Ansichten eines Informatikers

Venture One: Ein sparsames und interessantes Auto?

Hadmut
17.10.2007 14:51

Was für ein Auto braucht der Mensch? Eigentlich ein sparsames.

Ich bin schon lange der Meinung, daß das mit dem Autofahren nicht so läuft, wie es laufen sollte.

In den letzten Jahren bin ich meist Kombi gefahren. Zuletzt einen großen Dienstwagen mit reichhaltiger Ausstattung. Das ist zwar sehr angenehm, hat mir von der Größe sehr gut gefallen und mir auch sehr gut gepaßt. Aber der soff auch 7 Liter Diesel selbst bei zurückhaltender Fahrweise und Gebrauch des Tempomats. Und auch der Diesel wird immer teurer. Außerdem ist es nicht so sonderlich sinnvoll und umweltschonend, wenn man ständig 1,5 Tonnen Auto durch die Gegend schiebt, wenn man wie ich meistens alleine drin sitzt. 1,5 Tonnen Auto zu bewegen um 80 kg Mensch zu bugsieren ist nicht so effizient.

Was also tun? Ich befürworte eigentlich den intelligenten Kleinwagen. Auch wenn’s doof aussieht und man angeguckt wird, als könnte man sich nicht mehr leisten, wäre mir für die meisten Fahrten der kleine leichte sparsame Flitzer eigentlich lieber. Weil man ab und zu dann eben doch mal mit Gepäck unterwegs ist, etwas transportiert, Leute im Auto sitzen hat oder einfach mal den Samstags-Großeinkauf, braucht man auch mal ein großes Auto. Das heißt, man braucht eigentlich zwei. Fragt sich aber, ob die Sparsamkeit des kleineren Autos den Mehraufwand zur Produktion eines zweiten Fahrzeuges und die Kosten wieder reinholen kann. Soll man lieber ein Auto innerhalb weniger Jahre möglichst gut ausnutzen (=verbrauchen) oder das große, teurere Auto möglichst in der Garage schonen und darauf hoffen, daß das Fahrzeug so 10 Jahre gut hält? Was beim Fortschritt der Technologie schwer wird. Heute muß man davon ausgehen, daß ein Auto nach 5-7 Jahren technisch veraltet ist und einem bei Steuer und vielleicht bald der Zufahrt in die Innenstädte Probleme macht. Um aber ein Auto in 5-7 Jahren möglichst komplett zu verbrauchen müßte man schon mindestens 20.000 km pro Jahr damit fahren. Wäre das Zweitauto dann erst ab einer Jahresfahrleistung von mindestens 40-50.000 km sinnvoll, um dann beide Fahrzeuge innerhalb von je 5-7 Jahren zu “verbrauchen”? Verkauft man Fahrzeuge früher, trägt man den größeren Teil des Wertverlustes. Kauft man sie gebraucht, ist man technisch wieder hintendran.

Weil ich jetzt (wie öfters mal) wieder nicht so genau weiß, was ich will, hab ich mir erst einmal gar kein Auto gekauft. Eigentlich wollte ich, konnte mich bisher aber nicht abschließend zwischen Ford C-Max und Mercedes B-Klasse entscheiden. Teils steht mir ein Dienstwagen zur Verfügung, außerdem fahre ich gerade mit einem aus der Familie geliehenen Ford Ka herum.

Habe ich mit dem Ford Ka dann derzeit nicht das Kleinfahrzeug, nach dem mir eigentlich der Sinn steht?

Nein. Denn am Kleinfahrzeug reizt mich nicht, daß es klein ist, sondern die anderen Eigenschaften: Es soll preisgünstig in der Anschaffung und sparsam im Verbrauch sein. Beides ist der Ka aber definitiv nicht:

  • Das Auto ist nicht schnell, mehr als 100-120 ist kaum drin, 130 geht gerade so mit viel Anlauf, wird aber laut. Überholen braucht viel Mut und am Berg wird das Ding langsam und kann das Tempo nicht halten, selbst bei Vollgas und nur einem Insassen. Einfach zu wenig Motorleistung. Ein typisches Stadtauto, denn da wirkt es flott, spritzig und agil, was aber nicht auf Motorleistung, sondern auf abenteuerlich niedriger Getriebeübersetzung beruht.

    An sich würde das für die meisten Fahrten, gerade im Stadtgebiet, völlig ausreichen. Viele Leute fahren nicht auf die Autobahn und mir kommt das Ding auch deshalb so langsam und schwach vor, weil ich sonst halt viel stärkere Fahrzeuge fahre. Objektiv betrachtet reicht es für Stadt, und für Überland ist es nur etwas zu wenig Leistung. Ist das nicht das, was ich suche? Nein, denn das verdammte Ding säuft auch bei zurückhaltender Fahrweise 7-8 Liter Super, ist also ziemlich teuer im Verbrauch. Ford hat einfach nur popelige Motoren verbaut um die Herstellungskosten niedrig zu halten.

  • Preisgünstig ist das Auto aber auch nicht, er kostet fast so viel wie ein “richtiges” Auto. Also ist völlig unklar, wo eigentlich der Einspareffekt für den Fahrer liegen soll. Gut, in der Versicherung ist er billiger. Aber das macht auch nicht viel aus.
  • Auch von der Bauweise her ist der Ka eigentlich eine Zumutung, eine Frechheit, was Ford sich da leistet: An dem Ding ist wirklich alles extrem billig gemacht. Da fehlt es am nötigsten, alles nur Minimal-Billig-Plastik. Nicht mal eine Lampe im Kofferraum, statt einer Verkleidung nur ein lose herumfliegender Lappen, innen im Fahrgastraum oft nur blankes, unverkleidetes Metall. Einfach popelig, alles nur Minimalaustattung. Und das bei dem Preis.
  • Und dazu eben klein, eng, unpraktisch. Ich bekomme nicht einmal meine Wochenendeinkaufskiste in den Kofferraum, weil der so winzig ist. Innen fast keine Ablageflächen, kaum Fächer. Alles, was man normalerweise im Auto irgendwo unterbringen kann, liegt da irgendwo im Auto rum weil man nicht weiß, wohin damit. Hinten rechts ist ein brauchbares kleines Fach. Aber warum hat man links nicht auch eines eingebaut? Das Handschuhfach allein ist schon eine Frechheit: Eine winzige Schatulle, nicht viel größer als ein Brillenetui. Dabei wäre da Platz gewesen.

    Hauptproblem des Ka ist, daß er von Designern vermurkst wurde, wie heute so vieles. Angeblich ist das das Design von irgendwelchen Designstudenten, das Ford dann einfach auf den Unterbau des ehemaligen Fiesta gepappt hat. Genau so sieht’s auch aus: Wie ein Entwurf von Studentinnen, die selbst noch nie viel und weit gefahren sind und höchstens mal vom Studentenwohnhein zum Hörsaal gependelt sind. Völlig unpraktisch, aber sieht halt nach studentischer Knutschkugel aus. Grausig. Richtig wäre Form follows Function und nicht umgekehrt.

Ein Ford Ka ist also definitiv nicht das, was man braucht und haben will.

Eine ordentliche Lösung des Problems gab es aber schon kurz nach dem Krieg, nämlich den Messerschmidt Kabinenroller. Die Not der Zeit brachte den nötigen Erfindungsdruck hervor, ein kleines, preisgünstiges und sparsames Gefährt zu bauen. War in den 50er und teils in den 60er Jahren sehr beliebt und verbreitet, ich hab die Dinger als Kind noch fahren gesehen. Schmal, wenig Luftwiderstand, zwei Sitze hintereinander, und nur drei Räder, ein Dreirad. Erfüllte seinen Zweck. Warum fährt man so etwas heute nicht mehr?

  • Mercedes hat vor zehn Jahren mal den Prototyp F-300 Life Jet entwickelt (Links: 1, 2). Wie beim Kabinenroller zwei Sitze hintereinander, vorne zwei Räder, hinten eines. Moderne Technik. Soll ziemlich toll gewesen sein, wurde aber nie in Serie produziert. War wohl zu teuer. Hatte aber interessante Technik: Legte sich durch Neigetechnik in die Kurven wie ein Motorrad, hatte sogar einen kleinen Kofferraum und eine extra-Tür für den Beifahrer und ein abnehmbares Dach. Und war nicht sparsam, weil als Sportfahrzeug konstruiert. Trotzdem schade, daß der nie auf den Markt kam.
  • Auch VW hat mal ein Dreirad konstruiert, den GX3 (Links: 1, 2, 3). Wird vielleicht gebaut, wäre auch preisgünstig, aber nicht wirklich sparsam. Außerdem nur ein offenes Fahrzeug ohne Windschutzscheibe, gar nicht mein Geschmack. Das Ding müßte auch schlechtwettertauglich sein. Und es macht einen schlechten Eindruck wenn man mit Anzug und Krawatte beim Kunden auftaucht und vom Bauch aufwärts mit toten Fliegen bedeckt ist. Knirscht auch zwischen den Zähnen. Und kalt isses eben auch. Nein, das wäre nur was für den Sommer, mal am Wochenende ne Spritztour übers Land. Zumal sie den ja wohl doch nicht bauen. Immerhin sitzt man nebeneinander, was aber dem Luftwiderstand und der Balance beim Alleinefahren abträglich ist.
  • Sogar Peugeot hat mal so etwas erfunden, den 20Cup (Links: 1), der es sogar auf einige Stückzahlen gebracht hat, jedenfalls als Rennfahrzeug unterwegs war. Auch da sitzt man nebeneinander. Sieht aber grauslich aus, wie ein Auto, dem er hintere Teil nicht richtig gewachsen ist. Kann ich mich auch nicht mit anfreunden.
  • Daß unsere Universitäten auch richtig tolle Sachen bauen können, hat die TU Berlin zusammen mit BMW bewiesen: Der Clever (Links: 1,2). Eigentlich genau, was ich suche. Wäre sehr sparsam, könnte für etwa 10.000 Euro gebaut werden, bräuchte aber ein Händlernetz für auswechselbare Gaskartuschen, das es nicht gibt. Und er wird auf absehbare Zeit eben auch nicht gebaut.
  • Das bisher beste, was ich da gesehen habe, war der niederländische Carver One, ein schmales Fahrzeug, in dem zwei hintereinander sitzen. Räderanordnung wie beim Trike, als hinten zwei und vorne eins. Geniale Technik: Hinten der Motor auf der Achse, der drehbar mit der Kabine verbunden ist, die sich in Kurven wie ein Motorrad neigt. Sieht nicht nur geil aus, sondern macht wohl auch irren Spaß (Videos: 1, 2, 3). Und die Dinger sind keine Designstudien, die fahren wirklich rum und sind zu kaufen. Und geschlossen. Also eigentlich sowas, wie ich es suche. Dummerweise kosten die Dinger aber so um die 40.000 Euro. Ganz eindeutig zu viel für ein Zweitfahrzeug, zumal wenn es sich um ein bezüglich Austattung und Motor doch eher einfaches Vehikel handelt. Aber ansonsten wäre es das, was ich suche.

Was also tun? Da grüble ich schon länger.

Gestern habe ich dann ziemlich genau das gefunden, was ich suche: Eine kalifornisches Startup-Unternehmen namens Venture Vehicles hat die Technik des Carver One lizenziert und will auf dieser Grundlage den Venture One entwickeln, dessen (unbestätigte) Eckwerte sehr interessant lesen:

  • Soll 2008 oder 2009 erhältlich sein
  • Neigetechnik des Carver One
  • Zweisitzer, hintereinander
  • Geschwindigkeit über 100 MPH, also schon deutlich über Autobahn-Tempo 130 km/h
  • Mehr als 100 MPG, also etwa 2,5 Liter auf 100 km
  • Hybrid-Antrieb (oder rein Elektro)
  • Ausstattung mit Heizung, Klimaanlage usw.
  • Leider wohl keinerlei Kofferraum
  • Preis angeblich unter 20.000 US$, also etwa 15.000 Euro + MwSt., könnte also für 18.000 Euro zu haben sein.

OK, beim Versprechen sind sie immer stark, hinterher sieht es doch wieder anders aus.

Aber da geht m. E. die Zukunft hin. Nix mehr mit großen schweren Geländewagen. Und den Mini-Van dann als Hauptfahrzeug zum Einkaufen, den man nur noch bei Bedarf benutzt.

Ich will so ein Ding haben. 🙂


Nachtrag:
Es gibt noch mehr solcher Vehikel:

  • Aptera nimmt angeblich schon Vorbestellungen an, sieht aber aus wie ein kleines Sportflugzeug, dem einer die Flügel geklaut hat. Dafür schafft das Ufo-förmige Teil angeblich über 230 MPG, was bei rund einem Liter auf 100 km läge. Das Ein-Liter-Auto. Das Aussehen erinnert mich außerdem irgendwie an Robbi, Tobbi und das Fliewatüüt. Ernst genommen wird man in der Schüssel sicherlich nicht.
  • Es scheint noch einen weiteren Prototypen zu geben, der auf dem Carver One beruht, nämlich den Phiaro P67b Eternityaus Japan (Links: 1, 2, 3,4)
  • Es gibt eine ganze Webseite nur für diese dreirädrigen Fahrzeuge: www.3wheelers.com

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