Erdogan hätte Feminist werden sollen. Oder SPD-Mitglied.
Warum? Na, ganz einfach:
Dann wüsste er jetzt, wie er seine Beschwerde gegenüber der Bundesregierung begründen muss.
Die political correctness, die Gender Studies, die SPD, und viele andere Leute haben uns das doch jahrelang rund um Vergewaltigung, sexuelle Belästigung, Sexismus, Diskriminierung, Belästigung am Arbeitsplatz eingebläut: Die Definitionshoheit darüber liegt allein beim Opfer!
Auf Gesetze, objektive Tatumstände, Täterhorizont, Vorsatz, Absicht, kommt es alles nicht an, darf und muss alles nicht betrachtet werden, es muss nicht mal stimmen. Es darf alleine darum gehen, ob sich das Opfer belästigt fühlt. Man solle dem Opfer doch einfach glauben, wenn es sich belästigt fühlt, und den Täter bestrafen, ohne ihn überhaupt noch zu Wort kommen zu lassen. Könnt Ihr Euch noch an den Fall Kachelmann erinnern? Oder schaut mal in die Dissertation unserer Verfassungsrichterin Baer. Die will das auch so haben.
Erdogan müsste sich nur auf unser political correctness-Recht berufen: Er fühlt sich einfach belästigt.
Fertig. Mehr braucht’s nicht.
Und eigentlich alle die Medien und Politiker, die sich jetzt über Erdogan aufregen, sind vorher voll auf diesen feministischen Wahnsinn abgefahren. Jetzt wollen sie plötzlich nichts mehr davon wissen, dass allein die Opferperspektive zähle und es auf Schuld und Gesetz gar nicht mehr ankäme.
Mit feministischer Rabulistik könnte man auch allen denen was entgegenschleudern, die jetzt sagen, dass Erdogan doch selbst schuld wäre, wenn er vorher Journalisten absägt. Sowas nennt man in political-correctness-sprech „victim blaming” und geht gar nicht. Total verboten.
Schließlich würden wir mit diesen Angriffen ja auch nur in patriarchalischer Weise Erdogan unsere Stereotypen aufzwingen.
Am einfachsten wäre es freilich, Erdogan würde einfach sagen, von Böhmermann vergewaltigt worden zu sein. Hätte ihn wohl mit einem Schaf verwechselt. Dann wäre politisch längst alles klar und Böhmermann erledigt gewesen.
Böse Zungen würden natürlich einwenden, dass das Quatsch ist, weil feministisches Recht ja nur gilt, solange kein Moslem involviert ist.
War das jetzt Satire? Kann ich allen denen, die mich dafür hängen sehen wollen, entgegenschleudern, sie würden Satire nicht erkennen und respektieren?
Oder war es ernst? Ging es jetzt darum, dass wir hier unsere Regeln und Maßstäbe ständig willkürlich und opportunistisch ändern, damit innerhalb dieser Regeln immer das herauskommt, was man politisch gerade haben will?
Apropos ernst: Die Polizei von Köln macht ernst und stellt Böhmermann unter Polizeischutz. Also so „sehr ernst” und mit 24 Stunden und Verfolgung.
Warum eigentlich?
Der war ja nicht Zeuge in einem Verbrechen oder so, sondern hat sich die Situation selbst eingebrockt.
Andere Leute, andere Promis müssen ihre Personenschützer selbst bezahlen. Überall heißt es, die Polizei hätte Personalnot und Überstunden, aber für diesen Promi machen sie eine Ausnahme. Kümmert sich da die SPD um die ihren? Übernimmt sie da die Folgen ihres Propaganda-Senders? So wie sie neulich ihren Berliner Bürgermeistern Geburtstagsfeiern und Rechtsanwälte für Privatangelegenheiten bezahlte? Würde mich mal interessieren, wieviel Geld Böhmermann da eigentlich bekommt.
Der geneigte Leser möge sich überlegen, ob er selbst oder wer sonst Polizeischutz bekäme, wenn er so daherredete. Warum werden manche Leute mehr beschützt als andere?
Und die viel interessantere Frage: Vor wem eigentlich?
Alle Türken, die ich bisher dazu gehört habe, sind Erdogan-kritisch und kämen überhaupt nicht auf die Idee, Böhmermann deswegen anzugreifen.
Wer aber sonst? Wer bedroht Böhmermann? Was wissen die, was wir nicht wissen? Islamisten? Mit Verbindungen zu Erdogan? Ein türkischer Geheimdienst, der hier in Deutschland rummordet? Mir ist gerade irgendwie nicht so klar, innerhalb meines Wissenshorizontes nicht erkennbar, welche Gefahr Böhmermann droht. In der Türkei, ja, klar. Aber in Köln?
Was ist da eigentlich los?
Macht mal zur Gegenprüfung einen Gedankenexperiment, quasi einen politischen Lackmus-Test, eine Gegenprobe: Führt mal einen Punkt aus meinem vorangegangenen Blog-Artikel noch etwas weiter und stellt Euch mal vor, jemand von der AfD oder Pegida hätte exakt dasselbe gesagt wie Böhmermann in seinem Gedicht.
Hätte man die auch verteidigt? Hätte man die unter Polizeischutz gestellt? Hätte Hallervorden ihnen auch ein Lied gesungen? Hätte man da auch gesagt, sie hätten viel für Demokratie und Meinungsfreiheit getan? Sicherlich nicht.
Und noch eine andere Gegenprobe: Hätte das Erdogan interessiert?
Warum dann aber solche Sonderlocken für Böhmermann und das ZDF?
Was ist an denen das Besondere?