Ansichten eines Informatikers

Was ist der Unterschied zwischen Österreich und Großbritannien?

Hadmut
27.6.2016 22:10

Ist Euch mal was aufgefallen?

Wenn in Österreich bei der Bundespräsidentenwahl der grüne Kandidat gegen den rechten Kandidat mit 50,3% gegen 49,7% bei einer Wahlbeteiligung von 68,5% gewinnt, dann jubelt die Presse, dass man demokratisch erfolgreich rechts verhindert hat, und schimpft die, die die Wahl anfechten, schlechte Verlieren.

Wenn aber in Großbritannien 51,9% für und 48,1% gegen den Brexit sind, bei einer Wahlbeteiligung von 72,2% – also deutlicheres Ergebnis bei höherer Wahlbeteiligung – dann töbert dieselbe Presse, das sei nicht demokratisch, das müsse wiederholt werden, die Wähler hätten sich geirrt, die Mehrheit sei zu wenig, die Wahlbeteiligung sei zu wenig, das sei kein brauchbares Wahlergebnis.

Wie kann Presse so verlogen sein?

Wie kann man seine Maßstäbe und Kriterien so verbiegen und in den Wind hängen, so nach political correctness ausrichten? Und sich dann noch für Journalisten halten?

Aktueller Anlass: Ein Artikel der FAZ von David Schalko, Aufstand der beleidigten Massen. Das muss man sich mal klarmachen, wie da völlig andere Maßstäbe als bei der Brexit-Wahl angelegt werden:

In Österreich spitzt sich die Lage zu. Emsig versuchen Rechte das bestehende System auszuhebeln. Die FPÖ ficht nicht nur aggressiv das Ergebnis der Bundespräsidentenwahl an, um damit bestehende demokratische Verhältnisse zu diskreditieren.

50,3% Mehrheit bei Fehlern in der Briefwahl gelten als „bestehende demokratische Verhältnisse”? Auch wenn sie vielleicht falsch ausgezählt wurden?

Seit der verlorenen Bundespräsidentenwahl hat sich diese Polarisierungsstrategie massiv verstärkt.

Und was erleben wir in der Presse seit der Brexit-Abstimmung? Ist das keine Polarisierungsstrategie?

Die Identitären, eine junge, hippe, faschistoide Bewegung, die sich in Frankreich aus dem illegalen Unite Radical herausgebildet hat, ist in Österreich dieser Tage hoch aktiv. Sie stürmen Universitäten und greifen dort Rektoren tätlich an.

Das ist aber seltsam. Ich finde leider den Link nicht mehr, aber vor ein paar Tagen haben an der Uni Wien wohl unter den Augen der Polizei linksradikale Burschenschaftler angegriffen. (Ähnliches berichtet man aus Göttingen, es scheint also auch eine organisierte Welle linksradikaler, lebensgefährlicher Gewalt zu geben. Gewalt scheint da auf allen Seiten verbreitet zu sein.)

Daneben verklagt man die „Lügenpresse“ und liefert sich Straßenschlachten mit den Linken.

Könnte es sein, dass Presse und Linke daran nicht unbeteiligt und unschuldig sind?

Die Rechte sucht nicht das Gespräch. Sie grenzt sich selbst aus, um ihre Anhänger bei der Stange zu halten. Ein konstruktiver Diskurs wäre gefährlich. Er würde die Inhaltslosigkeit der Rechten entlarven.

Passt 100%ig auch auf Feminismus und Gender Studies. Da findet man es aber normal.

Kohärent ist, dass man gegen diese behauptete Angst keine Gegenargumente gelten lässt. Sie werden stets mit dem gleichen Satz zerschmettert: „Die da oben verstehen eben nicht die Sorgen der Leute.“

Wird so nicht auch die Debatte um „sexualisierte Gewalt” geführt?

So einfach und gleichberechtigt war der Zugang zu Bildung noch nie. Eher herrscht eine bewusste Bildungsunwilligkeit, eine regelrechte Lust, als Belämmerter die Welt beherrschen zu können.

Ach. Haben nicht die Feministinen und die Gender Studies so vehement gefordert, zur „Gleichstellung” jede Bildungs- und Leistungsanforderungen für Frauen abzuschaffen, weil Bildung nur ein Herrschaftssystem der Männer zur Ausgrenzung sei?

Und schraubt man nicht überall die Lehrpläne und Leistungsanforderungen auf Null, schmeißt Mathematik und Biologie aus dem Unterricht, um Frauen zu fördern?

Woher diese abgrundtiefe Verachtung von Bildung?

Ist das nicht Grundthema der Linken?

Diese Antibildungshaltung kommt nicht von ungefähr. Historisch betrachtet, hängt sie mit dem Verrat der Sozialdemokratie am Arbeitermilieu zusammen. Als man in den siebziger Jahren den Arbeitern den Zugang zu Bildung ermöglichte, sprossen massenweise Emporkömmlinge hervor. Viele, die Karriere machten, schämten sich später für ihre Herkunft. Sie begannen sich abzugrenzen und ihr Herkunftsmilieu zu verleugnen. Viele waren Funktionäre in sozialistischen Parteien. Das hat die Unterschicht der neuen Oberschicht nie vergeben.

Heißt? Das man das nicht hätte tun sollen?

Aber wie kann man jemanden demokratisch bekämpfen, der jeden Diskurs verweigert?

Ach.

Hat die Presse nicht seit Jahren jeglichen Diskurs über Feminismus, Homo-Ehe, Immigration und so weiter und so weiter blockiert und alle Kommentare gelöscht?

Dieser Schmierenjournalismus ist so widerlich.

Es widert mich so an, wie die ständig unterschiedliche Maßstäbe anlegen, ständig alles danach bewerten, ob es ihrer persönlichen Ideologie entspricht. Wenn sich die Kriterien ständig ändern, wie man es gerade braucht, wenn die Sicht immer so selektiv und willkürlich ist.

So widerlich, so verkommen, so verlogen.