Anonyme Gewalt
Beobachtungen vom Tage.
Ich war doch neulich bei diesem Radiogespräch zwischen Jakob Augstein und Dunja Hayali, bei der mich während den Zuschauerfragen eine Frau aus dem Publikum übel beschimpfte, weil ich mich beim Fragen nicht vorgestellt hätte, obwohl auch niemand sonst und insbesondere direkt zuvor bei ihrer eigenen Frage sie selbst sich nicht vorgestellt hatte. Es wurde auch sonst von niemandem erwartet.
Es ging darum, dass auf dem Podium zuvor ausgesagt wurde, dass der ganze rechte Hass immer anonym erfolge, und dass anonym immer identisch mit rechten Hetzern sei.
Ich wollte eigentlich nur eine Antwort auf die Frage der beiden geben, woher der Hass käme, nämlich aus ihrem eigenen Wahrnehmungsfilter, weil mir seit 20 Jahren auffalle, dass sich Journalisten eigentlich immer nur mit ihresgleichen unterhalten und sachliche Hinweise und Kritik normaler Leute (vulgo: Leser und Zuschauer) ignorierten, nur Ausfälliges und HateSpeech überhaupt zur Kenntnis nähmen. Daraus entstünde nicht nur ein selektiver Eindruck, sondern auch eine Rückkopplung, weil das Publikum eben merkt, dass das es ist, was zu Reaktion und Kenntnisnahme führe. Ich hatte gerade angefangen, das zu sagen, als ich von dieser Schreckschraube kreischend unterbrochen und übel beschimpft wurde, weil sie meinte, ich sei damit ein genau solcher Hetzer und ein Paradebeispiel für anonymes Auftreten. Ich. Anonym.
Fairerweise muss man sagen, dass Augstein dazwischen ging und sie maßregelte, dass das bei ihm nicht erforderlich sei, dass man sich vorstelle (obwohl ich das dann klar sagte, wer ich bin), und Augstein den Gedanken auch verstand und aufnahm, während Hayali das nur als völlig absurd und extrem unvorstellbar einstufte.
Das ist mir dabei aber so aufgefallen, dass man sich in diesem linken Milieu immer einbildet und es ständig behauptet, dass Anonymität und Rechtsradikalismus eine eindeutige Zuordnung wäre, Rechte sind Anonym, und Anonyme sind rechts.
Das ist insofern erstaunlich und zeugt von schwerem Realitätsverlust, weil nahezu alle linksextremen Seiten anonym oder mit falschen Angaben betrieben werden. Wir hatten das ja bei Münklerwatch, bei der man erst gar niemanden und dann eine nichtexistente Person in Neuseeland angegeben hatte. Ich habe auch schon unzählige andere Seiten gesehen, die sich allesamt hinter Domain-Anonymisierern verstecken, und es gibt im linken Spektrum regelrechte „Medienberater”, die den Leuten sagen, wie man sowas macht. Schon bei den Piraten war es damals so, dass Leute im Hintergrund – ohne dass das den Mitgliedern erkennbar war – die Parteizeitung Flaschenpost oder die Mailinglisten zensierten und sich dabei stets hinter irgendwelchen Twitter-Pseudonymen und ähnlichem versteckten.
Das ist aber nicht nur im Internet so, man sieht das ja bei praktisch jeder Randale, dass der sogenannte „Schwarze Block” vermummt antritt.
Das ist mir gerade so in Erinnerung gekommen, weil mich eine Leserin gerade auf diese Webseite hinwies, die zu Krawallen und Gewalt gegen AfD-Geschäftsstellen aufruft. Die haben zwar eine Impressumsseite, auf der es aber heißt:
Zu früh gefreut, wer wir sind, verraten wir natürlich nicht.
Man sollte das alles mal sammeln, um das dann, wenn wieder mal solche Schreckschrauben unterwegs sind und Leute so beschimpfen, griffbereit haben, um die Leute des Realitätsverlustes zu überführen.