Ansichten eines Informatikers

Über Universitäten und Verzweiflung

Hadmut
2.5.2018 23:49

Das wird nichts mehr mit den Universitäten.

Man könnte ja meinen, das wäre so eine schräge Idee aus Harry Potter, aber das ist echt, darüber wurde neulich schon berichtet: Die University of Utah hat für ihre Studenten Heulschränke aufgestellt. Nicht die Uni selbst, eine Künstlerin, aber die Uni hat’s genehmigt. Mit Plüschtieren und Timer drin, und es darf immer nur einer rein, also nix mit der schnellen Nummer. Da gehen die dann rein und bekommen ihren Heulkrampf. Früher gab’s solche Einzelkabinen nur in der Peepshow. Und die Plüschtiere in den Heulschränken würde ich keinesfalls mehr anfassen. Wer weiß, was der Vorgänger…

Erinnert mich entfernt an die Luftlandeheinheit in der Kaserne, in der ich damals Grundwehrdienst hatte. Die haben mal einen, der bei den Sprungübungen gezickt und alles aufgehalten hat, in seinen Spind eingeschlossen und dann den ganzen Spind aus dem ersten Obergeschoss geworfen. Zur Gewöhnung. (Naja, es stand ein Baum darunter, der das aufgefangen hat. Das wusste der im Spind aber nicht.)

Eussner schreibt: In Frankreich haben Geisteswissenschaftler eine Universität blockiert, weil man den Zugang zu knappen Studiengängen nicht mehr verlosen, sondern von Leistung abhängig machen will. So eine radikale Minderheit, die meint, alles müsste nach ihnen gehen.

Nun langt es in Toulouse denjenigen, die studieren und ihre Prüfungen bestehen wollen, berichtet mein Lokalblatt L’Indépendant. Vier von ihnen und die Union nationale inter-universitaire (UNI), die “rechte Gewerkschaft”, wie der Staatssender FranceInfo eigens betont, vertreten von Rechtsanwalt Guillaume Brouquière, haben eine umfangreich begründete Klage vor dem Verwaltungsgericht von Toulouse zur Beendigung der Blockade eingereicht. Sie ist gestern verhandelt worden.

Die Kläger und ihr Anwalt fordern von der Universität, “Gebrauch zu machen von ihrer Hoheitsgewalt”, und “wenn nötig, dazu die öffentliche Macht zur Unterstützung anzufordern”, die Blockade also von der Polizei beenden zu lassen. So geschehen in Montpellier, Grenoble und Nancy.

Hört sich plausibel an.

Aber es kommt noch schlimmer: Die Vertreterin der Universität in juristischen Fragen Aïcha Kaddouri, diejenige, die verantwortlich ist dafür, daß es an der Uni mit rechten Dingen, gerecht und rechtens zugeht, sie weist die Klage als unbegründet zurück, “die Bedingungen des Verfahrens wären bei Nichtvorhandensein von Dringlichkeit und Nutzen nicht annehmbar” für eine Aufhebung der Blockade.

Aïcha Kaddouri erinnert daran, daß die Universität sich nicht gegen das Streikrecht wenden könnte. Schlimm, schlimmer, aber nun kommt’s am schlimmsten; denn sie begründet ihre Weigerung, die Blockade aufheben zu lassen, nicht nur damit, daß die Studenten den Vorlesungen im Internet folgen und ihre Prüfungen auf dem dafür reservierten Messegelände ablegen könnten, sondern auch damit, daß “Personen von außerhalb der Universität sich in den besetzten Räumlichkeiten befinden” (Migranten, Asylbewerber, Familien und Säuglinge) und schätzt, daß eine Räumung “Risiken für diese Personen brächten, die schon geschwächt wären”.

Das heißt, dass das nur vordergründig ein Streik gegen Leistungsanforderungen ist, in Wirklichkeit aber die Uni wie eine Art Kirchenasyl eingesetzt wird. Erinnert mich sehr an den Soziologenstreik an der Humboldt-Universität. Da lief das so ähnlich.

Es wäre vielleicht nicht schlecht, wenn man auch an deutschen Universitäten Geisteswissenschaftlern solche Heulschränke aufstellt. Die brauchen sowas. Am besten im ersten Obergeschoss und von außen zu verriegeln. Natürlich mit Baum darunter.