Ansichten eines Informatikers

Calliope mini

Hadmut
8.12.2016 22:00

Einige Leser haben mich inzwischen gefragt, was ich davon halte. [Nachtrag]

Unsere Bundesinternetstrickliesel Gesche Joost geht mal wieder um, und in Koinzidenz mit ihrem Namen (es ist mir nicht ganz klar, ob sie das Projekt gefördert hat oder auf ein bestehendes Projekt einfach aufgeritten ist oder sich da einfach nur per Bundessponsoring eingekauft hat) gibt es einen Mini-Rechner für Schulkinder, den Calliope Mini.

Was ich davon halten würde, will man wissen.

Kurzgesagt: Mittelprächtiges Projekt, politisch versaut.

Grundsätzilch finde ich solche Mini-Rechner für bestimmte Anwendungen nicht schlecht. Mit Arduinos kann man auch ne Menge drolliger Sachen machen, seit es die für 3 Euro als China-Klon gibt. Allerdings steckt hinter dem Arduino auch eine ziemliche Infrastruktur, es ist verblüffend, wieviele Module und Zubehörteile es inzwischen gibt. Damit kann man inzwischen eine ziemliche Menge interessanter Dinge basteln.

Nur: Viel lernen kann man dabei nicht, weil die Programmiermöglichkeiten eines Arduino sehr begrenzt ist, und man vom Ansteuern fertiger Module nach Vorlage auch nicht viel lernt. Das macht aber auch gar nichts, denn das war ja gar nicht das Ziel des Arduino. Ein einfacher, billiger, leicht zu programmierender Steuerrechner, dessen Vorteil die vielen Anschlüsse sind. Es ist ein Bastel-, kein Lernrechner.

Darin sehe ich die Schwäche des Calliope. Nämlich, dass er etwas sein will, was er eigentlich nicht ist, und nicht ist, was er sein könnte.

Sie begründen auf der Webseite irgendwo, warum sie keinen Arduino verwendet haben, weil sie eben alles beisammen haben wollten. Das ist nachvollziehbar und im Prinzip, naja, so’n bisschen richtig. Aber es begrenzt die Möglichkeiten doch signifikant.

Es wird da mal so drei, vier, vielleicht auch sieben oder zehn Beispiele geben, fertig vorgekocht für Lehrer. Ich habe so ein bisschen den Verdacht, dass dem Ding dann das Schicksal vieler Weihnachtsgeschenke droht, die nach zwei Wochen in der Ecke liegen und „ausgespielt” sind. Weil es einfach eine kleine Zahl von Dingen gibt, die man durchprobiert, und dann ist man eben durch.

Gemacht ist das Ding an sich nicht schlecht, man merkt an einigen Dokumenten, dass da schon ein paar Informatiker (zumindest auf Uni-Niveau) dran waren. Und soweit ich das bisher mal kurz gesichtet habe, scheint das auch ganz in Ordnung zu sein. Aber ich habe halt einfach den Eindruck, dass das nur so ein Vorzeige- und Profilierungsprojekt ist, um einfach mal Lärm zu machen. Die Briten haben sowas, als brauchen wir auch sowas.

Richtig bekloppt daran ist aber dieser feministische Gender-Drall.

Man will das Ding partout Mädchen unterjubeln.

Guckt beispielsweise mal in die Pressemappe. Komplett durchgegendert. Und die Rede ist von

Biolog*innen, die Organe per 3D-Drucker produzieren. Digital-Mechaniker*innen für das Internet der Dinge. Textil-Designer*innen für die vernetzte Kleidung von morgen

Digital-Mechaniker*innen. Soso.

Designer*innen für die vernetzte Kleidung von morgen. Da war die Strickliesel wieder am Werk. Die hat auch nur das eine Thema, Klamotten ins Internet zu bringen.

Und das ist genau das Problem daran. Das Ding ist darauf ausgelegt, dass man sich irgendein blinkendes Etwas an die Kleidung näht. Aber nicht, dass man damit irgendwas sinnvolles baut. Strickliesels Forschungsthema.

Als ich in der 3. Schulklasse war (1974) hatten wir Werkunterricht. Mal Handwerken, mal Fischertechnik zusammenbauen. Das lebte aber davon, dass wir da ganz viele Teile und Werkzeuge hatten und jedesmal irgendwas neues gebaut haben. Hat Riesen-Spaß gemacht. Den Jungen. Die Mädchen hatten Hauswirtschaftsunterricht, die haben Kochen und Bügeln gelernt. Jungs in der Werkstatt mit Werkbänken, Mädchen in der Schulküche mit Herden. Einmal (genau einmal) haben wir getauscht. Wir haben der Küche eine Riesen-Sauerei aus Spaghetti mit Tomatensoße veranstaltet, fanden es aber lustig. Die Mädchen fanden den Werkunterricht gruselig. Da wollten die nie wieder hin. Und ich habe so ein bisschen das Gefühl, dass das hier ähnlich wird. Und es gibt halt auch heute noch Kinder, die etwas Intelligenz haben und sich von diesem Gender-Quatsch einfach verscheißert fühlen. Ich beobachte zwar hier in Berlin, dass mit den neumodischen Kinderturnschuhen mit eingebauten Leuchtdioden fast nur Mädchen rumlaufen (in rosa), aber ob sie das wirklich programmieren wollen, nur weil’s blinkt… ich weiß nicht.

Meine Einschätzung und Prognose:

Das wird 3 Jahre künstlich am Leben gehalten. Ein paar Kinder werden (notfalls mit stiller Hilfe von Papa) ein paar herausragende Dinge basteln und von der Gender-Presse herausgestellt werden, natürlich werden ein paar Quoten-Mädchen dazugestellt oder durch überbewertete Projekte herausgestellt und das ganze Ding gelobt.

Die Mehrzahl der Kinder wird mal mehr, mal weniger damit rumspielen und relativ schnell die Lust daran verlieren. Ein paar werden auf Arduino umsteigen.

In 3 Jahren ist das Ding dann wieder vergessen, die angeschafften Geräte mindestens zur Häflte kaputt und Ersatz nicht verfügbar, weil das Ding nicht mehr hergestellt wird.

Ich habe Zweifel, ob diese „Frühdigitalisierung” wirklich was nutzt.

Ich würde mit solchem Unterricht etwas später anfangen, dafür bessere Rechner einsetzen und, was ich für viel wichtiger halte, für bessere Lehrer sorgen. Wenn den Kindern nämlich das Gefühl für Mathematik oder elementares Wissen fehlen, nutzt auch so ein Blinke-Dings nichts.

Man wird schlechten Unterricht und schlechte Lehrpläne nicht ausgleichen können, wenn man jedem Kind einen 5-Euro-Rechner schenkt.

Nachtrag: Ach, einen Punkt habe ich noch vergessen aufzuschreiben:

Wenn man dem Ding schon so nen albernen (und für Kinder schwer verständlichen) Namen und eine Frau als Logo gibt, sollte man wenigstens mal erklären, was es mit Calliope auf sich hat und warum man dafür eine Frau zeigt.