Spiegel-Cover
Das aktuelle Spiegel-Cover scheint nicht jedem zu gefallen.
Mittlerweile schwappt der Polit-Hetz-Propaganda-Journalismus so über, dass es sogar Journalisten untereinander unangenehm wird. Die WELT schießt quer:
Das Kalkül dieses Covers ist klar: Es soll ein Schocker sein und dem „Spiegel“ möglichst viel Aufmerksamkeit bringen. Und das ist auch gelungen. Per Twitter ging das Cover in der Nacht zum Samstag um die ganze Welt. „Washington Post“, „Business Insider“, „Buzzfeed“ und viele andere US-Medien haben umgehend darüber berichtet. Die Rechnung ist aufgegangen, die ebenso plump war wie offensichtlich: Publicity um jeden Preis.
Tatsächlich ist in diesem „Spiegel“-Cover beispielhaft kondensiert, was derzeit schiefläuft im hyperventilierenden Anti-Trump-Journalismus. Und nicht nur dort. Unser öffentlicher, von sozialen Medien turboladermäßig aufgeladener Diskurs ist längst in einen dauerhaften Erregungszustand eingetreten. Kein Wort ist zu groß, kein Vergleich zu schief, als dass er nicht angebracht werden würde.
Die sozialen Netzwerke sind zum beliebtesten Tummelfeld geworden für Vergleiche, denen es an jeglichem Maßstab gebricht. Ob die Linken Gaza mit einem Nazi-Konzentrationslager vergleichen oder die Rechten Merkels Flüchtlingspolitik als Genozid am deutschen Volk brandmarken: Wer sich längere Zeit in den sozialen Netzwerken herumtreibt, kommt aus dem Staunen nicht mehr heraus, was da angeblich alles mit was deckungsgleich sein soll.
Und diese Leute halten sich für eine geistige Elite, die andere politisch zu belehren hat und die man unbedingt finanzieren müsse, weil sie für die Demokratie so wichtig sei.
Diesen Effekt, dass man jeden, der auch nur die kleinste abweichende Meinung hat, oder auch nur ein unerwünschtes Wort sagt, sofort als „Nazi” brandmarkt und ständig mit „Hitler” kommt, habe ich schon oft beobachtet, und ich halte das schlicht für Holocaust-Leugnung. Denn damit werden das Dritte Reich und die Verbrechen geleugnet und verharmlost. Man tut so, als wären die damals durch die Straßen gezogen und hätten eine andere Meinung verbreitet. Denn damit setzt man sie gleich.
Wie entsteht sowas?
Ganz klar mangelnde Bildung und linke-geisteswissenschaftliche Rhetorik.
Die Leute sind nicht mehr in der Lage, etwas inhaltlich zu bewerten und Kriterien anzuwenden. Man trainiert den Leuten heute so ein diagnostizierendes-pathologisierendes-kategorisierendes Schubladendenken an. Die sind nicht mehr in der Lage zu erfassen, was jemand macht oder warum er es macht oder wie er es begründet. Sie halten sich für im Besitz der einzigen Wahrheit. Wenn jemand anderer Meinung ist, dann interessiert die nicht mehr, was der andere denkt oder wie er es begründet, sondern nur noch warum er falscher Meinung ist, in welche Kategorie der Falschmeiner er gehört. Und da gibt es dann eben Nazis, Sexisten, Wutbürger. Und die sind nur noch damit beschäftigt, Leute danach zu kategorisieren, warum sie die einzig wahre Wahrheit nicht erkennen.
Und mit dieser Kategorisierung rutscht man dann immer in den Vergleich mit den Schlimmsten der Kategorie.
So sieht das anscheinend auch die WELT:
Und dieses Phänomen hat nun auch den Journalismus erfasst. Laut „Spiegel“ ist Trump also genauso ein blutdürstiger, nihilistischer Barbar wie die Splatter-Gesellen von IS, die unschuldigen Gefangenen vor laufender Kamera den Kopf absäbeln und Gefangene in Käfigen bei lebendigem Leib verbrennen. „Es ist das Köpfen der Demokratie, das Köpfen eines heiligen Symbols“, erklärt der Künstler Edel Rodriguez das von im entworfene Coverbild gegenüber der „Washington Post“. „Und natürlich, das, was in letzter Zeit mit Kopfabschlagen in Verbindung gebracht wird, ist IS, da steckt also ein Vergleich drin. Beide Seiten sind Extremisten, ich mache also nur einen Vergleich zwischen beidem.“ Echt jetzt?
Zur Erinnerung: Wir befinden uns nur zwei Wochen in der Amtszeit von Donald Trump. Es waren zwei Wochen, die sehr ereignisreich waren und auch schockierend und die einem durchaus Sorgen bereiten können. Aber es lohnt sich, daran zu erinnern, dass bisher noch nichts passiert ist, was diesen ekelhaften Vergleich irgendwie rechtfertigen könnte. Das Schlimmste, was Trump sich geleistet hat, ist ein Einreisestopp für Menschen aus sieben muslimischen Ländern. Das ist schlimm, aber ein IS-Schlächter ist Trump deshalb noch lange nicht. Und die amerikanische Demokratie und Freiheit hat er laut glaubwürdigen Berichten ebenfalls noch nicht erledigt.
Hier gibt’s auch noch ne lesenswerte Kritik dazu.
Der SPIEGEL hat sich völlig erledigt.
Als ich Student war, hatten wir den SPIEGEL auf unserem Wohnheim-Flur noch abonniert, da war der noch richtig gut (und dick). Irgendwann hat da der völlige Niedergang eingesetzt. Immer dünner, immer schlechter, immer krawalliger.
Ähnliches bei SPIEGEL Online. Über einige Jahre waren die im Internet eigentlich so meine erste Anlaufstelle, und wer alte Blog-Artikel von mir liest, wird da finden, dass ich SPIEGEL Online am häufigsten zitiert habe. Irgendwann haben die schlagartig nachgelassen und waren bei mir dann auch nicht mehr der täglichen Presseschau würdig.
Zu seriösem Journalismus sind die eigentlich nicht mehr in der Lage, jedenfalls nicht mehr flächendeckend. Ab und zu kriegen sie noch was halbwegs lesbares hin, aber so in meiner Wahrnehmung sind die zum Schrottblatt geworden.
Wozu soll sowas noch gut sein?
Wer kauft sowas noch?