Ansichten eines Informatikers

Zwangsläufige Konsequenz: Ein Kryptoverbot

Ich male mal den Teufel an die Wand.

Verfolgt man die derzeitige ungute Entwicklung bei den Eingriffsmethoden des Staats in die Telekommunikation – Kinderpornosperre, BKA-Gesetz – und die Argumentations- und Vorgehensweise, sowie deren Zielsetzung, und bedenkt man, mit welchem Fanatismus sich derzeit die Politiker darin überbieten, immer mehr Eingriffe und Überwachung zu fordern, muß man von einem Dammbruch reden. Da bricht gerade die Achtung vor der Telekommunikation zusammen und es werden offen Methoden wie in China gefordert. Nicht nur wie in China, manche fragen schon, warum wir nicht die Methoden der Chinesen direkt übernehmen, statt sie neu zu entwickeln.

Eigentlich sollte man erwarten, daß der Staat versucht, die Telekommunikationsinfrastruktur – etwa gegen Angriffe, Phishing, Spam usw. – schützt. Nichts dergleichen passiert, da läuft gar nichts. Der Staat macht sich im Gegenteil die Schwächen zunutze, indem er DNS-Manipulationen anordnet und Bundestrojaner bastelt. Das Interesse des Staats an Unsicherheit überwiegt das Interesse an Sicherheit bei weitem.

Die Kosequenz daraus ist, daß es früher oder später zu einem Kryptoverbot kommen wird, etwa in der Art, daß nur Verfahren mit Hintertüren usw. genutzt werden dürfen.

Diese Diskussion hatten wir – wie die um die Kinderpornosperren – in den Neunziger Jahren schon mal. Es war damals eines meiner Forschungsgebiete und ich war 1997 bei einer Expertenanhörung des Bundestags (damals noch in Bonn) zur Umsetzung eines Kryptoverbotes dabei. Jede Wette, daß das demnächst wieder ausgebuddelt und wohl wieder auf dem Polit-Pöbel-Weg durchgesetzt wird.

Spätestens dann, wenn sich irgendwo mal eine Kinderpornographieseite mit HTTPS findet wird man anfangen, Kryptographie zu verteufeln und zu verbieten. Dann heißt es wieder, daß das eine vorwiegend von Pädokriminellen verwendete Technik ist. So wie in einem aktuellen Interview, in dem man auch alle die, die im Internet “versiert” sind, als die Gruppe hinstellte, aus der sich die Pädokriminellen rekrutieren. Sachkunde wird zunehmend mit Kinderschänderei gleichgesetzt. Weil Politiker gerne die eigene Unkunde zum Maßstab aller Dinge machen und zum Idealzustand erklären. Rhetorische Frage aus dem Interview: Wieviele Leute haben Sie in ihrem Bekannenkreis, die DNS-Sperren umgehen können? Na, eben, das müssen alles Kinderschänder sein. Wenn schon die mit den Kinderschändern gleichgesetzt werden, die es schaffen einen anderen DNS-Server einzutragen, was sind dann erst die, die sich auf die schwarze Kunst der Verschlüsselung verstehen? Na, sehen sie? Wer nichts zu verbergen hat, … Heizt schon mal die Scheiterhaufen an.

Auch da wird es – wie schon 1997 – wieder Experten (und solche, die sich dafür halten) geben, die die üblichen Probleme erläutern, Steganographie, und Wirtschaftsproblem und so, und wieder wird man alle die, die den Wünschen der Politik nicht folgen, als “krachend unfähig” oder gar als Kinderschänder hinstellen. Und wieder wird eine Armada von Politikern ausschwärmen um alle zu beschuldigen, zu beleidigen, vorzuführen, die anderer Meinung sind. Vielleicht wird es Ausnahmegenehmigungen für die wichtigen Lobbys und Industrien geben, aber nicht für den Normalbürger.

Ein Kryptoverbot wird kommen.

Mal schauen, was ich noch von meinen alten Forschungsunterlagen finde. Aber vielleicht werden auch Bücher irgendwann verboten.

Ein Kommentar (RSS-Feed)

Daresch
27.4.2009 17:03
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Hier mal eine interessante “Zukunftsvision”, die ich für nicht all zu unwahrscheinlich finde.

http://www.basicthinking.de/blog/2009/04/19/basic-sunday-das-freie-internet-ist-geschichte/

Grüße
Daresch