Amerikanisches Recht
Schon mal aufgefallen?
(Eine Meldung im heute journal hat mich gerade darauf aufmerksam gemacht:)
Amerikanische Rechte hat man nur, wenn man Amerikaner ist oder sich auf amerikanischem Boden befindet. Europäer gelten in den USA als völlig rechtlos, Behörden brauchen nicht mal eine richterliche Anordnung für Durchsuchungen und so weiter, weil man ja keine Rechte hat.
Nach amerikanischem Recht strafbar macht man sich überall, schon wenn nur Dollar irgendwie involviert sind, man über amerikanische Server mailt und so weiter.
Die Ausdehung des amerikanischen Strafrechtes ist also weit größer als die der amerikanischen Grundrechte.
14 Kommentare (RSS-Feed)
@Herr Olsen:
> Man hat amerikanische Rechte, wenn man Amerikaner ist ODER sich auf amerikanischem Boden befindet?
Ja.
Das ist ja der Grund, warum die Amerikaner ihre Kriegsgefangenen in Guantanamo internieren oder in Ägypten foltern lassen. Damit die keine Rechte haben, nicht klagen können und keinen Anwalt bekommen. Würden sie nur einen Fuß auf amerikanischen Boden setzen, hätten sie sofort Rechte und könnten nicht mehr so einfach und ohne Gerichtsverfahren und Beweise eingeknastet werden.
Es gab da auch mal einen Fall, in dem das FBI Rechner von Russen in Russland ohne Gerichtsbeschluss durchsucht, die dann in die USA gelockt und angeklagt hat. Deren Pflichtanwalt wollte die Beweise für unzulässig erklären lassen, weil die Durchsuchung ohne Beschluss erfolgte und das souundsovielte Amendment das verbietet. Damit ist er abgeblitzt, weil Rechte nur für Amerikaner oder Leute in Amerika gelten und die Russen damals eben in Russland waren, also keine Rechte hatten, die man beachten musste.
Fifa… und es ist sicher nur ein unglücklicher Zufall, dass das Amtsersuchen der Amis gerade jetzt kommt, wo die Wahl eines neuen Vorsitzenden an steht. Clever auch, das er zwar antreten kann, aber vermutlich die Wahl nicht gewinnen wird. Übernächste WM ist dann vermutlich in den USA
https://www.youtube.com/watch?v=exO_-umPSd4
Und wo es (US-“Recht”) nicht offen gilt, ist es halt versteckt eingeführt.
Das ist doch mehr oder weniger mit allen Staaten so.
Finde ich auch (prinzipiell) akzeptabel.
Und die paar Muselmänner in Guantanamo by the Bay, die interessieren doch eh keinen. (Ähnlich wie tote Döner, da gibts auch erst Gejammer wenn ne Polizist(in) dabei ist)
(Wer sich verletzt fühlt soll es als sarkasmus sehen)
>Damit ist er abgeblitzt, weil Rechte nur für Amerikaner oder Leute in Amerika gelten und die Russen damals eben in Russland waren, also keine Rechte hatten, die man beachten musste.
Das erinnert mich an die Geschichte, wo die Briten amerikanische Schiffe gekapert haben und deren Seeleute zum Dienst in der britischen Marine gezwungen haben, auch nach der Unabhängigkeitserklärung.
Die Amerikaner haben damals auf geltendes Recht gepocht, und von den Briten die Antwort bekommen, dass die auf amerikanisches Recht scheißen.
Es gibt wohl auch ein Gesetz, wonach Amerikaner, die am Internationalen Gerichtshof in Den Haag wegen Kriegsverbrechen angeklagt werden, mit Waffengewalt befreit werden können.
Lange Rede, kurzer Sinn: Es gilt das Recht des Stärkeren.
@Hadmut:
verstehe ich Dich richtig, daß Du meinst, daß
– in den USA amerikanisches Recht für ALLE gilt (ich denke, eine Sebstverständlichkeit)
– amerikanisches Recht für Amerikaner auf der ganzen Welt gilt (das wiederum halte ich für schlicht nicht durchsetzbar).
Zum Beispiel mit den FBI-Russen-Rechnern:
(Hadmut; 28.05. 23:00)
Ist doch m. E. klar, daß die Rechnerdurchsuchung IN Russland russischem Recht unterliegt und nicht US-Recht.
Die Russen waren also nicht rechtlos, sondern unterlagen völlig normal russischem Recht. (Das hilft bei einem Prozess in den USA natürlich wenig).
Interessant wäre es allerdings zu wissen, inwiefern die Russen in Russland amerikanisches Recht hätten brechen können – vorstellbar ist das schon.
Gruß
@Volker: Ja, nur dass das nicht meine Rechtsaufassung, sondern die amerikanische ist.
Dazu ist auch interessant anzumerken, wo andernorts bspw. im NSA-Skandal die belastenden Spionage-Daten anfallen: Nicht an der Bodenstation in Deutschland, sondern selbstverständlich im Weltall
Als ob die USA alles fein säuberlich trennen täten:
https://en.wikipedia.org/wiki/Voting_in_Guam
Der wahnwitzige Anspruch, ihr lokales ›Recht‹ auch als völlig Unbeteiligte weltweit durchzusetzen, scheint mir in dieser Direktheit sogar ziemlich neu zu sein. Bisher war zumindest die schadhafte Beteiligung mindestens eines US-Bürgers dazu notwendig. Bei Flugzeugabstürzen bspw. wurde dies gern genutzt, um hohe Schadensersatzbeträge durch US-Gerichte zu erstreiten. Bei krummen Bank- und Drogengeschäften sind ja an irgendeiner Stelle ebenfalls US-Staatsbürger beteiligt.
Die notwendige Rechtsdurchsetzungsmacht ist in diesen Fällen über geschäftliche Verflechtungen gegeben: Jede ausländische Firma mit einem Büro in den USA können sie deshalb wie einen einheimischen Laden betrachten, da sie das Druckmittel besitzen, dem Unternehmen bei Unbeugsamkeit die Geschäftstätigkeit dort zu untersagen und deren Besitz in Amiland zu plündern.
Diese Macht besaßen sie gegenüber der FIFA nie. Im Gegenteil: Wenn den USA existierende Regeln irgendwie mißfallen, dann werden sie nach eigenem Gutdünken geändert. Laut Eurosport war die internationale TV-Übertragung von Spielen der US-Liga jedoch erst möglich, nachdem diese wieder nach den FIFA-Regeln spielt.[1]
Daß Korruption ebenfalls zu den Regeln der FIFA wie auch des IOC gehört, wenn man deren gigantomanische Veranstaltungen austragen will, dürfte auch in den USA schon länger bekannt sein; schließlich waren sie selber schon Gastgeber für Olympia und Fußball-WM. Eigentlich hätten ja wohl damals Ermittlungen viel näher gelegen als jetzt…
Es muß wohl etwas anderes dahinterstecken als deren kapitalintensive Vergabepraxis. Mir sieht das eher nach einer globalen Machtdemonstaion aus: Seht genau hin, selbst eine der finanzkräftigen internationalen Organisationen ist nirgends auf der Welt sicher vor uns, wenn sie in Ungnade gefallen ist. Schließlich ist ja auch von Unregemäßigkeiten bei TV-Rechten die Rede — und die Medienlobby versteht bekanntlich gar keinen Spaß, ist zugleich aber sehr stark in Amerika.
Auf jeden Fall beweist das FIFA-Exempel endgültig den absoluten Vasallenstatus sämtlicher Staaten der sogenannten ›westlichen Wertegemeinschaft‹, da anscheinend niemand hier die fadenscheinige US-Zuständigkeit öffentlich anzweifelt.
Daß man sich neuerdings nach amerikanischem Recht überall strafbar macht, wenn nur der Dollar oder amerikanische Server irgendwie involviert sind, wird momentan auch ein gewisser Mr. Phil Zimmermann aufmerksam registriert haben: Der »PGP-Erfinder zieht aus Datenschutz-Gründen in die Schweiz. Internet-Ikone Philip Zimmermann ist aus den USA in die Schweiz gezogen – mitsamt seiner Firma ‘Silent Circle’. Grund ist die umfangreiche digitale Überwachung der US-Regierung.«[2] Mit der Schweiz hat er sich ja nun wahrlich den richtigen Staat für den neuen Standort ausgesucht — zumal er ja seine Staatsbürgerschaft nicht aufgibt und dadurch auch ohne die aktuelle Zuständigkeitsüberschreitung der US-Justiz unterworfen bleibt.
Da gab es doch damals™ das Gerangel um den französischen Staatsbüger Roman Polanski, den die Amerikaner auch unbedingt von den Schweizern haben wollten: “Dass Roman Polanski nicht ausgeliefert wurde, verdankt er einem Rechtsgutachten von Jörg Paul Müller. Heute sagt der Rechtswissenschafter, wie er die Chancen einer Auslieferung der Fifa-Funktionäre beurteilt… Müller [äussert] Zweifel daran, ob die Schweiz die Funktionäre ausliefern kann. Es stelle sich die Frage, ob die USA überhaupt zuständig seien. Ein Staat könne nur dann eine Auslieferung beantragen, wenn dieser auch Gerichtsstand sei. Konkret verlangt Völkerrecht hinreichende Anknüpfungspunkte der Straftaten der Funktionäre zur amerikanischen Gesetzgebung, damit die USA die vorgeworfenen Delikte nach deren Recht beurteilen können… «Die Beschuldigten haben amerikanische Konferenzräume und technologische Einrichtungen benützt. Dies stellt nach unserem Rechtsempfinden einen sehr dürftigen Bezug zwischen den Straftaten und den USA dar», sagt Müller.”[3]
Der ›Tagesanzeiger‹ scheint die einzige Zeitung zu sein, die sich mit der Frage der Zuständigkeit überhaupt befaßt hat. Alle anderen wiederkäuen nur gleichlautend die inhaltsleere DPA-Meldung »FIFA-Funktionäre widersetzen sich Auslieferung an USA« — natürlich ohne deren Begründung mitzuliefern. In meinen Augen ist die Zuständigkeitsfrage jedoch essenziell — und zwar für uns alle. Ich erinnere daran, daß das einst grundgesetzlich festgelegte Auslieferungsverbot deutscher Staatbürger de facto längst abgeschafft wurde.[4] Und ausländische EU-Bürger werden trotz Gleichbehandlungsgebot nirgends den Einheimschen gleichgestellt. So hat das Bundesverfassungsgericht die Beschwerde eines Niederländers zwecks Auslieferung in die USA nicht angenommen.[5] Dabei ging es um angeblichen ›Netzbetrug‹ von jemanden, die nie mit seinem Fuß amerikanischen Boden berührte.
In einem anderen Fall soll ein italienischer Manager wegen vermeintlicher Kartellabsprachen von Deutschland ausgeliefert werden, obwohl bekannt ist, daß »die zuständige [US-]Behörde auch den Ehrgeiz hat, die Statistik der vollstreckten Gefängnisstrafen jährlich zu steigern. Dabei legt sie besonderes Augenmerk auf den weltweiten Zugriff: “The Division remains committed to ensuring that culpable foreign nationals, just like U.S. co-conspirators, serve prison sentences for violating the U.S. antitrust laws. This includes using all appropriate tools to find and arrest or extradite international fugitives where appropriate.”«[6]
Die Parallelen zu den FIFA-Funktionären kaum zu übersehen. Anmaßungsexzeß ist wohl mittlerweile Geschäftsgrundlage bei allen US-Behörden und willkommene Arbeitsbeschaffungsnaßnahme für ihre Anwaltskanzleien und die privatisierte Knastindustrie. Auf der anderen Seite ist hier das letzte Wort noch lange nicht gesprochen. Wir dürfen auf die Begründung im Auslieferungssantrag gespannt sein. Ebenfalls offen ist, wie die Heimatregierungen der Funktionäre reagieren werden. Ich kann mir auch nicht vorstellen, daß mit deren Auslieferung die Schweiz als Standort internationaler Organisationen an Beliebtheit gewinnt. Wenn überall im Westen spontan US-Recht gelten kann, dann sollte man sich doch gleich in Nordamerika ansiedeln und die Vorteile nutzen, welche diese Plutokratie[7] den Millionen- bis Milliardenschweren bietet. Dort ist Korruption quasi institutionalisiert wegen der Abhängigkeit der Politiker von großzügigen Spenden; die US-Politik »ist zu einem Lobbyisten-Klub geworden, dessen Mitglieder auf das Geld der Großspender angewiesen ist. Wer Macht will, braucht Geld – und wer Geld braucht, ist käuflich… Die Superreichen haben die Macht; Geld und Politik verschmelzen immer mehr… Bereits vor einigen Jahren hat MIT-Professor Simon Johnson davon gesprochen, dass es der Wall Street gelungen sei, Washingtons Politik zu infiltrieren – ohne, dass sich darüber jemand aufgeregt hätte.«[8]
Hier geht es um mehr als nur um die FIFA. Es gibt kaum ein Statement eines Politikers, in dem nicht von Demokratie und Rechtsstaat schwadroniert wird. Erst kürzlich meinte Roland Jahn mal wieder, daß man Stasi und NSA/BND nicht in einem Topf schmeißen darf — natürlich wegen Demokratie und Rechtsstaat und so.[9] Rechtsstaatlichkeit aber bedeutet, daß sich alle an abstrakte Regeln zu halten haben, deren Gültigkeitsrahmen bekannt ist. Wenn es aber möglich ist, daß in Europa überraschend unbekannte, fremde Regeln gelten können, dann gibt es hier keine Rechtssicherheit mehr. Dann herrscht Willkür. Wer kann denn voraussagen, welche Vergehen das FBI zukünftig an sich ziehen wird, um es nach Rachestrafrecht auf US-barbarische Weise drakonisch zu bestrafen? Die FIFA-Leute jedenfalls erwarten in Amerika 20 Jahren Gefangenschaft auf Dritte-Welt-Niveau — mehr als in zivilisieren Staaten Lebenslängliche abzusitzen haben.
___________
[1] US-Regeländerungen siehe http://de.www.wikipedia.org/wiki/Major_League_Soccer
[2] http://www.sueddeutsche.de/digital/philip-zimmermann-verschluesselungs-ikone-kehrt-usa-den-ruecken-1.2494021
[3] http://mobile2.tagesanzeiger.ch/articles/15580622
[4] http://de.m.wikipedia.org/wiki/Auslieferung_(Recht)
[5] http://www.hrr-strafrecht.de/hrr/bverfg/08/2-bvr-1347-08.php
[6] http://blog.delegibus.com/2014/03/23/duerfen-unionsbuerger-an-die-usa-ausgeliefert-werden/
[7] http://m.focus.de/politik/deutschland/reich-reicher-abgeordneter-im-us-kongress-sitzen-nun-vor-allem-millionaere_id_3530559.html
[8] http://m.huffpost.com/de/entry/4587630
[9] http://m.heise.de/newsticker/meldung/Ueberwachung-nach-Snowden-Stasi-und-NSA-nicht-in-einem-Topf-2667664.html
@ Hadmut
Ich will mal einen anderen Ansatz in den Ring werfen: Könnte es nicht sein, dass es in den USA einfach nur viel zu viele Anwälte gibt, die sich nach neuen Märkten umsehen? Dazu müssten sie eben auch die Zuständigkeit des US-Rechts ausweiten. Wobei natürlich die ohnehin zu leichten Größenwahn neigende US-Bundesadminstation gerne behilflich ist.
Expoertierbare Grüße,
Euer Dirk
Mann stelle sich mal vor, die Chinesen würden einen solchen Auslieferungsantrag stellen …
PS: Ist es eigentlich verboten abfällig über Mao zu sprechen, in China und sollte man das daher auch hier lieber lassen? Man weiß ja nie wie weit internationales “Recht” schon so ist.
Recht hin oder her, die WELT hat die ultimative Lösung für alle FIFA-Probleme:
Blatter muss weg und eine Frau muss her
Ein männerbetriebenes Universum wie die Fifa ist zu eindimensional. Die größte Innovation wäre eine Frau vom Schlage Lagarde, Clinton oder Merkel an der Spitze.
http://www.welt.de/debatte/kommentare/article141670992/Blatter-muss-weg-und-eine-Frau-muss-her.html
In Zukunft dürfen dann auch Männer und Frauen gegeneinander spielen und am Schluss bestimmt eine Gleichstellungsbeauftragte durch Ausgleich des GGG (Gender-Goal-Gap) das wahre Spielegebnis.
In meinen Augen liegt da ein Widerspruch vor.
Man hat amerikanische Rechte, wenn man Amerikaner ist ODER sich auf amerikanischem Boden befindet?
Wenn ich mich auf amerikanischem Boden befinde gilt für mich dann auch amerikanisches Recht, obwohl ich Deutscher bin.
Oder war das ein Schreibfehler?