtwagenpreise, aber was macht das schon, wenn die Abwrackprämie vor allem bei den ausländischen Autoherstellern zu Umsatzsteigerungen führt. Nachdem es unserer Autoindustrie ja gerade wohl dreckig geht, können wir ruhig mal die ausländische Konkurrenz ankurbeln. Geld hat unser Staat ja im Überfluß. Erstens durch neue Rekordverschuldung. Zweitens weil sie mich ja als Steuerzahler haben. Wenn ich mir meine monatlichen Abzüge anschaue, wird mir jedesmal bewußt, daß die Abwrackprämie von meinen Steuergeldern gezahlt wird. Jede einzelne.
Zwar heißt es gelegentlich, daß ab einem bestimmten Autopreis die eingenommen Mehrwehrtssteuer die Abwrackprämie wieder herausholt, aber das ist eine Milchmädchenrechnung. Außerdem sind die meisten Abwrackkäufer nur Kleinwagenkäufer, denn in diesen wirtschaftlichen Zeiten dürften nur sehr wenige von einem Altwagen mit Wert unter 2.000 Euro auf einen teuren Neuwagen umsteigen. Außerdem könnte sich das ganze als Trugschluß erweisen, denn wie man so hört, kaufen die Deutschen ohne Sinn und Sachverstand, wenn ihnen irgendwer einen Rabatt oder ein Sonderangebot verspricht. Kennt man ja, wenn MediaMarkt mal wieder eine Filiale eröffnet und ein paar gewöhnliche Sonderangebote raushängt, ist der Andrang so groß, daß nach dem Eröffnungstag erst mal eine Grundsanierung fällig ist. Das könnte leicht darauf hinauslaufen, daß sich zu viele Leute mit dem Autokauf überschuldet haben und dann pleite gehen. Hätte man eigentlich aus den USA lernen können, wo es auch so gelaufen ist. Dort hat man die Autos auch erst zu Dumping-Krediten an Leute verschleudert, die sie sich eigentlich nicht leisten können. Und war dann hinterher höchst entsetzt darüber, daß sie sich die Autos tatsächlich nicht leisten können. Ob das unserer Autoindustrie hilft, wenn sie hinterher auf jeder Menge Zahlungsausfällen sitzenbleibt? Was ist eigentlich besser? 10 Autos nicht zu verkaufen oder 10 Autos zu verkaufen und für 5 das Geld nicht zu bekommen?
Überhaupt, die Abwrackprämie. Eigentlich heißt sie ja Umweltprämie. Weil man – vorgeblich – den Umweltschutz ankurbeln will. Wie es der Umwelt helfen soll, wenn man jede Menge Autos, die eigentlich noch funktionstauglich wären, verschrottet, verstehe ich nicht. Eigentlich hieße Umweltschutz, daß man Autos fährt, bis sie wirklich zusammenbrechen oder auseinanderfallen, damit man für die zu fahrenden Kilometer möglichst wenige Autos herstellen muß, denn die Herstellung belastet die Umwelt ja enorm. Aber wer kann schon die Gedankengänge eines Politikers nachvollziehen? Gestern abend kam im Fernsehen (war es ZDF? Heute-Journal?) ein schöner bissiger Bericht darüber, wie sich bei den Schrottverwertern plötzlich die reinkommenden Schrottwagen stapeln und sie vor lauter Zulauf nicht mehr dazu kommen, die Autos zum Recycling auszuschlachten, sondern sie komplett verschrotten müssen. Wir lernen also, daß Umweltschutz heißt, das Recycling zu unterlassen. Vielleicht sollte ich mich auch mal am Umweltschutz beteiligen und meinen Plastikmüll nicht mehr in die Recycling-Tonne sondern in den normalen Müll werfen und alles schon wegwerfen, bevor es am Ende seiner Lebenszeit angekommen ist. Hach, ich liebe diese Konsum-Variante des Umweltschutzes. Oder könnte es sein, daß uns unsere Politiker wieder mal mit den Bezeichnungen nach Strich und Faden verarschen? Daß es da mehr um den Einfluß der Autoindustrie ging?
In gewissem Kontrast dazu steht das Elterngeld, das wohl im Gegensatz zur Abwrackprämie nicht “funktioniert”. Wo sich unsere Familienministerin wohl schon so sehr im Voraus selbst dafür gelobt hat. Könnte man wohl auch als “Kredit” ansehen, den sich jemand nicht leisten konnte. In einer Zeit, in der es für Eltern ein erhebliches Risiko darstellen könnte, ein Kind zu bekommen und – seien wir mal ehrlich – es nicht so wirklich vielversprechend ist, jetzt gerade auf die Welt zu kommen, haben sich die Eltern im Gegensatz zu den Käufern als nicht so bestechlich erwiesen. Kinder sind auch nicht so wichtig wie ein neues Auto. Zumal das Elterngeld wohl so konstruiert war, daß es die falsche Zielgruppe traf, nämlich die Akademiker zwischen 30 und 40. Die haben heute aber auch keine Zeit mehr und sind zunehmend sowieso Singles. (Aber die Abwrackprämie landete ja auch bei den falschen Autoherstellern, nämlich denen im Ausland.) Wenn man Kinder produzieren will, muß man sich an die intellektuell und sozial niedrigstehenden Bevölkerungsschichten wenden, und vielleicht einfach Pornos in den Fußballhalbzeitpausen zeigen. Oder statt der eh nutzlosen Warnhinweise einfach Sprüche wie “Dumm fickt gut!” auf die Zigarettenschachteln drucken. Das hätte gewirkt. Und sich damit eben auch auf das sprachliche Niveau der “produktiven” Bevölkerungsschichten eingelassen. Die “Umweltprämie” wirkt ja auch erst als “Abwrackprämie”. Also statt “Elterngeld” eher sowas wie “Rammelprämie” oder “Bumszulage”.
Und überhaupt. Das wäre viel besser gekommen, wenn man nicht einfach nur Kinder angepriesen hätte, sondern – wie bei den Autos – die Zahlung damit verbunden hätte, daß man seine Schwiegermutter schon vor Ablauf ihrer Lebenszeit zum Verschrotten hätte geben müssen. Dann wären die Leute auch in Scharen gekommen. Im Heute-Journal hätte man dann Bestattungsunternehmer über den Andrang interviewen können. Und die Rentenkasse hätte es auch entlastet.
3 Kommentare (RSS-Feed)
Die Umwelt könnte von der Abwrackerei profitieren, wenn die Schäden durch die Produktion durch modernere Abgastechnik stark genug kompensiert würden. Theoretisch ausgeschlossen ist dieser Effekt nicht. Aber so schlimm waren die Werte vor 10 Jahren wohl auch nicht, und vor 20 Jahren waren die Autos so leicht, daß weniger verbrauchen, als ein analoger Kleinwagen von heute. Konkret scheitert es also doch.
Und dazu kommt der Vorzieheffekt, der darin besteht, daß sich v.a. die einen Wagen kaufen, die in den nächsten 1-2 Jahren eh einen kaufen wollten. Die heizen also kurz ein, die Autohäuser müssen aufstocken, mehr Autos, mehr Personal, mehr Stellfläche bereitstellen – und wenn dann die Leute alle vorgezogen haben wird der Einbruch umso heftiger – dann kauft 1 Jahr lang fast niemand mehr ein Neufahrzeug.
Und die Werkstätten klagen schon, daß die Altautos denen das Überlegen sichern, und wenn die verschrottet werden bricht nicht nur der Gebrauchtmarkt ein, sondern auch die Werkstätten. Und die Verschrotter werden auch in ein Loch fallen.
Und weil sich gerade herumspricht wie sensationell schlecht die Idee ist – wie sie in jeder Hinsicht mehr als versagt, da wird das ausgedehnt, weil man am Geldabfluß sieht, daß es ja doch irgendwie funktioniert.
Ich würde die Aktion eine “Intelligenzprämie” nennen, weil sie die Intelligenz der beteiligten so gut beschreibt.
Man kann andere Menschen nicht motivieren!
Dieser Spruch von Reinhard Sprenger aus seinem Buch “Mythos Motivation” gilt auch für diese gute Absicht.
Zu dem ganzen Thema habe ich einen längeren Beitrag geschrieben: http://tinyurl.com/d3xuym
Vielleicht waren auch nur die Anreize falsch gesetzt und die 30 bis 40 jährigen Akademiker sollten schon die Zielgruppe sein…
-> http://www.veoh.com/browse/videos/watch/v12000698EAksa4f2