Ansichten eines Informatikers

Problematisches Fotorecht – Recht am eigenen Bild

Hadmut
27.3.2010 14:09

Ist es angemessen oder überdreht?

In Foto- und Rechtszeitschriften, den Blogs und Mailinglisten von Fotographenverbänden, fast immer und überall, wenn es um Fotos von Personen geht, liest man, welche Rechte man beachten muß, schriftliches Einverständnis, konkludente Zustimmung bei der Annahme von Geld usw. usw. Kommerzielle Agenturen nehmen Bilder von Personen meist nur an, wenn man eine schriftliche Einverständniserklärung vorlegt. Wobei man sich fragt, woher sie wissen wollen, ob die Person auf dem Bild die auf der Erklärung ist.

Die Rechtslage ist dabei keinsfalls so klar, wie man immer behauptet. Persönlichkeitsrecht und § 22 Kunsturhebergesetz sagen zu nächst:

Bildnisse dürfen nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden. Die Einwilligung gilt im Zweifel als erteilt, wenn der Abgebildete dafür, daß er sich abbilden ließ, eine Entlohnung erhielt. […]

Gilt es da als Entlohnung, wenn ich einem Straßenkünstler oder Bettler ein paar Münzen in den Korb werfe?

Und dann kommen gleich die Ausnahmen in Form des § 23 Kunsturhebergesetz:

(1) Ohne die nach § 22 erforderliche Einwilligung dürfen verbreitet und zur Schau gestellt werden:

1. Bildnisse aus dem Bereiche der Zeitgeschichte;
2. Bilder, auf denen die Personen nur als Beiwerk neben einer Landschaft oder sonstigen Örtlichkeit erscheinen;
3. Bilder von Versammlungen, Aufzügen und ähnlichen Vorgängen, an denen die dargestellten Personen teilgenommen haben;
4. Bildnisse, die nicht auf Bestellung angefertigt sind, sofern die Verbreitung oder Schaustellung einem höheren Interesse der Kunst dient.

(2) Die Befugnis erstreckt sich jedoch nicht auf eine Verbreitung und Schaustellung, durch die ein berechtigtes Interesse des Abgebildeten oder, falls dieser verstorben ist, seiner Angehörigen verletzt wird.

Insbesondere dieser Punkt in Abs. 1 Nr. 4 ist ganz haarig: Was ist denn genau ein höheres Interesse der Kunst? Und wann gilt eine Bestellung als Hindernis? Ist ein Auftrag, mal ein paar Bilder von Ägypten zu machen, schon eine solche Bestellung? Gelegentlich liest man, daß für diese Ausnahme noch nicht einmal das Bild selbst künstlerisch sein muß, sondern allein (Wortlaut!) die Verbreitung oder Zurschaustellung selbst einem höheren Interesse der Kunst dienen muß. Aber wann ist das gegeben?

Es gibt den berühmten Fall Nussenbaum gegen DiCorcia, in dem ein amerikanisches Gericht zugunsten der Veröffentlichung entschieden hat. Und es gibt einen Fall vor dem OLG München (selbe Quelle), in dem ebenfalls zugunsten der Veröffentlichung entschieden wurde, weil es sich um ein künstlerisches Foto handele, dessen Verbreitung in kunstgemäßer Weise erfolgt ist. Dabei sei eine wirtschaftliche Verwertung übrigens unschädlich, weil ja auch Künstler von irgendwas leben müssen.

Doch wann ist ein Bild künstlerisch? Irgendwo habe ich mal eine Unterscheidung gelesen, daß sich das Bild von dem einfachen dokumentarischen Draufhalten und Auslösen abheben muß. Spiel mit Brennweite, Blende und so. Das heißt aber letztlich auch, daß es keine objektiven Kriterien gibt, auf die man sich verlassen kann.

Bisher konnte mir auch noch niemand sagen, wann und warum eigentlich deutsches Recht anwendbar sein soll. Wenn ich jemandem im Ausland fotographiere, könnte genausogut das dortige Landesrecht gelten. Man könnte auch argumentieren, daß das Recht jenes Landes gilt, in dem die Zustimmung abgegeben wurde. Was schwierig wird, wenn sich die Parteien dabei in unterschiedlichen Ländern aufhalten (Zustimmung per Telefon, E-Mail, Fax,…).

Davon abgesehen hat sich das deutsche Recht am eigenen Bild nach meiner Erfahrung als völlig unpraktikabel erwiesen.

Vor ein paar Jahren war ich mal auf einem Flohmarkt in San Francisco und habe an einem Stand mit grell-buntem Krims-Krams eine Frau gefragt, ob ich sie fotographieren dürfte. Die ist sofort in einem Lachanfall ausgebrochen. Seit über 20 Jahren stünde sie hier, sagte sie. Jeden Tag würde sie bestimmt von mindestens hundert Touristen und Fotographen fotographiert. Und ich sei der erste, der wirklich allererste, der sie fragte, ob er darf.

Als ich von einer Reise kürzlich ein paar erste Bilder vorab (unbearbeitet und so) rausgestellt und mich dabei zu sehr an diese Regeln gehalten habe, hat sofort einer (zu Recht!) gemeckert, daß auf meinen Bildern keine Personen zu sehen seien. Was macht man denn nun?

In Bangkok ist die mündliche Verständigung nicht immer möglich, weil viele Leute dort kein Englisch sprechen und praktisch niemand Deutsch spricht. Selbst wenn die Verständigung auf Englisch klappt oder man sich durch Gesten verständigt, reagieren die Leute dort meist verständnislos. Nicht verständnislos für das Foto, sondern für die Frage. Natürlich dürfe man sie, in ihrem Laden, die Auslage usw. fotographieren. Das dürfe doch jeder. Die verstehen – zumindest nach meinen Beobachtungen in zweieinhalb Tagen Bangkok – nicht, warum man überhaupt fragt und was man von ihnen will, und warum man sie durch Fragen stört. Die stellen sich in Pose, nu mach schon das Foto. Es wäre völlig absurd und illusorisch, wenn man denen – wie es das deutsche Recht eigentlich vorsieht – da einen Vertrag in zwei Ausfertigungen mit Angabe von Name, Anschrift usw. vorhalten würde. Zumal der in Thai geschrieben sein müßte und vermutlich dann thailändischem Recht unterläge. Die Leute würden das aber ganz sicher nicht unterschreiben. Wäre das dann eine konkludente Verweigerung?

Wie also macht man dann Fotos von Bangkok? Mit dem Aktenordner für die Verträge unter dem Arm? Oder gleich einem Notar im Schlepptau?

Anscheinend machen sich viele Leute darüber kaum Gedanken, denn viele – auch viele Profis – habe ich gesehen, die da ohne zu fragen immer voll drauf halten.

Eine ähnliche Situation in Dubai. Gut, da vermeidet man es, verschleierte Frauen „abzuschießen”, aber die Händler auf den Märkten und so freuen sich sogar, wenn man sie ablichtet. Und je größer, professioneller, angeberischer, auffälliger Kamera und Objektiv sind und je umständlicher und profi-mäßiger man dazu rumhantiert, desto stolzer sind sie, von wem sie da für wichtig gehalten werden. Aber an Unterschriften unter Verträge (jetzt auf arabisch) ist da auch nicht zu denken.

In Neuseeland klappte zwar die Verständigung auf Englisch einwandfrei, viel mehr Verständnis für die Fragerei hatten die Leute aber nicht. Ja klar kannst Du fotographieren, was soll die Frage? Einen Vertrag würden die auch nicht unterschreiben. Ich habe auch da keinen einzigen gesehen, der die Leute nach sowas fragen oder sich irgendwas unterschreiben lassen würde.

Ich habe in allen Ländern durchaus auch eine Menge professionelle und semiprofessionelle Fotographen getroffen, und gerade in Neuseeland komischerweise auch unheimlich viele lokale kleinere Fernsehteams unterwegs gesehen. Keine Verträge, nichts.

Die einzige Ausnahme von der allgegenwärtigen Zustimmung ist mir in Auckland in der Queen Street passiert. Ich gehe abends über die Straße und dabei fällt mir auf, daß in der Abenddämmerung drei der Läden auf der anderen Straßenseite durch ihre Beleuchtung herausstechen. Weil ich die Kamera gerade in der Hand hatte, schnell einen Schnappschuß im Gehen (ist eh nichts geworden). Ich wollte das dann eigentlich nochmal in Ruhe aus der Nähe aufnehmen. Da schießt plötzlich einer wie von der Tarantel gestochen auf mich zu. Der hatte da vor einem der Läden auf einem Stuhl hinter einer Stellwand gesessen und irgendwas gegessen. Den hatte ich weder vorher gesehen, noch war er nachher auf dem Bild zu entdecken, nicht mal Körperteile von ihm. Kam direkt in aggressiver Gestik auf mich zu und brüllt mich an, ob ich Fotos von ihm gemacht hätte. So ein Typ zwischen 50 und 60, mediterane Erscheinung, gebrochenes Englisch, starker italienischer Akzent. Nein, sage ich, ich habe den Laden rechts da fotographiert (stimmte ja auch). Brüllt mich an, er wolle sofort meine Kamera haben und alle Bilder löschen. Ziemlich aggressiv, erregt und in einer Gestik, die eigentlich schon unmittelbar zum Angriff gegen mich ansetzen wollte. Ich habe dann etwas getan, womit er offenbar überhaupt nicht gerechnet hatte: Ich habe ihn ignoriert und bin einfach in der Menge weitergegangen, um einen Streit zu vermeiden. Ich habe dann noch gemerkt, wie der hinter mir getobt hat und mir wohl auch noch ein paar Meter gefolgt ist, sich dann aber doch nicht getraut hat, mich auf der sehr belebten Straße voller Leute da anzugreifen (das ist die Hauptgeschäftsstraße in der Innenstadt von Auckland) oder zu verfolgen, zumal Polizei in der Nähe rumstand. Vermutlich habe ich da irgendso einen Obermafiosi erwischt, der sich in Neuseeland versteckt und Angst hatte, man könnte auf irgendwelchen Webseiten entdecken, daß er sich in Neuseeland aufhält. Vielleicht ein Berufskiller? Was wäre gewesen, wenn derselbe Vorfall an irgendeiner einsamen Nebenstraße passiert wäre? Sollen ja schon Leute von der Stadtverwaltung umgelegt worden sein, weil ihnen Mafiosi in die mobile Radarfalle gegangen und damit fotographiert worden sind. Zumal es ja durchaus auch eine aufgesetzte Masche sein könnte, um Touristen auszurauben. Man beschuldigt sie wegen irgendwas, bringt sie in ein Gedränge, verwickelt sie in einen Streit, und Schwups sind Kamera, Geldbeutel, alles weg.

Mit Kamera hergeben habe ich da so meine Erfahrungen. Ich war mal auf einer Busreise durch Australiens Outback, auf der eigentlich eine Super-Stimmung herrschte, und die Leute gut drauf waren. Allerdings hatten wir da so 3 oder 4 Weiber dabei, die eigentlich nur Stunk und Mißgunst produziert haben. Man hat halt versucht, die freundlich aufzunehmen und zu integrieren, damit die sich da beruhigen. Und wie so üblich, hat man sich halt im Bus während der langen Fahrten auch ständig gegenseitig fotographiert. Ich bin ja auch ständig von den anderen fotographiert worden. Also habe ich zwischendrin auch mal ein paar Bilder von den anderen gemacht, war eigentlich auch lustig. Normalerweise hat man dann die Kamera hergezeigt, und alles hat sich über die Schnappschüsse amüsiert. Ging mehrere Tage so, jeder jeden. Wie mal wieder so ein paar Fotos entstanden und man dann die Kamera zum angucken herumreichte, merke ich, wie eine dieser Frauen an meiner Kamera auffällig lange herumdrückt. Nicht nur vor- und zurückblättern. Und dabei böse guckt. Ich frage, was sie da macht. Sie sagt nichts. Ich nehme ihr die Kamera spontan ab und sehe, daß sie im Menü war, die ganze Karte zu löschen. Gerade noch verhindert. Ich hatte von ihr nur ein einziges Foto gemacht, das sie auch schon einzeln gelöscht hatte, aber sie meinte, sie müsse rein vorsorglich einfach alles löschen, weil es ja noch mehr geben könnte. Sie wolle heute nicht von mir fotographiert werden. Als ich sauer fragte, ob sie verrückt geworden wäre, mir die ganze Karte löschen zu wollen, Verständnislosigkeit. Die dachte so, sie dürfte alles. Seitdem gebe ich meine Kamera für sowas nicht mehr aus der Hand.

Dieses und ähnliche Erlebnisse sind Gründe, warum ich es normalerweise vermeide, Leute aus der eigenen Reisegruppe aufzunehmen, wenn man nicht gerade besonders gut mit denen kann und sich angefreundet hat. Gibt nur Ärger, und die Bilder sind später eh für den Müll. Was will man damit?

Die Frage ist aber wirklich, wie man Leute in fremden Ländern fotographiert. Die einzige Möglichkeit sehe ich in den Varianten nach § 23 KunstUrhG, wobei gerade die hier wichtigste nach Abs. 1 Nr. 4 von den Juristen am wenigsten untersucht ist. Man weiß nicht, woran man ist.

Die meisten Fotographen scheren sich deshalb erst gar nicht darum und lassen es darauf ankommen, ob irgendwer aus Indien, China oder sonstwoher überhaupt mitbekommt, daß er hier ausgestellt wurde, und wie er sich dagegen wehren will. Und wie er beweisen will, daß er das wirklich selbst ist.

Allerdings habe ich irgendwo gelesen, daß die australischen Aborigines hier abmahnen würden, wenn man Bilder von Aborigines veröffentlicht. Das ist eine sehr interessante Frage, denn auch da müßte dann § 23 zugunsten des Fotographen gelten. Zumal sich auch die Frage stellt, wie sie die Aktivlegitimierung beweisen wollen.

Im Ergebnis halte ich das Fotorecht aber für realitätsfern, nicht praktikabel, nicht plausibel und unausgegoren. Und letztlich hält sich – im Ausland – kaum jemand dran.

Ich habe mir schon überlegt, ob ich mir nicht Visitenkarten drucken lassen soll, auf deren Rückseite gleich die Vereinbarung zum Unterschreiben ist. Dummerweise sind solche Vereinbarungen meist DIN A4 lang und lassen sich nicht lesbar auf Visitenkarte verkleinern. Oder man müßte sie soweit kürzen, daß der Abgebildete dann praktisch keine eigenen Rechte mehr bekommt. Muß ich mal drüber nachdenken.

7 Kommentare (RSS-Feed)

Christian
27.3.2010 16:32
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Über das Recht am eigenen Bild hatte ich vor einiger Zeit auch mal recherchiert und dabei herausgefunden, dass das für Fotografieforumsbesucher wohl so ein Thema ist, wo jeder eine Meinung, aber kaum einer Ahnung hat. Deiner Analyse zufolge ist es wohl der größte Beweis von Ahnung, wenn man ehrlich zu gibt: Ich hab keine Ahnung…

Für mich ist dieses Beispiel ein Paradeexemplar dafür, dass durch das Internet Laien immer mehr in Berührung mit Gesetzen kommen, die für „Profis“ gemacht wurden (Profifotografen, Profiurheber, Profiverleger, …). Vor dem Internet betraf dieses Gesetz doch nur die Profis, die Bildbände, Ausstellungen etc. gemacht haben. Der ambitionierte Hobbyfotograf hat seine Bilder maximal im VHS-Fotokurs oder im lokalen Rathaus ausgestellt, da hat kein Hahn danach gekräht. Aber mit dem Internet gibt es die (für viele theoretische, nicht jeder erreicht das) Möglichkeit, die gleiche Wirksamkeit/Streuung zu erzeugen, die früher den Profis vorbehalten war – weil eben die Differenzierung zwischen Privatumfeld und globalem Umfeld sehr diffus geworden ist. Ein privates Blog ist in den meisten Fällen eher mit dem Wirkungskreis eines VHS-Fotokurs zu vergleichen, aber das kann sich über die Zeit oder auch schlagartig ändern. Das gleiche gilt auch für das Urheberrecht, Impressumspflicht etc.

Leider werden zur Lösung dieser Probleme meist nur zwei Varianten vorgeschlagen und mit Vehemenz verfolgt: Variante a) ist, die bestehenden Gesetze einfach in voller Härte einzusetzen, sobald jemand im Internet unterwegs ist – selbst schuld, wer sowas einsetzt! Variante b) ist, dass diese Gesetze alle veraltet sind und wegmüssen – im Internet darf man schließlich alles sagen und publizieren, was man will.

Auch wenn ich beide Varianten inakzeptabel finde – ich muss gestehen: Ich könnte selbst nicht so genau sagen, wie ein Kompromiss aussehen könnte.


VODAN
28.3.2010 1:44
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Zu diesem Thema kann ich eigene Erfahrungswerte beisteuern, die ich allerdings nicht durch Urteile o.ä. belegen kann. Bin seit über 14 Jahren in der Werbebranche tätig und habe in Köln, Frankfurt, Wiesbaden und Kaiserslautern mit professionellen Werbefotografen gearbeitet, seit etwa 2 Jahren bin ich auch gelegentlich als Foto-Journalist tätig.

Zunächst wird auf dem “Bilder-Markt” zwischen Nutzungsarten unterschieden, also beispielsweise zwischen kommerzieller und redaktioneller Nutzung. Aus der Werbung kommend kenne ich das Zusammenarbeiten mit Models und die gesetzlichen Rechte und Pflichten, die aus der Zusammenarbeit resultieren. Wenn ich Model zu einem Tagessatz buche, darf man es zwar in der gebuchten Zeit fotografieren, aber die Bilder deshalb noch nicht frei nutzen, also beispielsweise publizieren, wozu das Shooting ja dient. Dafür fallen extra nochmals Nutzungs- und Verwertungsrechte an, genauso wie beim Fotografen. Das Recht am eigenen Bild geht dann auch so weit, dass die Nutzungsvergütung auch anfällt, wenn man nur Details von dem Model sieht, wie es bei Hand- oder Fußmodels der Fall ist. Das Persönlichkeitsrecht wird da ganz klar auf das Recht am eigenen Bild ausgelegt, auch wenn es nur ein Durschnitts-Ohr ist, dass sich von 10.000 anderen Ohren nicht wirklich unterscheidet. Ein Bild von einer Wohnung kann da weitaus mehr über die Persönlichkeit einer Person aussagen, aber ein gesetzlich geregeltes “Recht am eigenen Besitz” gibt es unter den Kriterien des UrhG nicht. Nach deutschem Recht ist ja auch ein Hund kein Mensch sondern eine Sache und damit frei fotografierbar, ohne das der Besitzer Nutzungsrechte geltend machen dürfte. In der Werbebranche wird trotzdem dafür bezahlt, auf der Straße mussen man dagegen aufpassen, das man nicht vom Besitzer oder seinem Hund angegriffen wird…

Nun hatte auch ich aus diesen Erfahrungen zunächst nur Bilder gemacht, die entweder schön leer, also personenfrei waren oder nur so fotografiert, das Personen nur von hinten zu sehen waren. Worauf mir jede Zeitung sagte, dass es zwar schöne “Schmuckfotos” seien, aber die Stadt darin so tot aussähe, ich solle Bilder machen, wo mir Personen entgegen kommen. Als ich darauf hinwies, dass ich nicht ständig alle eine Abtrittserklärung unterzeichnen lassen könnte hies es nur: “Ist völlig egal, wir sind eine Zeitung, zu redaktionellen Zwecken geht das! Es dürfen nur keine portraitartigen Bilder sein sondern im Bereich gut erkennbares Beiwerk! Wir dürfen das weil wir über Ereignisse berichten!”

Besieht man sich jetzt Bilder, so scheint es wirklich einen Unterschied zwischen (rein) kommerziellen und redaktionellen Bildern zu geben. Oder anders gesagt: zwischen mit Models inszenierten Bildern und Schnappschüssen aus dem Alltag.

Natürlich ist ein Aspekt wie eine “eigene künstleriche Höhe” eines Bildes nicht gesetzlich klar zu umreissen…udn ich will auch bei aller Problematik sagen: Gott sei Dank! Kunst ist genausowenig festzulegen wie Geschmack; die einen mögen Spinat, die anderen hassen ihn. Manche mögen van Goch und Picasso, anderen schütteln angesichts Andy Warhol und Joseph Beuys nur völlig unverständlich den Kopf. Letztlich hat der gesetzliche Freiraum, wann etwas Kunst ist, für den Künstler (und eben auch dem Fotografen) den gnadenlosen Vorteil, dass man sich im Falle eines Gerichtsbesuches durch künstlerisches Gefasel und interpretieren den Kopf aus der Schlinge rausquatschen kann, was bei anderen Gesetzen des deutschen Rechtes nicht so einfach geht!

Das UrhG ist nicht für Profis gemacht. Und es wird auf neue Bedürfnisse angepasst. Das Problem ist vielmehr, dass es nur sehr wenige sehr gut kennen und viele mit einem gefährlichen Halbwissen agieren. Es gibt semiprofessionelle Fotografen, die Portraitaufnahmen, die auf irgendeiner öffentlichen Veranstaltung entstanden, zum Verkauf ins Internet stellen mit dem Vermerk, das kein Modelrelease vorliegt, ohne zu kapieren dass sie damit eine Veröffentlichung im rechtlichen Sinne betreiben und durch den Vermerk, dass sie garkeine Persönlichkeitsrechte eingeholt haben bereits selbst ganz offen gegen das UrhG verstoßen!

Gelegentlich fotografiere ich auch auf Mittelaltermärkten und auch ich habe mir angewöhnt wenn ich einen Darsteller fotografiere vorher höflich zu fragen. Und auch ich werde dafür regelmäßig fassungslos angeschaut oder ausgelacht. O-Ton: “Also DAS hat mich noch niemand hier gefragt! Machen Sie ruhig, bei uns Darstellern ist es so, dass wir quasi unser Persönlichkeitsrecht mit dem Teilnahmevertrag abgegeben haben!”. Also fotografiere ich, frage mich dann aber dabei, ob sie das auch sagen würde, sollte es in 2 Jahren zu einem Rechtsstreit gegen mich kommen. Denn auch das inoffizielle Argument “Sie hat doch extra für das Bild posiert!” hilft einem nicht, denn es ist keine Zustimmung dafür, dass es auch kommerziell genutz werden darf!

Ich habe mir mittlerweile angewöhnt zwei Arten von Bildern zu machen: schöne/kommerzielle und redaktionelle. Redaktionel sind alle die, bei denen ich mir wegen Persönlichkeits- oder Designrechten nicht sicher bin. Die redaktionellen kommen nicht auf meine Website (weil: meine Veröffentlichung und damit meine Verantwortung) sondern werden nur direkt Zeitungen angeboten, die sie dann drucken (weil: ihre Veröffentlichung und damit ihre Verantwortung!). Letztlich muss man es machen wie GOOGLE streetview: Ganz dreist gegen § 59 UrhG verstoßen, einfach machen und warten ob jemand klagt.

Und wenn jemand klagt einfach alles in Grund und Boden reden, bzw. da es sich ja idealerweise um Kunst handelt alles schöninterpretieren… ohne klagen bekommt man in Deutschland offenbar keine allgemeingültigen Antworten!


Christian
28.3.2010 14:50
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Vodan, das ist ein interessanter Beitrag, danke. Aber eins würde mich dann doch noch interessieren: Ich dachte, das Recht am eigenen Bild und die kommerzielle Verwertung sind erst einmal zwei Paar Stiefel? Macht jemand Bilder von mir, dann ist es mir eigentlich egal, ob er sie zum Verkauf ins Internet stellt oder einfach so – in beiden Fällen ist die Wahrscheinlichkeit sehr groß, dass ich das nicht haben will. Genauso ja auch beim Urheberrecht: Nur weil jemand Raubkopien nicht verkauft, sondern frei zur Verfügung stellt, wird’s ja nicht legal.

Ist nicht schon das ins-Internet-Stellen eine Veröffentlichung, auch ohne Verkaufsabsicht?


VODAN
29.3.2010 2:09
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@ Christian

Das ist sehr fein beobachtet! Die Veröffentlichung im Internet mit kommerziellen Nutzen bei Fotografen war auch nur ein “worst-case”-Beispiel, dass also auch die Profis selber Urheberrechtsverletzungen begehen und nicht immer nur Opfer von Urheberrechtsmißbrauch sind! Das ist so ähnlich wie mit der ANTIFA: sich benehmen, als hätte man die Toleranz für sich gepachtet und dauernd Toleranz für die eigene Lebensweise einfordern, aber gegenüber anderen ist man nur dann Tolerant, solange er die eigenen Ansichten vertritt, anderen Gedanken gegenüber sind sie völlig intolerant. Ein derartiges Verhalten hab ich von Profi-Fotografen, bzw. viel schlimmer noch bei den mittlerweile sog. “Photo-Designer” gerade beim Thema “Rechte am Bild” kennenlernen dürfen.

Grundsätzlich – nach Gesetzeslage – hat das Recht am eigenen Bild nicht mit einer kommerziellen Nutzung tun, das ist richtig. Aber es hat mit Veröffentlichung zu tun. Heisst: zu meinem rein privaten Zweck und Vergnügen darf ich prinzipiell erst mal alles fotografieren, was meine Linse erwischt. Auch Dich, wenn wir uns treffen sollten und ich die Möglichkeit hätte und ich das wollte. Was ich damit bei mir zuhause mache ist ein Bereich, für den ich keine Rechenschaft ablegen muss und daher keinen zu interessieren hat. Das ist beispielsweise die Basis von Detekteien, die Personen mit Fotobeweis beschatten sollen.
Dein Recht an deinem eigenen Abbild kommt daher erst zum Zuge, wenn ich das Bild in irgendeiner Form veröffentlichen sollte…aber auch nur dann, wenn Du keine Person vom öffentlichen Interesse bist oder das Bild nicht deine Person als Hauptmotiv hat oder ich keine anderen “höheren Werte der Kunst” dafür geltend machen kann (soweit dich meine Bildinterpretation nicht diffarmiert oder entstellt). Das wäre zum Beispiel die Basis, um bei WKW oder anderen Profil-Plattformen rechtlich gegen Leute vorzugehen, die ein Bild von dir, wie du auf der letzten Party sternhagelvoll eingenässt und vollgekotzt im Schritt des Hundes der Gastgeber mit sabbernden, offenem Mund eingeschlafen bist, online stellen…

Aber: Um dein recht am eigenen Abbild geltend machen zu können, muss es für Veröffentlichung gedacht sein und du regelst das über Nutzungs- und Verwertungsrechte, oder es wurde ohne Zustimmung veröffentlicht und legst Rechtsmittel ein. Wenn du dein Recht nicht wahrnimmst, wird der Veröffentlicher auch nicht zur verantwortung gezogen.

Da ich – wie geschrieben – aus der Werbebranche komme hat bei mir in aller Regel eine Veröffentlichung immer mit kommerziellen Zwecken zu tun.

“Ist nicht schon das ins-Internet-Stellen eine Veröffentlichung, auch ohne Verkaufsabsicht?”…Ja, ist es, wie ich bereits im 6. Absatz meines 1. Kommentars geschrieben hatte und ich dir hiermit gerne nochmal bestätige.

Was dein Vergleich mit den Raubkopien betrifft, muss ich dir allerdings Widersprechen, dieser Vergleich ist nicht mal mehr hinkend, er ist komplett querschnittgelähmt! Das Erstellen einer Raubkopie an sich ist bereits verboten, egal ob sie in der Folge verkauft oder im Internet verschenkt wird. Das Erstellen eines Fotos ist grundsätzlich nicht verboten, erst die folgende Verwertung wird strafbar!
Wenn von Dir ein Bild heimlich gemacht wird und es nie veröffentlicht wird – auch wenn Du sowas grundsätzlich ja nicht magst – könntest Du deinem theoretischen Recht aufs eigene Abbild nie nachkommen; auch wenn Du siehst, dass ich Dich fotografiere und ich sage, dass ich dich garnicht geknipst habe, sondern an dir vorbei (Beachte: Du hast keinen rechtlichen Anspruch auf Einsicht in meine Bilder, die mein Privatbesitz sind!!!). Insofern ist eine Veröffentlichung des Bildes – auch wenn es gesetzlich nicht zwangsläufig vorgesehen ist – fast zwingend notwendig, da du in aller Regel ansonsten keinen rechtlich-verbindlichen Beweis für die Existenz eines solchen Bildes hättest!

Gruß, VODAN


VODAN
29.3.2010 2:26
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Korrektur zum letzten Absatz:

“Das Erstellen eines Fotos ist grundsätzlich nicht verboten, erst die folgende Verwertung wird strafbar!”

Ich habe es im Schreibeifer falsch geschrieben: Die folgende Verwertung “wird” nicht strafbar, sie “kann” strafbar werden!

VODAN


yasar
3.5.2010 11:21
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Ich bin gerade über

http://www.osnews.com/story/23236/Why_Our_Civilization_s_Video_Art_and_Culture_is_Threatened_by_the_MPEG-LA

gestoßen (per fefe). Es geht darum, da0ß man die Kameras nur für privaten Gebrauch nutzen darf. Ber Erstellung gewerblicher Bilder/Filme verstößt man offensichtlich gegen Nutzungsbedingungen. Da kommt noch ein ganz großes Problem auf die Fotografen/Filmer zu. Momentan scheint es zwar nur mpeg und h264 zu betreffen, aber auch bei Bildformaten gibt es genügend Patente. Momentan dürfte wegen dem ABG-Gesetz das zwar nicht durchzusetzen sein, aber wer weiß wie schnell die Firmen die Verpackungen ändern, sobald es da wirklich Geld zu holen gibt. Obwohl – auf so etwas wie “Nur private Nutzung” habe ich bei den Verpackungen von Kameras noch nie geachtet.

Und da eine Veröffentlichung auf Picasa/YouTube u.a. sehr schnell als gewerblich/kommerziell angesehen werden kann, steht man ggf. mit einem Bein in der Kostenfalle.


Hadmut
3.5.2010 11:34
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Sieh an. Ich habe mich ja kürzlich beim Kauf einer Kamera knapp für die Nikon D300s gegenüber der Canon EOS 7D entschieden. Einer der “Nachteile” der Nikon, die mich geärgert hatten, war, daß die Nikon nur in Motion-JPEG speicher kann, während die Canon H.264 verwendet.

Sollte sich das Motion-JPEG nachträglich doch als Vorteil herausstellen?