Ansichten eines Informatikers

Augstein und Hayali

Hadmut
17.4.2018 0:11

Ich war bei einer Veranstaltung.

In letzter Zeit sind meine Veranstaltungsbesuche und die zugehörigen Blogartikel etwas zu kurz gekommen. Ich habe nicht nur zuviel Arbeit, sondern irgendwie auch das Gefühl, dass da nichts neues mehr kommt. Es wiederholt sich nur noch, ähnlich wie feministische Publikationen. Geistig ist eigentlich völliger Stillstand (oder eine Art eselartige Bewegungsstarre aus schierem Entsetzen und Orientierungslosigkeit) eingetreten, es wiederholt sich nur noch in einer Endlosschleife, weil man eben Geld und Publizität dafür bekommt. Ich habe nur noch selten den Eindruck, auf Veranstaltungen irgendetwas zu hören, was ich nicht schon mindestens dreimal gebloggt habe. Irgendwie wirken all diese Leute auf mich wie Leute, die in einer Sackgasse am Ende angekommen sind, zu stur sind um umzudrehen oder etwas einzusehen, und darauf bestehen auszuharren um zu sehen, wer zuerst aufgibt, die Sackgasse oder sie. Dummerweise können sich die meisten dieser Leute das sogar ewig leisten, weil sie aus öffentlichen Geldern bezahlt werden und bis zum Lebensende durchversorgt haben. Aber ich muss nicht dabei stehen und es mir ansehen. Es reicht mir schon, wenn ich es über Steuern und Zwangsgebühren bezahlen muss. Ich muss meinem Geld nicht noch nutzlose Lebenszeit hinterherwerfen.

Vorhin lud mich ein Leser ein. Er hätte noch eine Karte übrig für eine Veranstaltung von Radio Eins, eine Diskussion zwischen Jakob Augstein und Dunja Hayali.

Leser meines Blogs wissen, dass meine Meinung von beiden weit unter Null ist. Weil’s nun aber so nahe war, dass ich von zuhause zu Fuß hingehen konnte und ich mal etwas Bewegung und – soweit in Berlin möglich – frische Luft brauchte, und ich bei der Veranstaltung noch nie war, dachte ich mir, gehst’e mal hin. Meine gefühlt 7000. Veranstaltung zum Thema Hate Speech. Und eigentlich sagen sie ja sowieso immer alle das gleiche, und das immer wieder. Es ist so grausam. Aber sonst fällt ihnen ja auch nichts mehr ein.

Die Veranstaltung dauerte knapp 90 Minuten, die ersten ca. 55 Minuten davon live im Radio ausgestrahlt, danach ohne Ausstrahlung noch eine Fragerunde. Keine Ahnung, ob’s das mal als Download zum Nachhören gibt.

Leider konnte ich mir dann keine Notizen machen. Sie hatten nämlich nur die Bühne erleuchtet und das Licht im Publikum ganz ausgeschaltet. Das ist bei Radiosendungen anscheinend erforderlich, dass es im Publikum dunkel ist. Vielleicht sind die Leute dann auch leiser, weil sie im Dunkeln weniger rumkruschteln, ich weiß es nicht. Insofern schreibe ich jetzt allein aus meinem altersschwachen Gedächtnis.

In gewisser Weise war es Schwindel. Denn es hatte ja Eintritt gekostet und angekündigt war ein Gespräch über Hass und Rassismus.

Nun weiß ich, dass Hayali Sportjournalismus erlernt hat, weil sie ursprünglich hinter Boris Becker her war. (Ob das jetzt unter Hass zu subsumieren wäre, möge sich jeder selbst überlegen, mir erschien es zumindest nicht so, als hätte sie es so gemeint.) Ich weiß, wann sie aufsteht, manches über ihren Hund und über eine Vorliebe zu Jogginghosen. Ich habe erfahren, dass es mit Nachteil verbunden war, im Irak eine Zeitung mit dem Bild von Saddam Hussein so in den Kofferraum zu legen, dass sie dabei schmutzig wird. Ich weiß nun, dass sie jemanden auf Hartz IV kennt und noch einen, der es nicht leiden kann, wenn man ihm das Auto anzündet. Und dass sie sich journalistisch keine Vorschriften machen lassen will, und dass sie es großartig findet, was sie macht, das zu lesen und zu machen, was ihr Spaß macht, und dafür noch Geld zu bekommen, es nicht als Job wahrzunehmen. Ich weiß nun, dass Jakob Augstein es nicht duldet, wenn Studiogäste sich erdreisten, ihm die Fragen zu stellen. Und ich habe festgestellt, dass Hayali einen seltsamen Humor hat und es gerne macht, dem Publikum in normalem Tonfall etwas zu erzählen, was nicht stimmt, um es dann aufzuklären, was aber nicht witzig ist und auch nicht gekonnt ironisch rüberkommt. Vor allem dann, wenn man generell nicht viel vom dem hält, was sie sagt, kommt der fehlende Kontrast doch fad herüber. Sie mag das. Ich nicht.

Das eigentliche Thema, Hass und Rassismus, kam eigentlich nur kurz, meist nur am Rande zur Sprache. Und das – wie auf so vielen dieser ewig gleichen Diskussionen – auch nur zitierend-anekdotisch. Nun ist mir zwar bekannt, dass man sie aufforderte, zurückzukehren und ein Kamel zu ficken, aber ich fühle mich dabei wirklich nicht schlauer als vorher. Da fehlt mir einfach der journalistisch-informative Nährwert. Davon ganz abgesehen hat sich die Wirkung solcher reiner Zitate völlig abgenutzt, an die Zitatschwere feministischer Berufsopfer ohne sonstige Tätigkeit kommt sie sowieso nicht heran, und letztere haben nicht nur den Sensationswert, sondern auch die Glaubwürdigkeit ruiniert, weil ich dort schon bei vielen den dringenden Eindruck hatte, dass sich da völlig bedeutungslose Leute ihren Hatespeech selbst schreiben, um sich wichtig zu machen und ein Feindbild zu haben. (Es gab ja schon Berichte, dass 80 bis 95 Prozent der Hakenkreuze von Linken gemalt werden – und Untersuchungen in den USA, dass die meisten Hakenkreuze dort falsch gemalt werden – damit deren Feindbild hochgehalten wird, weil Linke bekanntlich nicht nur existenziell, sondern meist auch finanziell auf die Bedrohungslage angewiesen sind.) So ein Kamelzitat ringt mir da nicht mal mehr ein müdes Gähnen ab.

Oder anders gesagt: Sie hatten eine Sendung und ein Publikum, aber eigentlich nichts zu bieten. Ich fand es belanglos. Und das wurde noch dadurch bestätigt, dass Augstein sagte, dass er sie eingeladen hat, um sie endlich mal kennenzulernen, und sie sagte, dass sie ihn kennenlernen wollte, und das Thema war anscheinend so gewählt, weil ihm zu ihr nichts besseres eingefallen ist. Hätte man es Hund und Kamel in der irakischen Wüste genannt, wäre es sicherlich prickelnder geworden. Aber sie kommen halt aus ihrer monothematischen Endlosschleife auch nicht raus. Einfach mal was frisches und was anderes geht nicht.

Es war halt wie ihre Fernsehsendungen und seine Zeitungen. Wie Sackgasse. Man steht halt drin und macht sich’s bequem, aber es geht nicht weiter.

Er ist und bleibt der alles verachtende Linke, sie die tapfer dem Hasswind entgegenstehende Jungfrau von Orléans. Ich habe ständig den Eindruck, dass die unwillkürlich vornüber kippt, wenn der Hassgegenwind mal aussetzt, so lehnt die sich tapfer nach vorne. Sie redet gerne davon, dass sie gerne davon redet. So „wir müssen reden”. Zumindest sieht sie sich gerne so. Ich habe das irgendwann mal im Fernsehen gesehen, wie die bei Pegida rumrennt und mit den Leuten reden will, mir kommt das aber nicht so vor. Mir kommt es so vor, als wolle sie wie in einem Zoo Leute vorführen, die anderer als der einzig wahren Fernsehmeinung sind, so eine Art Expeditionen ins Tierreich. Und hatte auch den Eindruck, dass man sich da immer Leute raussucht, die möglichst doof und lächerlich rüberkommen. (Ich hatte vor einiger Zeit mal ein Gespräch mit einem Journalisten, der mir sagte, dass viele der Fernsehberichte über Pegida manipuliert seien und er selbst daran beteiligt war, er hat mir auch ein paar Sachen erzählt, seither fällt es mir schwer, da überhaupt noch irgendetwas zu glauben.) Ich halte das, was sie da treibt, nicht für reden, sondern für überhebliches Vorführen durch Kamera-Draufhalten, aber sie gefällt sich in der Rolle. Da die bösen Rassisten und Hater, hier die Edle, die gerne reden würde, wenn man sie denn nur endlich ließe.

Er dagegen will mit vielen Leuten erst gar nicht reden, sagt er.

Ich halte beide für redeunfähig, nur jeden auf seine Art.

Dann kam die Fragerunde. Zuerst eine Frau, ganz vorne, ich weiß aber nicht mehr, was sie gefragt hat, ist mir nicht in Erinnerung geblieben.

Dann hatte ich mich gemeldet, vor mir kam aber eine in einem seltsamen Kostüm dran, und sie fragte etwas in der Art, warum man die Qualität der Diskussion nicht hebe, indem man die Hatespeecher aus der Diskussion rauswerfe. Sie redete da was von Anonymen, die ihr Unwesen trieben (hatte sich aber selbst nicht vorgestellt). Irgendwie war’s auch keine Frage, sie wollte sich nur selbst reden hören, und Augstein gestikulierte schon, dass man das Mikro mir geben könnte, damit man möglichst schnell auf eine andere Frage käme. War halt so ne Schreckschraube.

Ich wollte an eine Frage Augsteins ansetzen, nämlich woher der Hass kommt, und fing damit an, dass ich seit 20 Jahren das Verhalten der Presse beobachte und inzwischen bei unzähligen Veranstaltungen zu Hate Speech war, und dass mir dabei stets aufgefallen sei, dass sie sich immer nur untereinander mit ihresgleichen unterhielten und sachliche Kritik von außen, aus dem nichtjournalistischen Publikum einfach ignorierten und nicht zur Kenntnis nähmen, nur auf Hate Speech reagierten, das also die einzig verbliebene Kommunikationsform sei, sie Hate-Speech selbst produzierten, indem sie nur darauf reagierten.

Da unterbrach mich die Schreckschraube im komischen Kostüm, fiel mir massiv und in hysterischem Ton ins Wort, und rief, ich wäre genau ein solcher, der da irgendwie aus der Anonymität heraus Hass streuen würde, und ließ sich auch nicht zur Ruhe bringen, als ich sagte, dass ich jetzt das Mikro hätte und nicht unterbrochen werden wolle, auch nicht, als Augstein klarstellte, dass man das hier nicht verlange, und auch nicht, als ich sagte, dass ich keineswegs anonym sei, sondern Hadmut Danisch und Blogger, und stets unter meinem Namen auftrete. Ich empfand diese Pöbelei dieser Schreckschraube als eine ziemlich Unverschämtheit und Unbeherrschtheit, zumal sie sich selbst – und auch niemand der anderen Leute, die Fragen stellten – nicht vorgestellt hatte. Nur von mir sei das zu verlangen. Augstein hatte sich während der Sendung mal darüber lustig gemacht, dass es Konservative gäbe, die sich diskriminiert fühlten. Wäre das nicht genau so eine Situation? Nur der, der abweichend fragt, soll darlegen, wer er ist? War nicht mehr zu klären, die Schreckschraube hatte es plötzlich eilig und verließ die Veranstaltung im Sturmschritt. Ich hätte sie gerne mal zur Rede gestellt, was ihr eigentlich einfällt, mich so anzupöbeln, und für wen sie sich hält. Viele Frauen können sich heute überhaupt nicht mehr benehmen, es fehlt schon an elementarem Sozialverhalten.

Nun, wie auch immer, ich kam endlich zur Frage. Wenn sie denn Sachliches ignorierten, und auf Hate Speech zwar reagierten und Resonanz zeigten, aber nur ablehnende, auf welche Weise denn Kritik der Art, dass mir deren Sendungen nicht gefielen und ich als Gebührenzahler gern was anderes sähe, zu artikulieren hätte, auf dass sie positive Berücksichtigung fänden.

Sie erwiderte, dass sie erst mal den Mund nicht zubekäme ob meiner Behauptung, dass sie selbst für Hate Speech verantwortlich und ursächlich sei. Das könnte ja wohl nicht wahr sein.

Nun, sie nimmt ja so gerne für sich „wir müssen reden” in Anspruch. Und so sieht das dann aus, wenn sie mal mit jemandem redet, der etwas anders sieht als sie. Schien sie nicht zu kennen. Hat wohl bisher nicht viel mit Leuten anderer Meinung geredet.

Verblüffenderweise stimmte mir aber dann Augstein zu, er sagte sowas in der Art von, dass das ein interessanter Gedanke wäre und er sich das vorstellen könnte. (Ich fügte noch an, dass es jede Menge Kritik am Fernsehen gäbe, und sie hier nur wieder eine Diskussion über Hate Speech führten, das also das einzige wäre, was überhaupt zu Diskussionen führte.)

Sie übernahm wieder und kam auf meine Frage zurück, wie man denn Kritik äußern könne. Sie meinte, ich könnte das da und dahin schicken, da käme das direkt zum Chef auf den Tisch, ich äußerte Zweifel, das hätte bisher nie funktioniert, und sie sagte, das sei ein Witz gewesen (keiner lachte), und ich bestätigte, dass es fürwahr ein Witz sei.

Im Ergebnis heißt es aber, dass sie zu dem „reden” eigentlich nicht in der Lage ist, wenn ihr schon bei der ersten kritischen Aussage der Mund offen steht, wie sie es selbst formulierte, und sie auf die Frage, welche andere Kritikform als Hate Speech zu einer Reaktion führen würde, nur mit einem schalen Witz antworten aber keine Antwort geben konnte.

Dann kamen noch andere Fragen, an die ich mich aber nicht mehr erinnern kann.

War ne fade Suppe.