Correctiv und der „gemeinnützige Journalismus”
Die Bettelei wird immer dreister.
Correctiv.org schreibt was. Wobei mir erst mal durch den Kopf geht, dass doch irgendwer namens „correctiv” demnächst die Entscheidungshoheit darüber übernehmen soll, was hier noch als „wahr” gemeldet werden darf. Ich bin mir da jetzt aber nicht sicher, ob das die gleichen sind, oder ob die nur gleich oder ähnlich heißen. Anscheinend sind es aber die Gleichen, denn der MDR (die, die uns gerade mit der Uni-Randale verschaukeln wollten) schreibt
Um die gemeldeten mutmaßlichen Falschmeldungen zu prüfen, arbeite man mit “externen Faktenprüfern” zusammen, so das US-Unternehmen. In Deutschland ist das das Recherchezentrum Correctiv.
und verweist dabei auf die gleiche Webseite, nämlich https://correctiv.org/.
Die Fraktionen von SPD und Grünen im NRW-Landtag wollen, dass die Landesregierung prüft, die Idee des gemeinnützigen Journalismus zu unterstützen.
Klar. SPD und Grüne haben nämliche gedungene Presse gerade sehr nötig.
Wie kann Journalismus in Zukunft finanziert werden? Auf diese Frage gibt es nicht eine einzige Antwort. Das bisherige Modell des klassischen Profit Journalismus trägt immer seltener. Verlage können nicht mehr in jeder Stadt, in jedem Kreis, in jeder Gemeinde genug Geld für journalistische Angebote wie Magazine, Zeitungen oder Online-Ausgaben aus Verkaufs- und Werbeeinnahmen verdienen. Der Öffentlich-rechtliche Journalismus kann mit seinen Radio- und Fernsehangeboten die sich auftuenden Lücken nicht schließen.
Auf diese Frage gibt es aus einem triftigen Grund keine einzige Antwort: Es ist die falsche Frage.
Die richtige Frage wäre, worin eigentlich Wert und Nutzen des Journalismus (noch) liegen können, wenn keiner mehr dafür zahlen will.
Eine andere richtige Frage wäre, ob man den vielbehaupteten Nutzen für die Demokratie nicht mal nach der Standardfrage cui bono hinterfragen sollte. Wenn nämlich nicht die Bürger, aber die Politiker den Journalismus bezahlen wollen, spricht das gegen eine Demokratie und für eine Politokratie. Vielleicht ist das ja gerade ein Symptom der Krankheit.
Eine dritte richtige Frage wäre, ob Journalismus nicht längst obsolet geworden ist und man es so machen sollte, wie Trump: Direkte Kommunikation zwischen Politikern und Bürgern.
Eine vierte richtige Frage wäre, ob bezahlter Journalismus überhaupt funktionieren kann. Zu oft habe ich von Journalisten gehört, dass sie etwas nicht schreiben können, weil sie „Frau und Kinder” haben. Und einfach abhängig sind. Deshalb werden Presseausweise auch nur für die ausgegeben, die zu mindestens 50% finanziell davon abhängig und damit erpressbar sind.
Eine fünfte richtige Frage wäre, ob nicht auch hier die Marktwirtschaft gilt und stürzende Preise schlicht auf ein Überangebot zurückzuführen sind.
Eine sechste richtige Frage wäre, ob man Journalismus nicht wie so vieles andere einfach automatisieren und wegrationalisieren kann. Gar zu oft schreiben nämlich alle wörtlich das gleiche, weil sie entweder alle Agenturnachrichten durchreichen oder voneinander abschreiben. Gefühlte 90% der Journalistenleistung könnte man durch eine große Webseite ersetzen, auf der einfach alles und dpa direkt erscheint. Wofür braucht man eigentlich noch verschiedene Redaktionen und Zeitungen, wenn die doch oft wortwörtlich dieselben Texte durchreichen?
Viele Medien sind deshalb auf der Suche nach neuen Finanzierungsmöglichkeiten. Und hier setzt die Idee vom gemeinnützigen Journalismus an. Correctiv wird zum Beispiel zu einem großen Teil durch Spenden und Stiftungen finanziert.
Durch Stiftungen?
Damit habe ich ganz schlechte Erfahrungen. Da übt jemand Macht aus und man weiß nicht, wer und was. Spätestens seit der Amadeu-Antonio-Stiftung muss jeder aufrechte Mensch auf Stiftungen allergisch sein.
Dieses Modell könnte gerade in vielen Städten und Gemeinden erfolgreich sein, in denen es keine ausreichende Versorgung mit klassischen Medien mehr gibt.
Wie kann man denn im Zeitalter der Digitalisierung und des Internet mit Medien unterversorgt sein? (OK, ja, in Deutschland geht das, da gibt’s noch nicht überall Internet, aber mehr Journalisten ändern daran auch nichts.)
Doch unser Vorbild hat es bislang in Deutschland schwer zu einem Modell für andere Angebote zu werden, die ebenfalls auf den Non-Profit-Journalismus setzen wollen: Journalismus wird nicht als gemeinnützig anerkannt.
Er ist ja auch nicht gemeinnützig. Der Journalismus heute bewegt sich zwischen eigennützig und parteinützig.
Es können sich keine Vereine gründen, die Medien herausgeben.
Und das ist jetzt schon gelogen.
Natürlich kann man Vereine gründen, ist sogar ein Grundrecht. Artikel 9 Grundgesetz. Das hat mit Gemeinnützigkeit nichts zu tun. Der Punkt ist halt nur, dass ein Verein erst mal Privatsache ist und steuerlich nicht begünstigt wird.
Nur mal zur Info: Diese Webseite hier läuft auf dem Server eines Vereins, der unter anderem dazu gegründet wurde. Und ganz bewusst nicht als gemeinnützig angemeldet wurde, weil wir nämlich nicht jeden aufnehmen wollen.
Es geht also. Man kann problemlos einen Verein gründen und publizieren. Was die wollen, ist zusätzliches Geld vom Steuerzahler in Form von Steuerbegünstigungen.
Und da wären wir schon bei der nächsten Lüge. Ein Verein ist nämlich nicht deshalb „gemeinnützig”, weil das, was er macht, allen nützen würde. Deshalb führt auch das Argument, wie ach so gut und nützlich Journalismus wäre, überhaupt nicht zur Gemeinnützigkeit. Das hat damit überhaupt nichts zu tun.
Ein Verein ist gemeinnützig, wenn jeder eintreten und mitmachen kann. Wenn irgendwelche Leute tauchen gehen, ist das für die Öffentlichkeit überhaupt nicht von Nutzen. Trotzdem können sie als gemeinnützig gelten, nämlich wenn jeder da mittauchen kann. (Das Beispiel stammt nämlich aus einem Buch über Vereinsrecht, das ich damals bei der Vereinsgründung extra dazu durchgelesen habe.) Das heißt aber auch, dass ein gemeinnütziger Verein dann jeden aufnehmen muss, der den Vereinszweck erfüllen kann. Sie dürfen also einen ablehnen, der gesundheitlichen Gründen nicht tauchen kann, aber wenn man tauchen kann und will, dann müssen sie einen auch aufnehmen. Sonst verlieren sie ihre Gemeinnützigkeit. Das kann sogar rückwirkend bis zur Gründung gehen und dazu führen, dass der Vorstand wegen Steuerhinterziehung dran ist und haftet.
Leser meines Blogs wissen, dass ich das Thema schon ein paarmal aufgegriffen habe. Es ist nämlich so, dass mich schon mal zwei Vereine nicht aufnehmen wollten. Das eine war ein juristisch orientierter (aber eben nicht auf Juristen beschränkter, sondern laut Satzung jedem offenstehender) Akademiker-Verein an einer Universität, die mich ohne Begründung nicht aufnehmen wollten. Und es gab da noch diesen aus dem GenderKompetenzZentrum hervorgegangenen Queer-Lesben-Gender-Transen-Verein, die mich auch partout nicht aufnehmen wollten, obwohl ich mir doch so viel Mühe gebe, darüber zu schreiben. Man weiß zwar als Außenstehender oft nicht mal, ob die wirklich als gemeinnützig angemeldet sind und erfährt es auch nie (fällt nämlich unter Steuergeheimnis, da achtet die Politik schon darauf, dass man den ganzen Schwindelvereinen nicht so leicht auf die Schliche kommt), aber beide Vereinssatzungen waren deutlich erkennbar auf Gemeinnützigkeit geschrieben. Und damit nach meiner Einschätzung auf Steuerbetrug ausgelegt.
Und genau da kommen wir auch heraus, wenn wir dieser Forderung von correctiv folgen. Denn ein Journalismusverein könnte nur dann gemeinnützig sein, wenn da jeder, der auch nur irgendwie dazu in der Lage wäre, eintreten und mitschreiben kann. Gemeinnützigkeit würde auch da nämlich nicht heißen, dass sie tolle Sachen schreiben, die anderen nützen, denn darauf kommt’s nicht an. (Auch Anfänger, Dumme und Unbegabte haben Zugang zu gemeinnützigen Vereinen. Und auch das Lernen gehört dazu. Man muss für den Tauchsportverein nicht tauchen können. Es reicht, wenn man es dort lernen will.)
Und spätestens damit ist das SPD-Grünen-correctiv-Ansinnen, Journalismus „gemeinnützig” zu machen, als Schwindel und versuchter Steuerbetrug entlarvt. Denn jeden mitschreiben zu lassen haben die garantiert nicht vor. Die wollen ja exklusiv und politisch korrekt bleiben.
Das ist also gleich doppelt grotesk.
- Einmal, weil ausgerechnet jemand uns über wahr und unwahr belehren soll, die nicht mal „Gemeinnützigkeit” richtig beschreiben können (oder wollen).
- Und weil sie offensichtlich in direkter Finanzierungssuppe mit SPD und Grünen stecken.
Ratet mal, wie die ihre Wahrheitsprüfungen dann durchführen werden.
Dabei würden vor allem auf dem Land, wo es immer weniger Lokalredaktionen gibt, wenige hundert Mitglieder ausreichen, um ein lokales Online-Angebot zu finanzieren. Und wie bei jedem anderen gemeinnützigen Verein, könnten Mitgliedsbeiträge und Spenden steuerlich geltend gemacht werden. Das würde es wesentlich leichter machen, die Finanzierungen zu stemmen.
Was jetzt auch erklärt, wie sie das meinen. Denn sie wollen keinen Verein für Journalisten aufmachen, sondern einen Verein für Leute, die Journalisten bezahlen, und das dann als gemeinnützigen Verein ausgeben.
Geld zu geben ist aber keine vereinstaugliche Tätigkeit, das macht man ja nicht zusammen und braucht keine gemeinschaftlichen Einrichtungen und dergleichen. Sowas wäre zunächst eine Schenkung. Und für Schenkungen sind Steuern zu zahlen und nicht Steuervergünstigungen zu kassieren. Und Vereine nur zum Zweck der Steuervergünstigungen als Geldwaschanlage und Tarngeschäft zu gründen ist krimineller Steuerbetrug.
Seit 2014 liegt dem Landtag ein Antrag der FDP-Fraktion vor, in dem die Landesregierung aufgefordert wird, sich im Bundesrat dafür einzusetzen, dass Journalismus in den Katalog der gemeinnützigen Zwecke wie Sport, Kultur, Bildung, Wissenschaft oder Forschung aufgenommen wird. Damit endlich Medienvereine genauso wie Modellflugclubs gegründet werden können.
Da haben die grundsätzlich was falsch verstanden – oder stellen es hier eben falsch dar. Es gibt zwar so einen Katalog, und zwar in § 52 AO, aber darin heißt es
Eine Körperschaft verfolgt gemeinnützige Zwecke, wenn ihre Tätigkeit darauf gerichtet ist, die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet selbstlos zu fördern. Eine Förderung der Allgemeinheit ist nicht gegeben, wenn der Kreis der Personen, dem die Förderung zugute kommt, fest abgeschlossen ist, zum Beispiel Zugehörigkeit zu einer Familie oder zur Belegschaft eines Unternehmens, oder infolge seiner Abgrenzung, insbesondere nach räumlichen oder beruflichen Merkmalen, dauernd nur klein sein kann. Eine Förderung der Allgemeinheit liegt nicht allein deswegen vor, weil eine Körperschaft ihre Mittel einer Körperschaft des öffentlichen Rechts zuführt.
Man muss das, worum es geht, schon selbst tun. Also müssten Journalisten und nicht Geldgeber in dem Verein sein.
Und dazu nochmal aus dem Vereinsrecht:
[Update 16.4.2020: Link veraltet, durch neuen Link ersetzt]
Achtung: Zum Sport in diesem Sinne gehört stets der Amateursport. Die Förderung des bezahlten Sports ist kein gemeinnütziger Zweck. Er steht der Gemeinnützigkeit aber nicht entgegen, wenn ein Sportverein neben dem unbezahlten auch den bezahlten Sport fördert.
Das heißt, dass ein solcher Verein nur Amateure gemeinnützig fördern und unterhalten könnte. Leute wie mich, zum Beispiel. Wenn aber jemand hauptberuflich davon lebt – und Journalisten bezeichnen sich ja gerade als solche, die mehr als die Hälfte ihres Einkommens damit erzielen – oder zu einer geschlossenen Gemeinschaft gehört, ist gerade nicht mehr gemeinnützig förderfähig.
Da steckt aber noch mehr Abgabenhinterziehung dahinter.
Denn was die da vorschlagen, wäre schlicht Schwarzarbeit.
Was die machen wollen wäre ein Umgehungsgeschäft, um praktisch als Arbeitgeber aufzutreten, sich rechtlich aber als förderndern Verein aufzuspielen. Das wären dann Scheinselbständigkeiten, und Hinterziehung von Sozialagaben, Gewerbesteuer und so weiter. Da kommt normalerweise der Zoll und dann klicken die Handschellen.
Der Ausschuss des Landtages für Medien beriet mehrfach ausführlich über das Thema, Experten wurden angehört und Stellungnahmen von Verlegern und Journalistenverbänden eingeholt – auch von CORRECTIV. Obwohl nicht alle Experten einig waren, hielt es die Mehrheit von ihnen doch für eine gute Idee, Journalismus künftig zu den gemeinnützigen Zwecken zu zählen.
Die Fraktionen von SPD und Grünen haben nun im Medienausschuss einen eigenen Antrag eingebracht, den sie mit ihrer Mehrheit beschließen wollen. Darin wird die Landesregierung auffordert, „auf Bundes- und Länderebene eine entsprechende Änderung der Abgabenordnung zu prüfen und gegebenenfalls initiativ tätig zu werden“, um „journalistisch tätige Organisationen, die bereits wegen der Förderung eines bestehenden Katalogzwecks (im Sinne des § 52 Absatz 2 Satz 1 AO) den Status der Gemeinnützigkeit erhalten haben, zu stärken und neue Initiativen im Rahmen der bestehenden gesetzlichen Möglichkeiten zu unterstützen.“ SPD und Grüne setzen sich zudem bei der Finanzierung für Transparenz ein und wollen dafür sorgen, dass Journalisten, die für dann gemeinnützige Organisationen tätig sind, vernünftige Arbeitsbedingungen erhalten. Auch sollen die Verlage durch gemeinnützige Anbieter nicht unter zusätzlichen wirtschaftlichen Druck gesetzt werden.
Noch einmal: Ein Tauchsportverein ist nicht gemeinnützig, wenn er Berufstaucher einstellt, damit die nicht verhungern. Ein Tauchsportverein ist dann gemeinnützig, wenn da jeder tauchen gehen kann.
Stellungnahmen von Verlegern und Journalistenverbänden wurden eingeholt. Von Steuerfahndern wohl nicht.
Auch der Landesregierung könnte es helfen, wenn sie den Antrag von SPD und Grünen schnell umsetzt: Rot-Grün könnte sich medienpolitisch bundesweit profilieren.
Aber ja. Denn die tiefe Dankbarkeit und Verbundenheit von Journalisten wäre ihnen sicher.
Also wenn sie das machen, werde ich Mitgliedsantrag stellen.
Macht Euch aber mal klar, was für ein dubioser Laden da künftig darüber wachen sollen, was uns als wahr und unwahr vorgesetzt wird. Solche, die schon bei SPD und Grünen auf dem Schoß sitzen.
Was auf meine Fragen von oben zurückführt: Wozu soll sowas gut sein? Wer braucht sowas?
Wenn man von der Gemeinnützigkeit mal absieht, steht es natürlich jedem frei, einen Verein zu gründen und Journalisten anzustellen. Wer zuviel Geld hat, bitteschön. Es kann mit seinem Geld jeder machen, was er will.
Wichtig ist, dass man es dann weder kauft noch liest, dass die einfach für die Tonne schreiben.
Und dass die Steuerfahnder und der Zoll kommen.