Zeitenwende
Ein Gesamteindruck zur Jahreskonferenz der Journalisten-Vereinigung Netzwerk Recherche.
Ich hatte es vorgestern abend schon angesprochen und hätte es gestern abend noch aufgegriffen, wenn mir nicht die Kubicki-Sache dazwischen gekommen wäre.
Was mir auf der ganzen Konferenz immer wieder aufgefallen ist: Bei denen ist insgesamt und generell die Luft raus. Ich hatte es ja schon erwähnt, dass ich verblüfft darüber war, dass die ganzen Schrei-Themen der letzten Jahre praktisch völlig unter den Tisch gefallen waren. (Naja, eigentlich fand die Verblüffung schon in zwei Schritten statt. Ich habe mir ja neulich noch überlegt, ob ich da überhaupt noch hinfahren soll, denn meine Meinung über Journalisten ist bekannt, und alles in allem kostet das mit Hotel und Fahrt ja auch um die 350 Euro plus einen Urlaubs- und einen Wochenendtag. Zumal ich da ja nicht aus persönlichen Gründen hinfahre, denn ich kenne dort niemanden persönlich und in positiver Weise. Eine zentrale Funktion dieser Konferenz ist so eine Art „Klassentreffen” in der Journalistenbranche.
Es dient allerdings auch dazu, innerhalb der Journalisten die Hierarchien und Rangordnungen klarzustellen. Sie sagen zwar immer, dass es ihnen wichtig sei, den Nachwuchs zu fördern (und Frauen sowieso, die werden andauernd und pausenlos gefördert), aber letztlich läuft es darauf hinaus, dem Volk die Hierarchien vor Augen zu führen. Man sieht klar, wer nur zuhören darf, wer mit mehreren Leute auf ein Podium darf, wer da alleine hindarf, wer moderieren darf, und wer als „Promi” angekündigt wird. Es ist auch innerhalb der Journalisten ein Riesen-Unterschied, ob man die Tagesthemen anchort oder in irgendeinem Provinzblatt hungert. Ob man Chefredakteur oder wenigstens investigativ unterwegs ist, oder Kulturschreibse.
Und deshalb hatte ich natürlich vorher schon in das Programm gesehen, um zu überlegen, ob mich da überhaupt irgendetwas interessiert. Und ich fand das Programm sterbenslangweilig, so friedhofsmäßig (was auch der Grund war, warum mich mich diesmal nicht vorbereitet hatte). Eigentlich wollte ich gar nicht hin, aber aus irgendeinem Gefühl heraus sagte mir so eine innere Stimme, gehste mal hin und schaust denen beim Sterben zu. Gerade weil da nichts mehr los ist.
Und sowas in der Art habe ich dann da auch gesehen: Sterben. Im Prinzip eine Journalismusnekrose.
Aber anders als erwartet. Dann doch so friedhofsmäßig ruhig.
Bevor ich Titel und Programm gesehen hatte, hätte ich hoch gewettet, dass sie die Krawallthemen der letzten Jahre weiter kochen:
- Trump
- LBQTTIX
- Flüchtlinge/Rechte/AfD/Pegida
- Finanzierungswehklagen und Weltuntergang
- Klimaerwärmung
- Hate Speech
- Sexismus
- Internationale Pressefreiheit
- Deniz Yücel
Auf Deniz Yücel hätte ich ganz hoch gewettet, nachdem sie letztes Jahr so eine Riesen-Show gemacht haben. Ich hatte fest erwartet, dass sie den da präsentieren, damit er sich bei ihnen artig für die Unterstützung bedanken „kann” und erzählt, wie schlimm es da war und ist. Nichts. Mit keinem Wort erwähnt. Nicht eine Silbe. Jedenfalls nicht da, wo ich jeweils war. Sah der selbst das alles vielleicht ganz anders als die? Haben sie ihm vielleicht sogar geschadet? Haben die Krach? Hat man von dem eigentlich überhaupt noch was gehört? Ist der komplett von der Bildfläche verschwunden? Oder hat man einen Deal mit Erdogan, dass man in halt rauslässt, wenn er dafür an irgendeinem einem anderen Ort der Welt verschwunden bleibt?
Ist doch seltsam.
Ich habe mich mit dem Thema Deniz Yücel nie näher beschäftigt, weil es mich nicht interessiert. Aber da Journalisten ja sonst keine Gelegenheit auslassen, sich für irgendwas (oder auch für nichts) hochzuloben und gegenseitig auszuzeichnen und mit Preisen zu benennen, und sie ja sogar eine Tagesthemensendung fast nur über ihn gemacht haben.
Aber nichts.
Trump ist immer noch Präsident und macht immer noch deftigen Kram: Nichts.
Auch nichts aktuelles:
Volkswagen-Affäre weitet sich aus, Manager im Knast, Daimler auch betroffen. Nichts.
Klimaerwärmung? Nichts.
Fußball-WM-Aus? Nichts. Am Samstag haben einige vor einem Fernseher Fußball geguckt.
Merkel-Krise? Nichts.
Amoklauf auf Zeitungsredaktion in den USA? Nichts.
Flüchtlingskram und Rechte: Nur versteckt in kleinen Veranstaltungen.
Frauen: Auch nur in Nebenveranstaltungen.
Es war tatsächlich eine Konferenz über: Nichts.
Nichtmal das übliche Selbstmitleid.
Einfach nichts.
Kennt Ihr den Phantasyfilm „Die unendliche Geschichte” aus den 80ern? In der sich das Reich der kindlichen Kaiserin einfach in Nichts auflöst, weil es keine Leser mehr gibt, die es mit ihrer Phantasie aufrecht erhalten? Genau so kam mir das da vor.
Als ginge es nur noch darum, am besten gar nichts zu sagen, gegen niemanden, und keinen Standpunkt einzunehmen. Und deshalb am besten gar nichts zu sagen, jedenfalls nicht konferenzöffentlich.
Es war gespenstisch. Wie kann eine Krawallveranstaltung, die die letzten Jahre keine Gelegenheit ausließ, auf Männer, Trump, Blogger, Rechte einzuprügeln und journalistische Schreiwettbewerbe abzuhalten, urplötzlich so still und neutral sein?
Haben die Angst?
Oder wollen die sich für einen Politik- und Zeitenwechsel neutralisieren?
Oder lagen sie mit ihren unumstößlichen und journalisten-allen-anderen-überlegenen Gewissheiten – Frauen, Migranten und Trump – so offensichtlich falsch, dass sie den Fehler nicht nochmal machen wollen?
Haben sie inzwischen gemerkt, dass sie mit ihrem Ideologie- und Erziehungsscheiß nicht Leute erziehen sondern Leser vergraulen?
Haben sie überdreht? Hat das dumme linksideologische Utopiegeschwätz ein paar Jahre funktioniert, sich dann aber abgenutzt? Und was Neues haben sie nicht?
Oder sind sie inzwischen vielleicht einfach tot? Waren das nur noch deren Gespenster?
Kommen wir mal zu dem, was mir da aufgefallen ist. Sie wissen, dass es nicht gut für sie aussieht.
- Es gab ja diesen Vortrag über Blogger, die den Verlagen zwar finanziell keine Konkurrenz sind, aber in vielen Bereichen qualitativ und teils auch quantitativ aufgeschlossen haben und von Lesern teils sogar höher bewertet werden.
- ARD und ZDF versuchen mit viel Geld, sich irgendwie auf Youtube zu etablieren, um junge Leute noch erreichen zu können.
- Als ich auf dem Rückweg auf den Zug wartete und im Bahnhof am Zeitschriftenladen (nichts gekauft) vorbeikam, lag ganz vorne die Ausgabe von Stern Neon. Und zwar die letzte. Wird eingestellt. Beziehungsweise, erscheint nur noch digital. War eigentlich als Zeitschrift für junge Leser gedacht.
- Kubicki sagte das ja auch sehr treffend, dass die Medien zwar noch wichtig, aber nicht mehr notwendig sind, dass man das inzwischen auch – teils sogar besser und mit mehr Reichweite – selbst über die Social Media machen kann. Bis spätestens 2030 werde es – von wenigen Ausnahmen abgesehen – keine Printmedien mehr geben.
Da passieren gerade zwei, drei ganz große Wechsel:
- Ein enormer politischer Wechsel auf drei Ebenen steht bevor.
Die Ära Merkel dämmert deutlich. Das politische Monopol linker Utopien bröckelt, man könnte darin auch das Ende (oder die Pensionierung) der 68er sehen. Und die bisherige Gewissheit EU/Flüchtlinge lässt sich nicht halten. Vieles, was die Medien bisher als alleinige unumstößliche Wahrheit verkündeten, stellt sich als falsch heraus.
-
Die bisher stabile Achse USA-Europa als politischer und wirtschaftlicher Weltführer und militärisch starker Bund (NATO) ist zu Ende.
China und Russen werden stark, Europa wird in Bedeutungslosigkeit versinken (hatte da gerade irgendwo einen Quelle, reiche ich nach, wenn ich sie wieder finde).
- Medien, wie man sie kannte, wird es so nicht mehr lange geben. Vor allem ist deren alleiniger Meinungseinfluss gebrochen.
Dementsprechend gelähmt und orientierungslos stehen die gerade da. Wie jemand, der wortlos und mit offenen Augen und offenem Mund dasteht und so gebannt wie machtlos zuschaut, was da vor ihm passiert.
Das passt zu den Veränderungen, die ich bisher schon wahrgenommen habe. Die ZEIT schreibt plötzlich anders. Die Tagesschau berichtet ganz anders über Merkel.
Die Ratten verlassen gerade das sinkende Schiff und suchen sich nun andere. Und nicht wenige hoffen gerade darauf, dass sie von den Schiffen aufgenommen werden, die sie eben noch übelst beschimpft haben.
Das Dumme für die Ratten dabei ist, dass sie ihr Monopol verloren haben. Das monopolitische Herumgeratte funktioniert nicht mehr. Jetzt haben sie Konkurrenz und müssen in einen Wettbewerb um die Leseraufmerksamkeit eintreten. Und genau das funktioniert mit dem bisherigen, ideologischen, „links-grün-versifften”, „lügenpressigen”, gendermäßigen, abgesprochenen, konzertierten, agendamäßigem, zielgerichteten, überheblichem, arroganten, belehrenden, qualitativ minderwertigen Geschrei nicht mehr. Das muss man nicht mal kapieren, auch nicht akzeptieren, das sieht man an den Auflagen, Zuschauerzahlen und Umsätzen, ob man will oder nicht. Noch den Dümmsten unter den JournalistI*nnen dringt es in ihre Phantasiesphäre, wenn sie das Gehalt nicht mehr bekommen.
Und das macht sich jetzt bemerkbar.
Meine Prognose ist, dass der bisher ohnehin als Geisteswissenschaftlerfuttertrog überwucherte Berufsjournalismus deutlich schrumpfen wird und muss, und deutlich an Qualität zulegen muss (und wird). Man könnte es auch Gesundschrumpfen nennen. Kein Mensch braucht 50 oder mehr Zeitungen, die alle denselben dpa-Mist drucken.
Die Party ist vorbei. Die Redaktionen werden ihr Personal und ihre Produkte knallhart nach Qualität aussortieren müssen. Und dabei dürften die ganzen linken und Gender- und Quotenspinner und geförderten Nichtskönnerinnen rausfliegen und mangels jeglicher Befähigung in Hartz IV enden.