Ansichten eines Informatikers

Die Grundannahme des Rechtsstaates beseitigt

Hadmut
5.8.2018 12:50

Wenn man das eigene Funktionsprinzip außer Funktion setzt.

Ich habe vor einigen Jahren schon mal irgendwo im Blog darüber geschrieben:

Unser vergleichsweise milder Rechtsstaat beruht auf einigen gesellschaftlichen Grundannahmen.

  • Jeder kennt zumindest die wesentlichsten Gesetze und Verbote.
  • Grundsätzlich ist jeder bestrebt, sich schon aus eigenem Antrieb und aus Erziehung an die Rechtsordnung zu halten.
  • Der Rechtsverstoß ist nicht nur staatlich sanktioniert, sondern auch gesellschaftlich-sozial geächtet. Man schämt sich.
  • Es gibt so gewisse Hemmungen der Art „Das macht man nicht”
  • Die Gesellschaft hat Kooperation als Ziel und Wohlstandsquelle, womit grundsätzlich ein friedliches Zusammenleben das Ziel fast aller ist.
  • Wir haben eine über lange Zeit erarbeitete und fein abgestimmte Grenze der persönlichen Autonomie, räumlich wie qualitativ, innerhalb derer man sein „Herr” ist, man also nicht berührt, nicht bestohlen, nicht genötigt, nicht bedrängt, nicht beleidigt wird, Wohnung, Auto, Kleidung, innerhalb derer man die unangefochtene Autorität ist, außerhalb derer man sich aber zurückhält und unterordnet, um genau diese Autonomie anderer nicht zu verletzen. Daraus ergibt sich ein im wesentlichen stabiles Gleichgewicht aus eigenen Rechten und den Rechten anderer.
  • Strafen und Sanktionen werden schon formal und symbolisch als Beleg der Verfehlung angesehen. Ein Freispruch aus Mangel an Beweisen oder gar eine zur Bewährung ausgesetzte Strafe werden nicht als Schwäche des Staates und Bestätigung krimineller Lebensweisen, sondern als Fairness und Warnung aufgefasst.
  • Wir haben vergleichsweise wenige Gefängnisse.

Es ist vielen nicht klar, dass unser Rechtsstaat keine naturgegebene Selbstverständlichkeit ist, sondern dass wir uns solche Dinge wie Verzicht auf Todesstrafe, körperliche Strafen wie Auspeitschen, Hände abhacken und dergleichen, sowie sowas wie Unschuldsvermutung, Rechtsweg, anwaltliches Gehör nur als Luxus aufgrund der Tatsache leisten können, dass die Justiz eigentlich nur ein Randphänomen ist, dass der Hauptteil der Gesetzeskonformität nicht durch Strafen, sondern durch gesellschaftliche Normen, Konsense, Erfahrungswerte, Optimierungsstrategien erreicht wird.

Die Forderung und Verherrlichung der Diversität ist ein fundamentaler, kapitaler Fehler. Denn Diversität ist genau das Gegenteil der Homogenität, die die Voraussetzung solcher Gesellschaftsformen ist. Unser ganzer moderner und freiheitlich-demokratischer Rechtsstaat beruht auf der sozialen und kulturellen Homogenität der Konsensteilnehmer, der Grundbedingung, sich an diesen Konsens zu halten.

Ich halte die Diskussion um die „christlichen Werte” zwar für strunzdumm und unvertretbar, weil nicht die christlichen Werte uns geprägt hat, sondern unsere modernen zivilisatorischen Fortschritte und Erfolge sogar die christlichen Kirchen als ideologisch-kriminellen Haufen bösartiger Barbaren über die Zeit domestiziert hat. Es sind eben nicht die „christlichen Werte” die uns prägten, sondern die – gerade auch durch unsere Geschichte – mühsam erarbeiteten Erfahrungswerte und Erfolge, die sogar auf die Kirche abfärbten. Wie man vor dem Hintergrund dessen, was die Kirchen alles verbrochen haben, noch auf die Idee kommen kann, die „christlichen Werte” zu loben, ist mir schleierhaft. Aber: Auch wenn sie unberechtigt ist, hat diese Bzeeichnung doch eben genau diesen Werteschatz zum Inhalt, schon deshalb, weil sich bisher kein anderer Begriff dafür gebildet hat.

Nun hat man aus marxistischer Verblendung, Dummheit und Zerstörungswut genau diesen Konsens zerstört, jeden als „konservativ” beschimpft, der daran festhalten wollte, und sich in der universellen Vernichtung gefeiert. Die Werte wurden zertrümmert und die Gesellschaft wurde mit solchen geflutet, die an diesem Konsens nicht teilnehmen.

Ergebnis: Das Bundeskriminalamt gruselt sich vor arabischen Clans. In den letzten Tagen stand irgendwo in der Zeitung, dass selbst bei der inzwischen weitreichenden Untätigkeit der Justiz trotzdem etwa 300.000 offene Haftbefehle in Deutschland rumlaufen, wir die Leute nicht einfangen können. Und selbst wenn: Wohin damit? Haben wir 300.000 offene Gefängnisplätze?

Wer soll das eigentlich alles bezahlen?

Wie soll die Justiz hier überhaupt noch ein Staatsgefüge aufrechterhalten?

Wir haben es als Wertmerkmal und Errungenschaft unserer modernen Gesellschaft angesehen, Hinrichtungen und körperliche Strafen selbstverständlich abgeschafft zu haben und außer jede Diskussion gestellt zu haben. Das war schön so. Gleichzeitig haben wir aber gerade die unverzichtbare Grundlage dessen vernichtet. Wir wollen keine Todes- und Körperstrafen, auf gar keinen Fall, sind aber trotzdem sofort und ohne jede Diskussion bereit, die Voraussetzung dafür zu beseitigen.

Wir schauen immer gerne mit gegruselter Verachtung auf die Länder, die Hinrichtungen, Amputationen und Auspeitschungen vollziehen. Der Gedanke, dass das vielleicht nicht (nur) auf Gewaltlust, sondern einer staatsökonomischen Notwendigkeit beruht, weil dort eben jener Konsens fehlt, auf dem unserer Gesellschaft beruht, kommt niemandem.

Geld- und Gefängnisstrafen wirken als Sanktionen nicht mehr, zumal sie ja immer seltener verhängt und dann oft nicht vollstreckt werden, und dabei die Gefängnisse auch immer löchriger werden. Jetzt wird diskutiert, ob man im Gefängnis Handys erlaubt, weil man es nicht mehr schafft, sie zu verbieten.

Andererseits wird die Stadt- und Landregierung von Berlin ja ohnehin gerade von alten DDR/SED/Stasi-Leuten übernommen. Und Hohenschönhausen steht ja auch noch. Vielleicht einfach mal Erichs Haftmethoden wieder einführen? Wenn man sich das mal hat erklären lassen, wie das so lief, völlige Isolation und Desorientierung, könnte das bei solchen Clans durchaus wirken.

Und das mit den Handys und den Drogen im Knast ließe sich auch mildern, wenn man die Knäste künftig einfach unterirdisch anlegt, alte Bergwerke nutzt. Soweit ich weiß ist da unten kein Handyempfang. Drohnen kommen auch nicht hin. Sonnenlicht wird sowieso überbewertet. Und im Falle eines Aufstandes einfach Strom, Luft, Wasser abdrehen. Oder umgekehrt mit Wasser auffüllen. Notfalls einfach die Seile des Fahrstuhls kappen. Wenige Wärter. Vielleicht gar keine. Automatisiert. Oder „selbstorganisiert”. Motto: Macht, was ihr wollt, aber macht es da unten.

Gruselig?

Nein. Rhetorik. Die Frage lautet: „Was, wenn nicht das?”

Ich würde gerne mal von Politik und Justiz wissen, wie sie sich unsere Zukunft und die Aufrechterhaltung (oder besser: Wiederherstellung) einer Rechtsordnung vorstellen, ohne Exekutionen und ähnliches wieder einzuführen.

Was ist der Plan, um das Land als Rechtsstaat wieder zu stabilisieren? Welche „wirksamen” Sanktionen will man nutzen?

Oder ist das alles schon aufgegeben und dem Untergang geweiht?