Das Meinungsdurchsetzungsgesetz
Bei Beck schreibt der Professor für Medienrecht und Medientheorie Marc Liesching mit ausführlicher Begründung (mir würden noch ein paar Gründe mehr gegen das Gesetz einfallen), [Nachtrag] warum das Bundesverfassungsgericht das Netzwerkdurchsetzungsgesetz kippen wird.
Wenn er sich da mal nicht deftig täuscht.
Nicht, dass ich an seinen Ausführungen (die ich auch nicht ganz vollständig gelesen habe) etwas zu mäkeln hätte. Besonders interessant ist ja der Punkt, dass man damit Fake News als strafbare Inhalte löschen lassen will, Lügen per se aber nicht strafbar ist.
Worin der gute Mann sich irrt ist seine Zuversicht in das Bundesverfassungsgericht. Dass ich von denen nicht viel halte, ist bekannt. Ich war damals (unsichtbar) am Verfahren des Bundesverfassungsgerichts zur Vorratsdatenspeicherung beteiligt (ich habe eine der vom BVerfG eingeholten Stellungnahmen hauptsächlich geschrieben), und die Fragen des BVerfG gingen völlig an der Sache vorbei. Das Bundesverfassungsgericht war mit dem Sachverhalt völlig überfordert, hat da eine reine Showveranstaltung mit den einschlägig bekannten Aufmerksamkeitskaspern abgehalten, nur keinen zur Sache gefragt, der sich damit auskannte.
Und dann haben sie gedacht, sie hätten die Vorratsdatenspeicherung per einstweiliger Anordnung ausgesetzt, die aber so dämlich formuliert, dass sie nur ganz wenige Fälle (ich war damals in der Vorratsdatenspeicherung tätig und hatte von 2000 bearbeiteten Fällen nur einen, der eindeutig unter die Anordnung fiel, und einen zweiten, bei dem es unklar war. Alle anderen nicht.) erfasst hatten. Kapiert haben sie das nie. Erst kürzlich turnte der damalige Verfassungsrichter Papier noch auf einer Konferenz herum und erzählte, wie toll sie damals waren.
Dazu kommt, dass die dort ja inzwischen ziemlich Gender-geladen sind.
Zwar machen sie in der derzeitigen Besetzung – noch – ganz ordentliche Rechtsprechung zur Meinungsfreiheit, weil der da zuständige Richter seinen Zuständigkeitsbereich noch verstanden hat.
Aber ich würde mir da nicht zuviel versprechen. Schon gar nicht würde ich mich auf Vorhersagen einlassen oder überhaupt noch auf Rechtsgründe vertrauen. Man kann sagen, welchen rechtliche Beurteilung man warum für die richtige hält. Aber zu glauben, dass das Bundesverfassungsgericht sich daran halten wird oder das Problem überhaupt versteht, ist verfehlt. Manchmal neigen sie dazu, Beschwerden nur als mehr oder weniger passenden Anlass zu nehmen, sich selbst zu wiederholen oder zu sagen, was sie schon immer sagen wollten, falls sie was sagen wollten.
Wetten wie beim Pferderennen wäre da angemessener.
Nachtrag: Noch eine Anmerkung, weil ich ja auch gerade um verschiedene IFG-Anfragen vor Gericht gekämpft habe, auch gegen das BMJV: Der IFG-Antrag dieses Professors ist streng genommen fehlerhaft und würde vor dem Verwaltungsgericht Berlin (zuständig: 2. Kammer) so wohl nicht durchkommen, denn Anfragen der Art „Bitte um Mitteilung“ oder „Was wissen Sie über…“ lehnen die ab. Man muss sich auf konkret vorliegende Schriftstücke beziehen, und kann nicht von der Behörde verlangen, Informationen erst beizuholen.
Die Anfragen sind deshalb falsch formuliert und würden vor dem Verwaltungsgericht so nicht durchgehen. (Soviel zu solchen Vorhersagen, wie ein Gericht urteilen werde.)