Ansichten eines Informatikers

Nicht mal am Horizont…

Hadmut
10.3.2016 22:59

Düstere Aussichten für jugendliche Flüchtlinge.

Die FAZ schreibt darüber, wie katastrophal die Ausbildungsaussichten selbst jugendlicher Flüchtlinge aus Somalia, Eritrea, Elfenbeinküste und Afghanistan ist.

So rein manuell-handwerklich seien sie gar nicht mal so schlecht, aber alles theoretische oder gar normale Arbeitszeiten liegen außerhalb des Horizontes.

„Selbst die Fittesten schaffen es nicht“, sagt Johannes Fischer, der Leiter des Kreisjugendamts Rosenheim. […] Wenn man Fischer fragt, ob denn die jungen Flüchtlinge nicht die Probleme des demographischen Wandels in Deutschland lindern könnten, dann sagt er einen ziemlich ernüchternden Satz: „Nein, nicht diese Generation.“

Das heißt, dass sie nicht – wie so gerne behauptet – unseren Jungen helfen, die Renten der Alten zu bezahlen, sondern ihnen im Gegenteil noch zusätzlich auf der Tasche liegen werden.

Mehr als 67.000 „unbegleitete minderjährige“ Flüchtlinge lebten Ende Januar in Deutschland. Sie werden so genannt, weil sie ohne Eltern, ohne Verwandte eingereist sind. Sie haben für die Flucht alles riskiert und dürfen in den meisten Fällen in Deutschland bleiben. Behörden, soziale Träger, Wirtschaft – alle setzen sich ein, ringen um die Integration. Bei wem, wenn nicht bei ihnen, könnte es also gelingen? Das dachte auch Fischer. Jetzt aber, sagt er, befänden sich seine Erwartungen „im freien Fall“. Immer noch.

Und wie läuft’s?

Die örtliche Wirtschaft sucht händeringend Auszubildende. 2200 freie Plätze in Stadt und Landkreis wurden 2015 gemeldet. „Es ist höchste Zeit, zu handeln“, sagte dazu kürzlich die Vorsitzende der örtlichen Industrie- und Handelskammer. „Flüchtlinge können dabei der Schlüssel zur Lösung des Azubimangels werden.“

Das hatten auch die Mitarbeiter der „Jungen Arbeit“ gehofft. Sie hatten es mit engagierten, höflichen, dankbaren jungen Menschen zu tun, die da kamen. Am Abend habe man sie aus dem Deutschunterricht regelrecht herausholen müssen. „Aber in den vergangenen Monaten sind uns jeden Tag die Augen aufgegangen“, sagt Astrid Langenegger, Ko-Geschäftsführerin der Initiative. „Bei rund 80 Prozent der Jugendlichen fehlen fast komplett neun Jahre Schulbildung. Eine Ausbildung ist eigentlich nicht realistisch“, sagt sie. […]

Nach 2 Tagen Ausbildung Friseur

Unter den Jugendlichen in Rosenheim sind vor allem Somalier, Eritreer und Afghanen. Hier stellten sie große Unterschiede in der Arbeitskultur fest, sagt Langenegger. „Mit Jugendlichen aus afrikanischen Ländern haben wir es uns viel einfacher vorgestellt.“ Syrer, aber auch Afghanen seien deutlich näher an Deutschland. […]

Die Jugendlichen sollen in den Praktika zwei Tage à acht Stunden die Woche arbeiten. Aber viele schaffen das nicht. „Die wissen gar nicht, wie Arbeit läuft“, sagt Langenegger. Sie nennt das eine „Konfrontation mit der Arbeitswelt“. Es gebe Jugendliche, wird in Rosenheim berichtet, die in ihrer Heimat mal zwei Wochen einem Friseur zugeschaut hatten und danach als Friseur arbeiteten. In Deutschland wollen sie das nun auch. Aber sie verstehen nicht, warum ihre Ausbildung erst einmal darin besteht, nur Haare zu waschen – und warum sie so wenig verdienen. Sie haben ihr Leben aufs Spiel gesetzt und viel Geld gezahlt, um nach Deutschland zu gelangen. Nun sind sie am Ziel und müssen rasch Erfolgsberichte nach Hause schicken – und Geld. Gelingt das nicht, ist das eine große Enttäuschung. Ein Vakuum tut sich auf. „Die schmeißen den Bettel hin, sobald sie sehen, dass sie keine Perspektive haben, schnell Geld zu verdienen“, sagt Fischer. […]

Die Jugendlichen müssten in Arbeit gebracht werden, „bevor sie Hartz IV entdecken“, sagt Mitterer. […]

In Rosenheim erzählen die Helfer, dass ihnen nun, durch den starken Zuzug von gar nicht oder gering qualifizierten jungen Menschen, erst klarwerde, wie anspruchsvoll in Deutschland allein eine Ausbildung geworden sei. Zu Zeiten der Kriegsflüchtlinge aus dem früheren Jugoslawien in den neunziger Jahren habe es noch Jobs für ungelernte Arbeiter gegeben. Produktionshelfer in der Holzfabrik etwa, sagt Fischer. Heute nicht mehr. Flüchtlinge, die in die Grundschule gingen, hätten noch Chancen, sagt der Jugendamtsleiter. Die meisten der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge aber seien einfach nicht qualifiziert genug und könnten sich das, was deutsche Kinder und Jugendliche in vielen Jahren lernten, nicht in drei Monaten aneignen. Fischers Angaben zufolge ist eine Berufsschule für die allermeisten ausgeschlossen. Das Sprachkursniveau B2 (etwa das Verständnis für Hauptinhalte von Texten auch zu abstrakten Themen) sei für viele der jungen Leute „intellektuell nicht erreichbar“. Fischer fügt hinzu: „Denen fehlt das Koordinatensystem.“ Manche der jungen Flüchtlinge sind ein paar Jahre irgendwo zur Schule gegangen, nun wollten sie studieren. „Nicht mal am Horizont“, sagt Fischer dazu. „Die komplexe deutsche Welt können wir denen nicht beibringen“, sagt auch Mitterer.

Ich weiß, dass ich mich jetzt blöd und nach alter Knacker anhöre, so in der Tonart „hab ich ja gleich gesagt”, und ich zum 3 Millionsten Male dasselbe erzähle, von Reisen und so. Ich weiß, es nervt.

Aber: Genau das haben die in Namibia erzählt, als ich mal dort in Urlaub war. Der Reiseleiter war ein ehemaliger Deutscher, der vor 40 Jahren nach Namibia ausgewandert war und dort seither eine Farm betreibt. Der kennt Land und Leute besser als die sich selbst. Und der hat uns mal erklärt, wie die hohe Kriminalität gegenüber Touristen zustande kommt. Die Leute arbeiten dort wenig (hängt nicht nur, aber auch mit der Hitze zusammen), und wenn, dann arbeiten viele nicht ernsthaft. Es ist etwa auf seiner Farm nicht einfach, Arbeiter zu finden, bei denen da überhaupt was rauskommt, und selbst denen kann man das Geld nur zu einem kleinen Teil in bar auszahlen, weil sie es sofort auf den Kopf hauen und dann nichts mehr zu essen haben. Deshalb unterhalten alle Farmer dort quasi kleine Krämer- und Lebensmittelläden, in denen die Arbeiter jeden Tag einen Teil des Lohns in Naturalien ausgezahlt werden. Damit man halt für zwei, drei Tage zu essen hat. Und selbst das sei inzwischen so schwierig zu erwirtschaften, dass viele Farmer nicht mehr rumkommen und sich was anderes suchen. Reiseleiter zum Beispiel. Der hatte nämlich auch das Problem, dass er seine Farm mit der Arbeitsleistung, die da zu bekommen ist, nicht mehr bewirtschaften kann.

Die Leute würden das „Arbeiten” wie in Europa schlicht nicht kennen, könnten sich das nicht vorstellen, würden das auch nicht akzeptieren.

Daher auch die vielen Diebstähle und Überfälle auf Touristen. Das sei nicht mal Kriminalität im eigentlichen Sinne, sondern subjektives Gerechtigkeitsgefühl, denn die Leute würden es als ungerecht empfinden, dass die da aus Europa so reich sind, Geld, Kameras und schöne Kleider haben, und sie nichts. In Europa würde das Geld vom Himmel regnen und auf den Bäumen wachsen, da sei es doch nur fair, sich was davon zu nehmen, die Touristen bekämen das ja wieder nach, wenn sie wieder zurück gehen.

Dass Touristen aber jeden Tag 8 Stunden arbeiten, um sich das zu verdienen, das sehen die nicht, weil man Touristen da ja eben nicht arbeiten sieht.

Das ist zwar jetzt nicht ganz fair, weil es eben gerade in den Touristen-Hotels sehr, sehr guten Service gibt und die da wirklich sehr fleißig arbeiten. Da geht’s echt rund. Als Kind habe ich öfters den Spruch gehört, „Da sieht’s aus wie bei den Hottentotten”, wenn ich mein Zimmer nicht aufgeräumt und alles herumliegen hatte. Die Hottentotten leben in einem Teil von Namibia, und ich war dort. Zumindest in einem ihrer Hotels. Leute, bei denen herrscht Ordnung, alles picco bello tadellos sauber und aufgeräumt.

Aber es sind halt eben die seltenen Ausnahmen. Die Mehrzahl der Leute dort arbeitet eben kaum oder gar nicht und kennt das auch nicht.

In Windhuk hat mir ein Einheimischer, Bewohner eines Township (übler Slum), zu Leuten, die da rumsitzen und auf Aufträge warten, erklärt, dass die faktisch nichts verdienen, weil sie faktisch auch nichts arbeiten und nichts können. Denen kann man nichts erklären, sie können nichts nachmachen, nicht lesen, nicht schreiben, nicht englisch. Nur allereinfachste Arbeiten, zwei, drei Stunden am Tag. Könnten sie alles kostenlos lernen, wollen sie aber nicht. Reicht denen so.

Es ist mir schleierhaft, wie man glauben konnte, dass man da einfach junge Leute aus allen Teilen der Welt ranholt und nach einer Kurzeinweisung ins Deutsche sofort auf den Lehrstellenmarkt schieben kann. Hätte man aber wissen können, wenn man mal ein wenig gereist wäre anstatt sich von den Soziologen poststrukturalistisch einreden zu lassen, dass man das alles sozial formen und passend reden könne.

Mal sehen, was noch draus wird.