Mach mir den Gravenreuth
Könnt Ihr Euch noch an Günter Freiherr von Gravenreuth erinnern?
Der hatte damals ja u.a. versucht, die Domain der taz zu pfänden. Ausgang bekannt.
Es gibt gerade wieder so einen Fall, nur politisch eher andersherum. Ein Journalist (!) habe einen Pfändungsbeschluss für die Domain einer politischen Webseite erwirkt, wegen eines erstaunlich kleinen Geldbetrags, was natürlich darauf hinausgelaufen wäre, dass die tot sind.
Ich halte das für äußert kritisch, Domains zu pfänden, was ja auch für einige Zeit als unzulässig angesehen, vom BGH aber dann doch gestattet wurde. Die sehen das ausschließlich als Vermögenswert und betrachten das ganze lediglich als Vertrag it dem DENIC.
Fragen wie Grundrechte der Meinungs- und Pressefreiheit werden dabei gar nicht betrachtet, und auch die Rechte Dritter, nämlich derer, die eine DNS-Anfrage stellen um auf eine Webseite zuzugreifen, werden überhaupt nicht betrachtet. Dass so etwas sogar eine Straftat ist, weil durch eine Veränderung des DNS eine Unterdrückung der Telekommunikation erfolgt und damit das Grundrecht des Post- und Fernmeldegeheimnisses verletzt wird, kam diesen Richtern auch nie in den Sinn. Das war außerdem 2005 und da wussten Juristen noch kaum, was Internet ist.
Ich halte das für extrem unvertretbar, wenn man Domains im Allgemeinen pfänden kann. Ich würde sowas höchstens im Einzelfall für vertretbar halten, wenn es nur um eine reine, austauschbare Shopping-Domain geht, auf der irgendein Shop läuft, aber nicht, wenn es – wie beispielsweise hier bei meiner Domain – um Meinungsfreiheit und eine feste Markenbindung geht.
Bedenklicherweise reden alle Parteien von Digitalisierung und Zukunft Deutschlands, aber auf die Idee, sowas gesetzlich zu verhindern, kommen die nicht. Es besteht wohl auch ein großes politisches Interesse, auf diese Weise Domains und Webseiten totschlagen zu können. Im Prinzip kriegt man damit jeden tot: Man muss einen nur mit einstweiligen Anordnungen zu hohen Streitwerten überschütten, schon ist der Pleite und man kann die Domain pfänden.
Ich halte das vor allem dann für hochkritisch, wenn über diese Domain – wie etwa bei mir – auch der gesamte Mailverkehr läuft und die Mailadresse weltweit an tausenden Stellen registriert ist. Erstens könnte ein neuer Domain-Inhaber dann die Mails abgreifen, und ich bekomme hier ja auch Hinweise von Lesern, die dem Pressegeheimnis unterliegen, die dann an Dritte gingen, was ja verfassungsrechtlich nun gar nicht geht – und übrigens auch die Grundrechte der Absender verletzt – sondern ich wäre auch von vielen Internet-Diensten abgeschnitten, weil die ja Bestätigungsmails und Links zum Anklicken an die Mailadresse schicken.
Wieder einmal halte ich es für katastrophal, was Juristen mit dem Internet treiben.
Man sollte sich aber nochmal diesen Satz durchlesen:
Der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss erging vom Amtsgericht Potsdam auf Antrag des Journalisten Richard Gutjahr.
Wohlgemerkt: Journalisten sind es, die immer die Verletzung des Pressegeheimnisses beklagen und sich aufregen, wenn sie bezüglich ihrer Informanten überwacht werden. Den ganzen Mailverkehr einer Presseredaktion umzuleiten halten sie aber für richtig, wenn es der political correctness entspricht.
Man sollte unbedingt daran denken und es deutschen Journalisten, Reportern ohne Grenzen und Erdogan-Kritikern unter die Nase reiben, wie hier ein deutscher Journalist mit Pressegeheimnis und Pressefreiheit umgeht.
Insbesondere gibt es in Deutschland – Pfändung hin, Wirtschaftsgut her – kein Recht, keine Rechtsgrundlage, jemanden von seiner Telekommunikation abzuschneiden.
Sowas geht verfassungs- und menschenrechtlich gar nicht. Aber macht sowas mal Juristen klar. Oder dem BGH.