Über Marx und das Grundeinkommen
Ein Marx-kundiger Leser belehrt mich dazu: [Nachtrag]
Ich hätte in meinem Artikel über Marx ein Wort nicht richtig interpretiert. Ist ja mal wieder so, dass die alle Begriffe verdrehen und umdefinieren, uns so heiße „kommunistisch” auch etwas anderes als ich gedacht habe:
Also, mal zum Mitmeißeln:
Marx: “während in der kommunistischen Gesellschaft”
Das ist der entscheidende Punkt, auf dem alle Folgerungen aufgebaut sind. Dazu gehört, dass (kann man auch irgendwo bei Marx nachlesen) es Kommunismus ERST DANN geben kann (alles bisherige Realisierte war im günstigsten Fall Sozialismus), wenn die allgemeinen Produktivkräfte/Arbeitsproduktivität so hoch entwickelt sind, dass praktisch kaum noch menschliche Arbeitskraft erforderlich ist, um die Gesamtgesellschaft auf einem akzeptablen Niveau (wohnen, essen, leben) aufrecht zu erhalten.
Die Maschinen machen letztlich die gesamte Lebenserhaltung, und die Menschen sind nur noch für überwachende Wartung, Weiterentwicklung und das, was ihnen Spass macht zuständig. Diese übrigbleibende Arbeit ist so gering, dass man sie (bei heutigen Menschenmilliarden) im Wesentlichen ohne Zwang, auf freiwilliger Basis (aus Pflichterfüllung/Bewusstsein) erledigen kann.
Ja, es werden viele Menschen dann faul und träge werden, doch das ist ihr gutes Recht.
Wenn sie halt YouTube glotzen und Saufen für ausreichende Kultur halten, dann ist das so und ihre Entscheidung. Denn entgegen aller gegnerischen Propaganda ist der theoretische Kommunismus eine recht freie Gesellschaft und kein Zwangssystem. (Er soll die Menschheit vom Zwang zur primitiven Arbeit befreien und stattdessen ihre höherwertige
Schöpferkraft entfalten.)Andere, die Spass an schöpferischer Tätigkeit haben, können dieser nachgehen. Es gibt auch heute viele Leute, die ehrenamtlich tätig sind. Würden die damit einfach aufhören, weil sie tagsüber nicht mehr 8h an der Werkbank stehen müssten, weil eine Stunde Maintenance ebenfalls ausreicht?
Würden Sie Ihr Blog nur deshalb beenden, weil Sie nicht mehr 40h oder mehr die Woche ‘zwangsarbeiten’ müssten, um nicht obdachlos zu werden?
Ach, deshalb hatten die da eine Mauer drum und jeden, der nicht mitmachen wollte, entweder eingebuchtet oder gleich erschossen.
Kommunismus heißt in Wirklichkeit „Schlaraffenland”, in dem keiner mehr arbeitet und jeder nur noch tut und lässt, was ihm Spaß macht. Seltsam, dass es in der Realität immer auf ärmlichsten Unterdrückungsstaat und leere Läden hinausläuft.
Maschinen machen die gesamte Lebenserhaltung. Ich bin Informatiker und glaube nicht daran, jedenfalls nicht in den nächsten 200 Jahren. Im Gegenteil habe ich die Befürchtung, dass wir den Peak Industrialisierung überschritten haben und schon unseren derzeitigen Stand der Technik nicht aufrechterhalten können.
Und wenn ich nicht mehr 40h pro Woche „zwangsarbeiten” müsste, würde ich vor allem diese Zwangsarbeit einstellen, also kaum noch Steuern zahlen. Und das Blog hätte ich dann, wenn man mir nicht die Karriere vernichtet hätte, möglicherweise nie angefangen.
Der Punkt daran ist aber: Mein Blog ist unterhaltsam, aber man kann es nicht essen. Meinen Beitrag zur Gesellschaft leiste ich tagsüber in meinem Hautjob. Wenn ich nur noch Geld bekomme und dazu ein bisschen blogge, ist nichts gearbeitet. Das Blog macht zwar viel Arbeit, aber es hält niemanden warm und macht niemanden satt. Ich bin kein Bauer und kein Kraftwerk.
Wenn der Leser mich schon als Beispiel heranzieht, dann soll er sagen, wie eine Gesellschaft überleben soll, in der sich bei einem bedingungsfreien Grundeinkommen alle so verhielten wie ich es tun würde: Jede Arbeit einstellen und nur noch ab und zu mal was bloggen.
Außerdem stellt sich die Frage so nicht, denn das Blog gäbe es dann schlicht nicht mehr. Weil nämlich auch in dem Rechenzentrum, in dem der Rechner steht, auf dem das Blog läuft, keiner mehr arbeiten würde.
Ich habe noch nie von einer geschlossenen vollständigen Darstellung gehört, wie ein BGE und eine marxistische Gesellschaft funktionieren sollen.
Nachtrag: Beachtenswert ist, dass nach dieser Darstellung der Kommunismus erst möglich ist, wenn wir alle von Maschinen ernährt werden, vorher nicht. Das ist nicht mal heute der Fall, noch weniger aber vor 100 Jahren.
Man sollte Kommunisten immer mal daran erinnern, dass man erst diese Produktion hinbekommmen muss und nicht vorab schon mal verteilen kann. Solche Blindwetten auf die Zukunft sind Betrug wie Schneeballsysteme.